Renaissance eines Handwerks
30.12.2025 Wohlen, MuseumSchweizer Strohmuseum: Rückblick und Ausblick
Das Schweizer Strohmuseum darf auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Rund 5000 Besucher fanden den Weg in die Villa Isler. Das Jubiläumsjahr 2026 hält einiges an Überraschungen parat, wofür ...
Schweizer Strohmuseum: Rückblick und Ausblick
Das Schweizer Strohmuseum darf auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Rund 5000 Besucher fanden den Weg in die Villa Isler. Das Jubiläumsjahr 2026 hält einiges an Überraschungen parat, wofür sich ein Besuch definitiv lohnen wird.
Monica Rast
Das Schweizer Strohmuseum in der Villa Isler beheimatet die Geschichte der Strohindustrie. Besonders die Freiämter Hutgeflechtindustrie wird den Besuchenden durch die Ausstellung und in diversen Kursen eindrücklich vermittelt. So fanden das ganze Jahr hindurch zahlreiche Anlässe statt. Diese waren beliebt und das Museumsteam ist mit den Kursen und ihrer Auslastung äusserst zufrieden. «Viele Angebote waren bereits Wochen vor Kursbeginn ausgebucht. Das hat uns sehr gefreut», erzählt Museumsleiterin Petra Giezendanner.
Im Zentrum des Kursangebots stehen vor allem die Weitergabe und der Erhalt des Wissens um die Freiämter Strohflechttechniken. «Ein Material, das ausserordentlich vielfältig ist und eine grosse Bandbreite an Verarbeitungstechniken ermöglicht», so Giezendanner.
Sie ist der Meinung, dass seit einiger Zeit eine klare Renaissance des Handwerks zu spüren ist. «Viele Menschen verspüren – vielleicht als Ausgleich zum hektischen, von Bildschirmen geprägten Alltag – wieder verstärkt den Wunsch, mit den eigenen Händen zu arbeiten. Mir geht das auch so», bekräftigt sie ihre Meinung. «Gleichzeitig lässt sich eine allgemeine Rückbesinnung auf natürliche Materialien beobachten, insbesondere auf solche, die in der eigenen Umgebung wachsen – wie Stroh. Von diesem Zeitgeist haben auch die Kurse sicherlich profitiert.»
Geschichte und Handwerk
Dank der grossen Nachfrage wurden die Kursangebote in den letzten beiden Jahren stark ausgebaut. Insgesamt 18 Kurse und Workshops wurden im Museum angeboten.
Neben der bereits 2024 eingeführten Kursreihe «How to», in der sich Kursleitende gezielt einzelnen Techniken der Freiämter Strohflechtkunst widmen, fanden in diesem Jahr erstmals auch ein Kurs zur Strohmarketerie – eine Technik des Kunsthandwerks, bei deren Anwendung eine Oberfläche mit einem Muster aus aufgeschnittenem und geglättetem Stroh bedeckt und dekoriert wird – sowie ein Kurs zum schottischen Strohhandwerk statt. Für Letzteren reiste Elaine Lindsay eigens aus Schottland an. Die erfahrene Strohhandwerkerin aus Aberdeenshire vermittelt traditionelle schottische Techniken und gibt Einblick in die Geschichte und die kulturelle Bedeutung des Strohhandwerks.
Villa Isler wird zum Himmeli-Zentrum
Sehr beliebt waren auch die Himmeli-Kurse, die von der finnischen Himmeli-Künstlerin Eija Koski geleitet werden. Die vor allem im Norden Europas bekannten «Himmeli» sind Teil von traditionellen Festen und verströmen als sinnliche, von der Decke hängende Strohskulpturen positive Energie. Seit nunmehr sieben Jahren bietet das Schweizer Strohmuseum jährlich drei unterschiedliche Himmeli-Kurse an, die jedes Jahr ausnahmslos ausgebucht sind. Inzwischen ist das Museum mit seinen Angeboten zu einem kleinen Himmeli-Zentrum in der Schweiz geworden und auch im nächsten Jahr werden wieder drei Kurse stattfinden.
