Sich wehren gegen Auflagen
09.05.2025 Region UnterfreiamtIG Casino Nesselnbach erhält Baubewilligung – und legt Beschwerde ein
Es kommt wohl eher selten vor, dass ein Bauherr beim Kanton Beschwerde gegen seine eigene Baubewilligung einlegt. Im Fall der Wiederbelebung des Casinos Nesselnbach ist dies der Fall. Es ist ...
IG Casino Nesselnbach erhält Baubewilligung – und legt Beschwerde ein
Es kommt wohl eher selten vor, dass ein Bauherr beim Kanton Beschwerde gegen seine eigene Baubewilligung einlegt. Im Fall der Wiederbelebung des Casinos Nesselnbach ist dies der Fall. Es ist ein weiteres Kapitel in einer verfahrenen Geschichte.
Chregi Hansen
Die Erinnerungen an frühere Anlässe in diesem Lokal sind zwar schon etwas älter, aber noch immer mit vielen Emotionen verbunden. So erzählt Thomas Moor, Präsident der IG Casino, mit leuchtenden Augen, dass es früher in Nesselnbach noch Quartiersäuli gab. «Wenn diese geschlachtet wurden, fand im Casino eine Metzgete statt», berichtet er. Und Mitstreiter René Seiler erzählt heute noch stolz, wie es den «Töfflibueben» von damals gelungen ist, Pfarrer Wicki zu überreden, im Casino eine Messe zu halten.
Auch andere Nesselnbacher haben schöne Erinnerungen an Veranstaltungen in diesem kleinen Gebäude. An Kasperli-Theater, Feiern oder den Besuch von Nationalräten oder Bischöfen. Kein Wunder, wünschen sich viele im Niederwiler Ortsteil, dass all dies in Zukunft wieder möglich ist. Im Februar 2023 wurde eine Petition mit 148 Unterschriften eingereicht, welche fordert, dass das Casino wieder der Bevölkerung von Nesselnbach zur Verfügung gestellt wird. Jetzt, zwei Jahre später, liegt eine entsprechende Baubewilligung vor. Und doch scheint das Ziel weiter entfernt zu sein als zuvor. «Die darin festgehaltenen Auflagen sind nicht zu erfüllen», ärgert sich Moor.
Volk stellte sich zweimal hinter die Idee der Reaktivierung
Trotz des klaren Votums an der «Gmeind» wolle der Gemeinderat den Auftrag zur Reaktivierung des Casino nicht erfüllen, so der Vorwurf der IG. Tatsächlich haben sich die Stimmbürger zweimal hinter die Idee gestellt. Erst beim Überweisungsantrag im November 2023, dann bei der Bewilligung des Verpflichtungskredits über 30 000 Franken ein halbes Jahr später. Beide Male hatte der Gemeinderat eine Ablehnung empfohlen. «Gemeindeammann Norbert Ender hat nach der Versammlung erklärt, er werde sich dafür einsetzen, dass das Geschäft ein Erfolg wird. Aber er tut das Gegenteil», ärgert sich Thomas Moor.
Als Beweis für die Aussage legt die IG Casino Nesselnbach eine Vielzahl an Unterlagen vor. Der Vorstand weht sich vor allem dagegen, dass überhaupt ein Baugesuch verlangt wurde. Denn das Casino sei schon immer ein Versammlungsraum gewesen und bis zuletzt von der Schränzerclique genutzt worden. Daher finde mit der Reaktivierung keine Umnutzung statt. Und die geplanten Sanierungsarbeiten würden das Gebäude äusserlich nicht verändern. Trotzdem beharrte der Gemeinderat auf ein Baugesuch. Weigerte sich aber, als Bauherr aufzutreten. Stattdessen musste Thomas Moor als Präsident der IG Casino das Gesuch als «Bauherr» unterzeichnen. «Ich habe das getan, damit es endlich vorwärtsgeht. Aber im Prinzip ist die Unterschrift gar nicht gültig. Erstens war die IG zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegründet. Zum anderen ist laut Statuten der Präsident allein nicht zeichnungsberechtigt», erklärt Moor.
