Problematisch und alarmierend
07.03.2025 WohlenBesorgniserregend
Finanzen machen Sorgen
Die Ausgaben und Investitionen steigen laufend. Und fürs Jahr 2031 wird für die Gemeinde Wohlen im Finanzplan eine Rekordverschuldung von 157,5 Millionen Franken prognostiziert. Dagegen musste die neue ...
Besorgniserregend
Finanzen machen Sorgen
Die Ausgaben und Investitionen steigen laufend. Und fürs Jahr 2031 wird für die Gemeinde Wohlen im Finanzplan eine Rekordverschuldung von 157,5 Millionen Franken prognostiziert. Dagegen musste die neue Einnahmenkommission feststellen, dass kaum mehr Einnahmen drinliegen und der Spielraum klein ist. Die Schere geht also stetig weiter auseinander. Das sei besorgniserregend, sagt beispielsweise FDP-Fraktionspräsident Lionel Zingg. Eine Umfrage bei den Parteispitzen zeigt, dass man sich dieser Problematik durchaus bewusst ist. Und was soll man dagegen unternehmen? Sämtliche Parteipräsidien haben ihre Ideen und Inputs.
Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben geht laufend weiter auseinander – eine Umfrage
Für die Grünliberalen ist es keine Überraschung und für die SVP ist es alarmierend, dass Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde stets weiter auseinanderdriften. Aber alle Parteien möchten gegen die Aussichten, die sich laufend verschärfen, ankämpfen.
Daniel Marti
Die finanzielle Schere der Gemeinde Wohlen geht immer weiter auseinander. Die Einnahmenkommission kommt zum Schluss, dass keine grossen Beträge zu finden sind und dass nur im Kleinen ein gewisser Spielraum besteht. Dies war absehbar. Und im Finanzplan wird ausgewiesen, dass Wohlen im Jahr 2031 auf eine Rekordverschuldung von 157,5 Millionen Franken zusteuert. Beide Dokumente – Bericht der Einnahmenkommission und Finanzplan – werden am Montag im Einwohnerrat behandelt. Was meinen die Parteipräsidien zum Umstand, dass die Schere immer weiter auseinandergeht?
Aufschieben oder Schulden: Was ist die grössere Hypothek?
«Es war zu erwarten, dass die Einnahmenkommission keine bahnbrechenden Erkenntnisse liefern würde», sagt dazu SP-Präsidentin Laura Pascolin. Für sie stellt der Finanzplan «ein nützliches Instrument für den Einwohnerrat dar, auch wenn die Prognosen zum Steuerfuss ab 2030 mit Vorsicht zu geniessen sind. Diese Prognosen schwanken stark, wenn man die Finanzpläne der vergangenen Jahre betrachtet.»
Der Gemeinderat bleibe bei der Auffassung, «dass das Aufschieben von Instandhaltungsmassnahmen eine grössere Last für künftige Generationen darstellt. Dies lässt sich auch auf die Schulden übertragen, die ebenfalls eine erhebliche Hypothek für die nächste Generation darstellen.» Laut Pascolin ist eine Kombination aus «effizienteren Ausgaben und einem klugen Schuldenmanagement entscheidend für die langfristige Stabilität der Gemeindefinanzen. Eine kluge Priorisierung von Investitionen, Digitalisierung und eine strategische Steuerpolitik könnten dazu beitragen, das finanzielle Gleichgewicht schneller zu erreichen.»
Nicht am Finanzplan rütteln
Für Patrick Schmid (Grüne) sind Schulden, «ausser für Investitionen, die Einnahmen generieren, grundsätzlich schlecht, Schuldzinsen verschlingen Steuergeld, ohne einen Mehrwert zu schaffen». Viele der Ausgaben, die Wohlen tätigen müsse, «sind schlichtweg Pflichtausgaben». Deshalb sei am Finanzplan «im Grossen und Ganzen nicht zu rütteln, es gibt effektiv nur einen sehr geringen Spielraum für echte Einsparungen». Schmid weiter: «Wer den Finanzplan genau studiert und an die sehr marginalen Kürzungen an den Budgetverhandlung denkt, müsste eigentlich auch zu diesem Ergebnis kommen.»