Neues Kursprogramm ist bereits online
Das neue Kursprogramm ist bereits auf der Website aufgeschaltet. Auch 2026 liegt der Fokus auf den Freiämter Flechttechniken, die 2012 in die Liste der lebendigen Traditionen der Schweiz aufgenommen wurden. Mit der Kursreihe «How to» haben Teilnehmer die Gelegenheit, diese Handwerkskunst von Grund auf zu erlernen. Wie abwechslungsreich mit Stroh gestaltet werden kann, zeigen auch die weiteren Kurse: Ob schottische Strohtraditionen, Strohmarketerie oder Himmeli – es ist dem Museumsteam ein besonderes Anliegen, dieses reiche handwerkliche Wissen zu bewahren und die Faszination an der Arbeit mit Stroh einem breiten Publikum zu vermitteln. Besonders hervorzuheben sind im neuen Jahr zwei Workshops, die Teil des Rahmenprogramms der neuen Sonderausstellung «Prix Paille» sind. Die Künstlerinnen Gabi Hangartner und Monika Wolf Hirsch bieten für Kinder und Familien zwei Strohikebana-Workshops an. Dabei verschmelzen Stroh, Alltags- und Fundgegenstände zu kunstvollen Arrangements, die zugleich natürlich und künstlerisch wirken. «Sehr gespannt bin ich auch auf den Workshop der beiden Gestalterinnen Clara Sollberger und Flavia Bienz. In ihrem Kurs können die Teilnehmenden Strohflechtmuster aus unserer Sammlung mit Zopfteig nachflechten», erzählt die Museumsleiterin.
Infos: www.schweizer-strohmuseum.ch
Erfolgreiches Museumsjahr
Es war 2025 einiges los im Schweizer Strohmuseum: 140 Führungen, die Sonderausstellung «Im Besengebiet» wurde eröffnet und 18 Strohflechtkurse und Strohworkshops für Erwachsene und Kinder durchgeführt. Zudem wurden die Türen der Villa Isler für 21 Hochzeitspaare geöffnet und ebenso viele Schulklassen in die Geschichte der Hutgeflechtindustrie eingeführt.
Insgesamt konnte das Museumsteam knapp 5000 Gäste begrüssen. «Mit diesen Zahlen sind wir sehr zufrieden», meint Giezendanner. «Für mich ist es immer besonders berührend und schön, zu sehen, wie begeistert viele unserer Besucher von der Ausstellung sind. Sie können kaum glauben, dass es sich beim Ausgangsmaterial tatsächlich um Stroh handelt. Dabei sehen sie nur die Spitze eines gigantischen Eisbergs, ist doch der Grossteil unserer Schätze im Archiv verstaut.»
50-Jahr-Jubiläum
Schweizer Strohmuseum feiert mit Jubiläumsausstellung Prix Paille
Das Jubiläum ist für das Team nicht nur ein Anlass für einen Rückblick auf die Geschichte des Museums, sondern auch ein Moment, um den Blick bewusst nach vorne zu richten. Im Zentrum steht dabei die Frage, wie sich das reiche kulturelle Erbe der Stroh- und Hutgeflechtindustrie im Freiamt heute noch fruchtbar machen lässt – jenseits nostalgischer Wiederholung, aber in enger Auseinandersetzung mit dem Bestehenden.
Aus diesem Grund hat sich das Schweizer Strohmuseum zu einer Neuauflage des Wettbewerbs Prix Paille entschieden. Nach einer ersten, erfolgreichen Durchführung vor elf Jahren schrieb das Museum den Wettbewerb erneut aus – als Einladung an Gestalter aus Design und Kunst, sich von den Schätzen des Museums inspirieren zu lassen und daraus eigenständige, zeitgenössische Werke zu entwickeln. Ausgangspunkt ist dabei die Auseinandersetzung mit der Geschichte der Stroh- und Hutgeflechtindustrie wie auch der reichhaltigen Sammlung des Museums mit ihren zahlreichen Geflechten, filigranen Dekorobjekten oder exklusiven Hutmodellen.
Aus den total 91 Einsendungen wählte eine Jury 17 Projektideen aus. Die daraus hervorgehenden Prototypen werden an der Jubiläumsausstellung Prix Paille zu sehen sein.
Vernissage zum Auftakt der Jubiläumsfeierlichkeiten
Die Vernissage zu dieser Ausstellung am 29. Mai bildet den Auftakt zu den Jubiläumsfeierlichkeiten. Das Hauptfest am Samstag, 30. Mai, bietet ein reichhaltiges Tagesprogramm für alle Altersgruppen: Workshops zu traditionellen und zeitgenössischen Flechttechniken, Gespräche mit Designerinnen und Designern des Prix Paille, ein historischer Rückblick auf 50 Jahre Strohmuseum von Daniel Güntert sowie ein vielfältiges kulinarisches Angebot. Musikalischer Höhepunkt ist der Abendauftritt der Schweizer Band Silver Lining, deren warme, eingängige Musik für eine besondere Feststimmung sorgt. Zudem werden bekannte Persönlichkeiten die Festrede halten.
Mit diesem Fest will man ein bedeutendes kulturelles Erbe der Region sichtbar und erlebbar machen und gleichzeitig ein grosses, offenes Fest für die Bevölkerung von Wohlen und Umgebung gestalten. --mo