Verfahren für nichtig erklären
Er spricht in diesem Zusammenhang von einer «Finte des Gemeinderates». Die IG verlangt darum in ihrer Beschwerde, das Baugesuchsverfahren als nichtig zu erklären. «Für uns ist das Vorgehen des Gemeinderats in dieser Sache störend», so Moor. Falls der Kanton zu einem anderen Urteil kommt als die Initianten, so stellen sie den Antrag, gewisse Auflagen in der Bewilligung zu streichen. Das betrifft vor allem das Problem der Parkplätze. Vor dem Casino gibt es keine, aber die IG hat die Zusicherung der Elisabethenstiftung, dass für Anlässe die Parkplätze bei der nahen Kapelle genutzt werden dürfen. «Da hat es immer Platz, da parkieren alle, die in der Gegend unterwegs sind», weiss Rolf Seiler, der in der Nähe wohnt. Das reicht der Gemeinde aber nicht – sie verlangt, dass diese Abmachung mittels Dienstbarkeitsvertrag im Grundbuch verankert wird. Dies sei, so Moor, für die Stiftung aufgrund des Stiftungszwecks nicht möglich. «Zudem wäre nachher auch die Gemeinde für den Unterhalt dieser Parkplätze zuständig», macht Moor deutlich.
Auch die Auflagen bezüglich der erhöhten Brandschutzwerte zweifelt die IG an. Dass ein Nachbar ein Blockhaus und einen Schopf ohne Näherbaurecht wesentlich weniger als vier Meter von der Grundstücksgrenze des Casino erstellt hat, ist für den Gemeinderat kein Thema. Weiter verstehen sie nicht, warum eine Elektroheizung als Ergänzung zur geplanten Pelletheizung nicht erlaubt sein soll. Hier kommen zwei eingeholte Gutachten (von der gleichen Firma) zu zwei unterschiedlichen Auffassungen. Die Elektroheizung würde nur für den Frostschutz genutzt und für den Übergang, bis der Ofen eingeheizt ist. Die IG wehrt sich auch gegen die Auflage, die Hausanschlussleitungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu sanieren. «Erstens sind wir nicht Besitzer des Gebäudes. Und zweitens wird an den Anschlüssen nichts gemacht», stellt Moor fest.
Ortstermin ohne Gemeinderat
«Wenn wir diese Auflage erfüllen müssten, kostet das Ganze mehrere tausend Franken mehr», rechnet René Seiler vor. Das Geld aber ist knapp, von der Gemeinde gibt es 30 000 Franken, weitere 30 000 Franken sollen durch Frondienst erbracht werden. Nach erteilter Baubewilligung fand ein Ortstermin statt, um die kritischen Punkte zu besprechen. Die Initianten wünschten nebst der Bauverwaltung KIP auch den zuständigen Gemeinderat dabei zu haben, was ihnen aber verweigert wurde. Darum handelt die IG jetzt und geht an die Öffentlichkeit. «Wir wollen nicht provozieren mit unserer Beschwerde, sondern setzen uns ein für etwas, was die Bevölkerung explizit wünscht», erklärt Moor.
Initianten geben nicht auf
Scheut der Gemeinderat den Konflikt mit den Anwohnern oder ist er selbst gegen das Vorhaben? Tatsächlich hatten diese Einsprache gegen das Baugesuch eingelegt und dabei verschiedene Punkte bemängelt. Die IG gibt zu, dass es früher Konflikte gab wegen Nachtruhestörungen. Aber genau darum habe man ein Benutzungsreglement erarbeitet, das ganz klar vorschreibt, was im Casino möglich ist, zu welchen Zeiten und wie oft. Thomas Moor ist überzeugt, dass ein Testbetrieb zeigen würde, dass das Konzept funktioniert. «Genau das haben wir vorgeschlagen, aber der Gemeinderat hat einen anderen Weg gewählt», bedauert er. Darum bleibe der IG nur noch der Weg über eine Beschwerde. Den Traum von einer Reaktivierung des Casinos, den geben sie so schnell nicht auf. Auf dass es weitere Geschichten zu erzählen gibt.