Nur miteinander funktionierts
05.11.2024 WohlenAstrophysiker Thomas Zurbuchen erklärt am Notter-Apéro die Innovation im Universum
Rund 150 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft folgten der Einladung des Bauunternehmens ins BBZ Freiamt. Sie lauschten gespannt den Erzählungen von Thomas ...
Astrophysiker Thomas Zurbuchen erklärt am Notter-Apéro die Innovation im Universum
Rund 150 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft folgten der Einladung des Bauunternehmens ins BBZ Freiamt. Sie lauschten gespannt den Erzählungen von Thomas Zurbuchen, der als Astrophysiker über seine Arbeit und Erfahrungen bei der NASA und an der ETH in Zürich erzählte.
Britta Müller
«Seit 25 Jahren hatten wir alle, ob Bundesräte und Bundeskanzler, Sportler oder Satiriker, einfach alle mit Rang und Namen» startet Ralph Notter, CEO der Notter AG, stolz seine Begrüssung zum alljährlichen Notter-Apéro und stellt seinen rund 150 Gästen die Frage: «Wie will man das noch toppen?» Die Antwort hat das über 90-jährige Bauunternehmen mit Astrophysiker Thomas Zurbuchen gefunden.
Bevor der Hauptreferent aber die Gäste auf die Reise ins Universum mitnehmen konnte, zog Ralph Notter ein kurzes Resümee über die wichtigsten unternehmerischen Veränderungen. Paul Weiss, bisheriges GL-Mitglied für den Bereich Baustoffe, geht in den Ruhestand und übergibt seine Aufgaben an Reto Seifert, ausserdem berichtet Notter über die Mehrheitsbeteiligung an der Berner-Iberg, einem Kies- und Betonwerk in Rupperswil, und lud dann den Hauptreferenten des Notter-Apéros ein, das Publikum auf die Reise zum Mars mitzunehmen.
Für gute Isolierung sorgen
Thomas Zurbuchen ist 1968 in Heiligenschwendi im Kanton Bern geboren. Er studierte Physik an der Universität Bern und war als Professor an der University of Michigan tätig. Von 2016 bis 2022 leitete er die NASA-Wissenschaftsdirektion, mit der er bahnbrechende Projekte wie das James-Webb-Weltraumteleskop und Mars-Rover-Missionen verantwortete. Themen, die vielleicht im Freiamt so weit weg wie das Universum scheinen, aber durch ihn ganz nah und eindrücklich erklärt werden. In seinem Vortrag erzählt Zurbuchen über seine Arbeit bei der NASA. Dazu zeigt er eindrucksvolle Bilder und schildert, wie man zum Mars kommt, welche Umlaufbahn dazu zu nutzen ist und dass man dort nicht einfach landen kann, denn «unsere Organe würden den Aufprall nicht überleben», erklärt er. Ist man aber endlich dort angekommen, merkt man, welche Bedingungen dort herrschen. «Sollte die Notter AG dort einmal bauen wollen, muss sie für gute Isolierung sorgen», lacht er in die Runde und erklärt: «Es herrschen eine hohe Radioaktivität und sehr frische Temperaturen – der kälteste Ort weist ca. minus 154 Grad auf.»
Kommunikation ist das A und O
Neben den geografischen Herausforderungen berichtet er auch über andere Herausforderungen: Die Reise zum Mars, um dort ein ferngesteuertes Fahrzeug mit Kameras und weiterem Equipment abzusetzen, wurde von der NASA auch während der Corona-Pandemie entwickelt, das heisst, viele Forscher, Ingenieure und Techniker arbeiteten isoliert und separat in Büros, Labors oder dem Homeoffice. Da müssen Teams nicht nur perfekt miteinander kommunizieren können, sondern es auch wollen. Fehler machen ist meistens sehr teuer und gefährdet so ein Vorhaben. «Also benötigt es eine Mannschaft, wo man miteinander denkt, sich gegenseitig hilft und das nicht nur innerhalb des eigenen Verantwortungsbereichs», erklärt Zurbuchen. «Da mussten wir auch schon mal eine ganze Führungscrew entlassen, weil sie dieses Miteinander nicht lebten», berichtet er. Wie aber die erfolgreiche Landung auf dem Mars letztendlich aussah, zeigt er mit einer kleinen Filmsequenz über das Kontrollzentrum – kurz bevor die NASA mit ihrer Rakete auf den Planeten aufsetze.
Er bestärkt alle anwesenden Unternehmen und Institutionen, wie wichtig es ist, genau zu wissen, wohin die Reise gehen soll und dazu die richtigen Menschen nach ihren Talenten und Stärken für ein Team zu gewinnen und sagt: «Egal wie Elon Musk tickt, er hat das Talent, seine Teams mit den besten Talenten zu besetzen und ist am Ende daher so erfolgreich und schnell mit seinen Vorhaben.»
Anderes Leben – unerreichbar und irgendwo
Viele Fragen warteten auf Thomas Zurbuchen nach seinem Vortrag. Warum sollte es zum Mars und nicht auf einen anderen Planeten gehen? Wie bewertet er die Raumfahrt-Konkurrenzen aus Russland, China und Indien? Ist die NASA zu langsam in ihrer Entwicklungsarbeit?
Geduldig und verständlich beantwortet Thomas Zurbuchen die Fragen, sogar, ob es ausser uns noch jemanden anderen im Universum geben könnte. Eine Frage, die er selbst wohl gerne beantwortet haben würde. Aber Zurbuchen erklärt, dass das Universum rund 13,8 Milliarden Jahre alt ist und wir nur einen Bruchteil davon kennen, weil es unvorstellbar gross ist. Mit seiner Armlänge zeigt er auf einer Grafik an der Leinwand, dass ein kleiner Sandkorn-grosser Punkt ungefähr 10 000 Galaxien umfasst, in denen sich 100 – 400 Milliarden Sterne befinden. «Wir leben in 2- bzw. 3-Dimensionen, aber im Weltall muss man 16-dimensional denken können, dazu hat es eine andere Struktur von Raum und Zeit, die sich ausdehnt», erklärt er und meint, dass wohl alles möglich ist – auch dass es noch anderes Leben geben könnte, vielleicht unerreichbar und irgendwo.
Auf dem Boden geblieben
Seit 2023 ist er wieder von den USA zurück in der Schweiz. «Das Schweizerdeutsch ist noch manchmal schwer zu verstehen», entschuldigt er lächelnd und ergänzt, dass auch sein noch ein bisschen nach Amerikanisch klingender Schweizer Dialekt manchmal fremd klingt. Hört man ihm zu, so merkt man, auch wenn er in seinem beruflichen Arbeitsleben mehrheitlich in den Weiten des Universums unterwegs ist, ist er auf dem Boden geblieben – selbst nachdem 2021 ein Asteroid nach ihm benannt wurde. Er ist verheiratet, hat einen Sohn und eine Tochter, wandert, bikt und ist gerne mit den Skiern unterwegs.
Heute leitet er das Programm «ETH-Innovation in Space» an der ETH in Zürich. Bevor er dort aber wieder zurückkehren kann, erhält er – wie alle Notter-Apéro-Referenten – von Ralph Notter und seinem Cousin Kurt Notter, Mitglied des Verwaltungsrats, einen traditionellen Strohhut aus dem Freiamt, um nun «gut behütet» wieder in die unendlichen Sphären des Universums abzutauchen. Mit Thomas Zurbuchen ist der Notter AG abermals ein weiteres Highlight für die traditionellen Notter-Apéros gelungen – man kann gespannt sein, wie sie das 2025 ein weiteres Mal toppen wird.