Rund 15 Prozent sind kritisch
06.08.2024 WohlenBei den Sanierungen von Gemeindestrassen gibt es grossen Nachholbedarf
Das Netz der Gemeindestrassen ist in einem schlechteren Zustand, als ein erster Blick vermuten lässt. Zehn Abschnitte oder über zehn Kilometer müssen dringend saniert werden. Zudem ...
Bei den Sanierungen von Gemeindestrassen gibt es grossen Nachholbedarf
Das Netz der Gemeindestrassen ist in einem schlechteren Zustand, als ein erster Blick vermuten lässt. Zehn Abschnitte oder über zehn Kilometer müssen dringend saniert werden. Zudem sorgen Schadstoffe für Gefahr.
Daniel Marti
Es herrscht ein regelrechter Unterhaltsstau, sagte Gemeindeammann Arsène Perroud, als es im Einwohnerrat letztmals um Strassensanierungen ging. Jährlich müsse in Wohlen ein Kilometer des gesamten Strassennetzes saniert werden. Nur dann sei man auf Kurs. Zudem enthalten gewisse Strassen Schadstoffe. Dass Strassen einfach befahrbar sind, das reicht eben nicht, um über ein intaktes Strassennetz zu verfügen.
Die Strassenabschnitte, die in den nächsten zehn Jahren Sanierungen oder Erneuerungen erfahren müssen, sind im Investitionsplan aufgelistet. Das sind folgende Strassenabschnitte: Alte Bahnhofstrasse, Untere Farnbühlstrasse Mitte und Süd, Bahnhofstrasse, Hochwachtstrasse, Industriestrasse, Büttikerstrasse, Pilatusstrasse, Sorenbühlweg (Eishalle bis Allmendstrasse) und Aeschstrasse Ost. Insgesamt also zehn verschiedene Abschnitte, bei denen Handlungsbedarf angezeigt ist.
Gefahr vor allem für Motorrad- und Fahrradfahrer
Allerdings zielt der allgemeine Eindruck oft in eine andere Richtung: In der Schweiz werden Strassen recht schnell saniert – oft könnten sie noch Jahre problemlos befahren werden. Das kann auch der Gemeinderat bestätigen: «Strassen können trotz schlechten Zustands befahren werden», allerdings sei dies mit recht hohen Unterhaltskosten verbunden. Belagsflickwerke und Schlaglöcher sind die Stichworte. Diese können für die Strassennutzer eine Gefahr darstellen, besonders für Motorrad- und Fahrradfahrer, betont der Gemeinderat. «Bei einem solchen Schadenfall kann die Gemeinde zur Haftung herangezogen werden.»
Zudem führt das Hinauszögern von Sanierungen zu «umfassenderen Sanierungsprojekten und damit zu höheren Kosten». Mit frühzeitigen Deckbelagssanierungen können teure Gesamtsanierungen vermieden werden. «Der Zustand der Strassen der geplanten Sanierungsprojekte ist allesamt als sehr schlecht zu bewerten», betont Gemeindeammann Arsène Perroud, allerdings können «durch die gleichzeitigen Werkleitungssanierungen die Kosten optimiert und Synergien genutzt werden».
Nur 25 Prozent sind richtig gut
Das Gemeindestrassennetz in Wohlen umfasst rund 77 Kilometer. Die Lebensdauer einer Strasse beträgt 80 Jahre. Geht es um die Sicherstellung des Werterhaltes, muss laut Gemeindeammann jedes Jahr durchschnittlich ein Kilometer des Strassennetzes gesamterneuert werden.
Anhand einer Überprüfung aus dem Jahr 2021/22 kann grob ausgesagt werden, dass rund 15 Prozent der Gemeindestrassen in einem kritischen bis schlechten Zustand sind. Ausreichend bis genügend bewertet wurden rund 60 Prozent der Gemeindestrassen und bei den restlichen rund 25 Prozent sind in naher Zukunft keine Sanierungen erforderlich.
Gemeindeammann Perroud sprach bei der letzten Strassendebatte im Einwohnerrat zudem von Schadstoffen in den Strassen. Wie gefährlich sind diese Schadstoffe für die Gesundheit der Menschen? Die Schadstoffe sind ja seit etlichen Jahren in den Strassen. Dann wäre es doch nicht weiter schlimm, wenn sie noch ein paar weitere Jahre in den Strassen bleiben …
Schadstoffe sind für Menschen und Tiere giftig
Bei den schadstoffbelasteten Strassen handelt es sich um ältere, teerhaltige Strassenbeläge, die im Bindemittel teilweise hohe Gehalte an sogenannten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) aufweisen, informiert der Gemeinderat auf Anfrage. PAK-belastete Beläge wurden ab 1970 bis in die 1980er-Jahre eingebaut. Zu dieser Zeit wurde auf der ganzen Welt häufig mit Steinkohleteer gemischtes Bitumen als Bindemittel eingesetzt.
«Diese Stoffe sind für Menschen und Tiere giftig und wurden deshalb in neuen Belagsprodukten durch PAKfreie Produkte ersetzt», so Perroud.
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe können bei Menschen und Tieren Hautschädigungen, Blutbildveränderungen, Leberund Nierenschäden verursachen. Einige PAK-Verbindungen sind zudem als krebserregend bekannt. Teerhaltiger Asphalt stellt dagegen ohne Arbeiten am Material kein Gesundheitsrisiko dar.
Grenzwerte werden weiter verschärft
Bei Strassensanierungen ist es darum zwingend erforderlich, den abzubrechenden Belag auf vorhandene Schadstoffe zu prüfen. Damit können die Weiterverwendung und die zusätzlichen Entsorgungskosten festgelegt werden.
Die Grenzwerte der PAK-Entsorgungsvorgaben wurden zudem per 2023 angepasst und werden laut Gemeindeammann ab 2028 nochmals verschärft.
«Es werden aufgrund der Ungefährlichkeit der PAK im eingebauten Zustand keine Gemeindestrassen oder Flurwege nur wegen erhöhten PAK-Belastungen saniert», hält Perroud weiter fest. Entscheidend für die Sanierung seien der Strassenzustand, der Zustand der Werkleitungen und Kanalisationen, Sicherheitsdefizite oder parallele Bauprojekte. Im Zuge der Projektierung einer Strassensanierung sei es kostenrelevant, ob die bestehenden Beläge und die darunterliegenden Schichten PAK-belastet sind und gesondert entsorgt werden müssen. «Deshalb müssen vorgängige Belagsuntersuchungen zur Gewährleistung der Kostengenauigkeit durchgeführt werden.»
Koordiniertes Vorgehen wichtig und günstiger
Betreffend Strassenzustand, Sicherheitsdefizite und parallele Bauprojekte macht Gemeindeammann Arsène Perroud einen aktuellen Einwand geltend: «Aufgrund der Ablehnung der Kreditvorlagen zur Sanierung Hochwachtstrasse und Untere Farnbühlstrasse Mitte durch den Einwohnerrat wird der Sanierungsbedarf dieser beiden Abschnitte weiter zunehmen.» Im Finanzplan sind nun die Kosten für diese beiden Projekte in die Jahre 2032 bis 2034 verschoben worden. Der Strassenzustand werde infolge des Werkleitungsbaus eher schlechter, so Perroud, «darum ist ein koordiniertes Vorgehen mit Werkleitungen und Strassensanierung wichtig und hilft, Verkehrseinschränkungen zu reduzieren und Kosten zu sparen».