«Rundumschlag mit Keule»
14.03.2025 Einwohnerrat, WohlenHeftige Diskussion rund um die Motion Wiedereinführung von Kleinklassen
Das Anliegen der SVP, Kleinklassen an der Schule Wohlen wieder einzuführen, war chancenlos. Vor allem die harte Wortwahl von SVP-Präsident Roland Büchi sorgte für ...
Heftige Diskussion rund um die Motion Wiedereinführung von Kleinklassen
Das Anliegen der SVP, Kleinklassen an der Schule Wohlen wieder einzuführen, war chancenlos. Vor allem die harte Wortwahl von SVP-Präsident Roland Büchi sorgte für Unverständnis.
Daniel Marti
Die Lehrpersonen, die dem Einwohnerrat angehören, und die anwesende Spitze der Schulleitung hatten nur Kopfschütteln übrig.Teilweise erstaunt und entsetzt horchten sie den Ausführungen von Roland Büchi, der die angeblich schlechten Zustände an der Schule Wohlen schilderte. Büchi setzte sich vehement ein für die Wiedereinführung der Kleinklassen, «weil das Modell mit der integrativen Schule gescheitert ist». Dieses Modell bringe die Schule Wohlen an die Grenzen, «es läuft auf den Abgrund zu», sagte er.
Der Gemeinderat hatte bereits im Vorfeld mit einer sechsseitigen Stellungnahme klar gemacht, dass die Wiedereinführung der Kleinklassen «keine entlastende Wirkung» habe. «Der Aufwand, sowohl in organisatorischer, personeller sowie finanzieller Hinsicht, steht in keinem Verhältnis zum erwarteten Nutzen», so der Gemeinderat, der die Leistung der Schule Wohlen als Ort der Integration und des Zusammenlebens anerkennt. Zudem sei die integrative Schule Wohlen gut aufgestellt.
«Das hat die Schule Wohlen nicht verdient»
Die Haltung des Gemeinderates sei realitätsfremd, und der Gemeinderat könne nicht eingestehen, dass das bestehende Modell gescheitert sei, reklamierte Büchi. Und die Kostenfolge bei allfälliger Rückkehr zu den Kleinklassen sei «Panikmache des Gemeinderates». Weiter würden Lehrpersonen hinter vorgehaltener Hand erzählen, dass gegenwärtig ein geordneter Schulunterricht fast nicht mehr möglich sei. Je länger Roland Büchi am Rednerpult sprach, desto ungläubiger wirkten viele andere Ratsmitglieder.
Woher er alle diese Einschätzungen und wo er solche Erfahrungen gesammelt habe, wollte Gemeinderätin Ariane Gregor wissen. «Einen solchen Rundumschlag mit Keule hat die Schule doch nicht verdient», betonte Gregor, die Verantwortliche für das Ressort Schule. «Für gesellschaftliche Veränderungen ist nicht der Gemeinderat zuständig», und an der Schule Wohlen werden die Integration und das Verständnis dafür vorgelebt.
Und was Redner Büchi mit seiner Motion und vor allem seinen Worten forderte, sei nur eines: «Problemkinder sollen ausgegrenzt werden.» Und das gilt es zu verhindern.
«Wissenschaftlich erwiesen»
Unterstützung bekam die Bildungsministerin praktisch von allen Seiten des Einwohnerrates. «Die Schule Wohlen platzt aus allen Nähten», sagte Franziska Matter, Grüne. Die Wiedereinführung der Kleinklassen würde laut Gemeinderats-Rechnung sechs neue Schulzimmer bedeuten. Woher nehme Wohlen das? «Woher sollen Lehrpersonen diese Ressourcen nehmen? Das alles geht nicht mit einer Hauruckübung», so Matter. Die Forderung der SVP sei wie ein Rückschritt um 40 Jahre. «Vor allem schwächere Schülerinnen und Schüler lernen besser, wenn sie in eine Klasse integriert sind», betonte Martina Arnet, SP. «Auch leistungsstarke Schüler können von schwächeren profitieren, das ist wissenschaftlich erwiesen.»
Das integrative Modell sei ein Erfolg, sagte Dennis Andermatt (GLP). Und er muss es als Realschullehrer ja wissen. «Integrative Schule vermittelt Selbstständigkeit, verstärkt die individuelle Förderung und stärkt das Selbstwertgefühl», so Andermatt weiter, «und Kleinklassen wären ein Schritt in die Vergangenheit.» Andermatt lud die zweifelnden Politiker ein, bei ihm im Unterricht vorbeizuschauen. Explizit habe er das bei zwei SVPlern schon gemacht – vorbeigekommen sei niemand. «Die integrative Schule ist keineswegs gescheitert», betonte Stefanie Dietrich für die Mitte. «Sie soll jedoch weiter entwickelt und optimiert werden.»
Die scharfe Kritik überliess sie ihrem Parteikollegen Ruedi Donat. Das Votum von Roland Büchi habe ihn genervt, so Donat, «damit wurden alle vorverurteilt und abgekanzelt, das ist unterste Schublade». Und Harry Lütolf erinnerte daran, dass der einstige SVP-Bildungsdirektor und Regierungsrat Alex Hürzeler die Kleinklassen mit Überzeugung und «Inbrunst bekämpft» hat. Wenn jedoch die integrative Schule verbessert werde, «dann sind wir dabei». Niemand – ausserhalb der SVP – war bei der Motion dabei, die mit 10:29 Stimmen versenkt wurde.
Das Schlusswort gehört Lionel Zingg, Fraktionspräsident der FDP. Die Freisinnigen und ihr nationaler Präsident sind bekanntlich keine Freunde der integrativen Schule. Die radikale Haltung des Motionärs störte Zingg, «deshalb können wir der Motion in dieser Form nicht zustimmen». Die FDP begrüsst laut Zingg zwei Aspekte: «Auch wir wollen ein besseres Klima an der Schule und keinen Lehrermangel.»
Landverkauf und Videoüberwachung
Weiter genehmigte der Einwohnerrat den Verkauf eines Stück Landes am Oberdorfweg. Für die Fläche von 768 Quadratmetern erhält die Gemeinde Wohlen einen Preis von 450 600 Franken. Geld, das die Gemeinde Wohlen gut gebrauchen kann.
Die beiden Verpflichtungskredite für die Projektierung und Realisierung einer Videoüberwachung auf den Schularealen Bünzmatt und Junkholz wurden bewilligt. Die Summe beträgt 75 000 Franken fürs Bünzmatt beziehungsweise 71 000 Franken fürs Junkholz. Beide Kredite wurden mit 34 Ja, 4 Nein und 1 Enthaltung genehmigt.