Reise in die spannende Historie
30.04.2024 WohlenSpeziell und sehenswert
Kanti: Ausstellung im alten Werkhof
Die Bleichi und ihre Hostorie, Zu diesem Thema können aktuell 26 Werke bestaunt werden.
Die Bleichi rückte im Schwerpunktfach Bildnerisches Gestalten der ...
Speziell und sehenswert
Kanti: Ausstellung im alten Werkhof
Die Bleichi und ihre Hostorie, Zu diesem Thema können aktuell 26 Werke bestaunt werden.
Die Bleichi rückte im Schwerpunktfach Bildnerisches Gestalten der Kantonsschule in den Mittelpunkt. Die angehenden Maturandinnen und Maturanden mussten sich dem Gebäude annähern und sich mit der Historie beschäftigen. Die Bleichi, 1897 erbaut, war in der Strohindustrie ein wichtiger Arbeitsort. Dies wurden 26 Schülerinnen und Schüler zu verarbeiten – teils orignell, speziell, beeindruckend, Die gesamte Ausstellung ist jedenfalls sehenswert. --dm
Kanti Wohlen: Ausstellung von Werken über die Bleichi im alten Werkhof
In der Bleichi vereint sich ein wesentlicher Teil der Wohler Geschichte – vor allem von der Strohindustrie und ihrer Blütezeit. Die Historie der Bleichi ist auch der Mittelpunkt der Arbeiten von 26 Schülerinnen und Schülern der Kanti. Eine bemerkenswerte Ausstellung.
Daniel Marti
Die Bleichi, über 120 Jahre alt, von aussen unscheinbar, innen nur selten belebt. Im alten Werkhof zieht nun wieder Leben ein. Der Verein für Kultur baut das alte Gemäuer zurzeit in ein Kulturzentrum um. Trotz Bauarbeiten erhielt nun die Kantonsschule Gastrecht. Irgendwie logisch, denn die Bleichi, 1897 erbaut, ist Gegenstand von 26 künstlerischen Arbeiten. Schülerinnen und Schüler, alles angehende Maturandinnen und Maturanden, befassten sich im Schwerpunktfach Bildnerisches Gestalten mit ebendieser Bleichi. Ein spannendes Umfeld mit einer ebenso spannenden und bewegten Historie.
Vom Joghurtbecher inspiriert
Stroh wurde gebleicht und gefärbt in der Bleichi. Auch hier erlebte die Strohindustrie Blütezeiten. Und den Niedergang einer grossen Dynastie. All diesen Spuren sind die Schülerinnen und Schüler der Kanti gefolgt. Spuren, die sie am meisten interessierten, haben die jungen Menschen in ihre Werke einfliessen lassen. Entstanden ist ein Gesamtwerk mit 26 künstlerischen Ausdrucksformen. In den Bereichen Installation, Performance, Video, Fotografie, Malerei, Zeichnung und Drucktechnik wurden ausdrucksstarke Werke geschaffen.
Nicht nur die Vielfalt wusste das Publikum an der Vernissage zu begeistern. Es war auch der Ideenreichtum, der überraschte. Und für jedes Werk gab es auch eine Belohnung: Ein Joghurt aus den Händen von Lehrer Lukas Leuenberger. Kein Zufall, denn Leuenberger wurde bei seinem ersten Besuch in der Bleichi von einem grossen Joghurtbecher inspiriert. Er erklärte in seiner Ansprache, was dieser Joghurtbecher mit der Ausstellung zu tun haben kann oder könnte. Der Gegenstand sei einfach so herumgestanden, aber er liess ihn nicht mehr los. Er sei ein Gefäss für vieles, betonte Leuenberger. Man könne einen leeren Joghurtbecher eben auf alle möglichen Arten gebrauchen. Und in den letzten drei Monaten hatten die 26 Schülerinnen und Schüler der Kanti mit ihren Arbeiten etwas geleistet, was durchaus mit einem Joghurt vergleichbar sei. Erstaunlich.