Besorgniserregend
Für FDP-Fraktionspräsident Lionel Zingg «wiederholt sich jedes Jahr das Spiel und die finanziellen Aussichten verschärfen sich weiter. Besonders besorgniserregend ist, dass zusätzliche gebundene Ausgaben ansteigen werden.» Zingg erklärt, dass «wir im Moment keine Wirtschaftskrise in der Schweiz haben. Sollte sich jedoch die wirtschaftliche Situation wieder stark eintrüben, laufen wir in ein noch viel grösseres finanzielles Problem.»
Immerhin werde im Finanzplan klar erwähnt, dass das überdurchschnittliche Bevölkerungswachstum in Wohlen ein Teil des Problems sei. «Muss Wohlen wirklich jedes Jahr überdurchschnittlich wachsen?», fragt Zingg und gibt die Antwort selbst. «Unsere Infrastruktur stösst immer mehr an ihre Grenzen und wir kommen als Gemeinde gar nicht mehr nach mit dem Ausbau. Das erklärt die sich immer stärker öffnende Schere zwischen Investitionen und Einnahmen. Wir müssen uns ernsthaft überlegen, ob wir nicht Anreize für ein etwas geordneteres Bevölkerungswachstum setzen können.»
Unausweichliche Investitionen
Das Co-Präsidium der Mitte, Stefanie Dietrich und Sonja Isler-Rüttimann, beurteilt die auseinanderdriftende Schere «als sehr problematisch». Trotzdem stehen für Dietrich und Isler-Rüttimann «in nächster Zukunft Investitionen an, die unausweichlich sind. Einige davon hat sich die Wohler Bevölkerung gewünscht, wie zum Beispiel das Schulzentrum Halde.» Manches sei vom Einwohnerrat und vom Volk bestellt worden und müsse nun bezahlt werden. «Man kann also nicht sagen, dass wir diese immer weiter auseinanderklaffende Schere nicht haben kommen sehen», so das Mitte-Duo.
Von der Einnahmenkommission haben sich die beiden erhofft, dass sie «doch noch irgendwo Potenzial findet». Andererseits könne es aber nicht sein, «dass wir unser Tafelsilber nun verscherbeln. Das bringt Wohlen langfristig leider auch nicht weiter.»
Keine Überraschung
Die Grünliberalen sind dagegen auf der Linie des Gemeinderates. Dass die geplanten Investitionen weiter steigen, sei für die GLP keine Überraschung. «Der Gemeinderat kündigt diese seit Jahren im Finanzplan an und bekräftigt damit seine Absicht, die in den vergangenen Jahrzehnten verpassten Investitionen für den Unterhalt und die Erneuerung der Gemeindeinfrastruktur nachzuholen», sagt GLP-Präsident Matthias Angst. «Mit dem Bevölkerungswachstum steigen zwar die Einnahmen der Gemeinde von Jahr zu Jahr. Allerdings mag diese Zunahme aufgrund der Bevölkerungsstruktur nicht mit den nötigen Investitionen mithalten. Diese Tatsache ist seit Langem bekannt und daher keine Überraschung für uns.»
Bestätigung und Warnung
Eine andere Sicht auf die finanzielle Ausgangslage hat die SVP. Und der Umstand, dass die Schere immer weiter auseinandergeht, ist für Parteipräsident Roland Büchi sogar «alarmierend». Wenigstens für einen gewissen Teil des Einwohnerrates sei dies der Fall, fügt er noch an, um die eigene Warnung gleich ins Spiel zu bringen. «Seit Jahren weist die SVP als einzige Partei darauf hin, dass in der Gemeinde ein Ausgabenproblem und nicht ein Einnahmeproblem besteht.» Darum habe die SVP auch keinen Mehrwert in der neuen Einnahmenkommission gesehen. Büchi und die SVP fühlen sich mit dem ersten Bericht der Einnahmenkommission «eindrücklich bestätigt. Hoffentlich haben das jetzt alle verstanden.»
Roland Büchi abschliessend und warnend: «Eine Rekordverschuldung von über 157 Millionen Franken bis ins Jahr 2031 wird Wohlen an die Wand fahren.»