Kühlen Kopf bewahren
Ein Joghurt wird bekanntlich aus Milch hergestellt, die mithilfe von Milchsäurebakterien dick wird. Leuenberger nannte diesbezüglich drei wesentliche Punkte auf dem Weg zum Joghurt: Die Milch impfen, die richtige Temperatur und es braucht Zeit. Den angehenden Maturandinnen und Maturanden gab er die Rolle der Milch … «Sie wurden mit einem Auftrag angereichert. Sie mussten sich mit dem alten Gebäude der Bleichi auseinandersetzen und sich annähern.» Und dann mussten die jungen Menschen laut Leuenberger «kühlen Kopf bewahren». Also die richtige Temperatur herausfinden.
Die Lehrerschaft – Leuenberger selbst sowie Barbara Aabid, Denise Brändli und Gaby Rey – stand stets beratend zur Seite. Mitentscheidend war jedoch die Zeit. Rund zweieinhalb Monate lang durften sich die 26 Schülerinnen und Schüler während sechs Lektionen wöchentlich ihrer Arbeit und ihren Projekten widmen. «Diese Zeit wurde unterschiedlich genutzt, die einen haben die Arbeit auf die lange Bank geschoben, andere überzeugten mit einem rassigen Endspurt», so Leuenberger, der die Ausstellung «eine Reise durch die Bleichi» nennt.
Ein bisschen Werbung fürs neue Kulturzentrum
Auch Jonas Arnet begrüsste das Vernissagepublikum, das eine Art «Testpublikum» sei. Arnet ist Präsident des Vereins für Kultur, der zurzeit den alten Werkhof in ein Kulturzentrum verwandelt. Eigens für die Ausstellung wurden die Umbauarbeiten unterbrochen. Die Kanti-Veranstaltung ist gleichzeitig der erste öffentliche Anlass im alten Werkhof. Arnet machte beste Werbung für das entstehende Kulturzentrum. Acht Ateliers und die vier Bandräume sind bald fertig. «Und die grosse Halle wird in einem Dreivierteljahr ganz anders aussehen», so Arnet. Eine Bühne, eine Bar, sanitäre Anlagen werden noch eingebaut. Er verspricht eine spannende Halle für Konzerte und Theater.
Live-Performance: Viel Mut und nackte Haut
Jetzt war jedoch die Premiere den Kunstwerken und den jungen Menschen gewidmet. Und da gab es Vielfältiges zu bestaunen. Eine Plastik aus Fahrrädern beispielsweise, Anekdoten aus dem Zweiten Weltkrieg und die Verwendungen von Stroh, früher und heute. Kurzfilme zählen ebenfalls zu den Arbeiten oder diverse grosse Skulpturen. Auf verschiedene Arten werden kultur- und kunsthistorische Zusammenhänge aufgezeigt. Zuletzt wurde es an der Vernissage wirklich speziell. Und mutig. Denn eine junge angehende Maturandin wagte bei ihrer Live-Performance einen modernen Striptease. Und irgendwann stellte sich die Frage, ob sie sich den gänzlich entkleidet. Fast. Zuletzt wälzte sich die hübsche junge Frau im Stroh. In ihrer Performance behandelte sie die Themen Kleidung und Geburt. «Schützt man sich vor der Umwelt und anderen Menschen durch viele Schichten von Kleidung?», fragt sie in ihrem Beschrieb. Was passiert bei weniger Kleidung? «Mag man zerbrechlicher sein, aber dennoch frei?»
Weil die Bleichi in einem neuen Licht erstrahlt, wollte sie diese «Wiedergeburt» repräsentieren. Und das Stroh sollte diese Geburt verstärken – da sowohl Kälber als auch Jesus im Stroh die Welt erblickt haben. Eine spannende Auseinandersetzung.
Die Ausstellung im alten Werkhof dauert noch bis am 8. Mai. Sie ist jeweils am Mittwoch, 14 bis 20 Uhr, sowie am Samstag und Sonntag, 11 bis 16 Uhr, geöffnet.