Nun droht der Leistungsabbau
20.10.2023 Einwohnerrat, WohlenBudget 2024: Nach der Rückweisung durch den Einwohnerrat ist der Gemeinderat stark gefordert
Der Finanzhaushalt der Gemeinde Wohlen ist in Schieflage. Diese Situation möchte der Einwohnerrat nicht weiter zuspitzen lassen. Er will unbedingt ein ausgeglichenes ...
Budget 2024: Nach der Rückweisung durch den Einwohnerrat ist der Gemeinderat stark gefordert
Der Finanzhaushalt der Gemeinde Wohlen ist in Schieflage. Diese Situation möchte der Einwohnerrat nicht weiter zuspitzen lassen. Er will unbedingt ein ausgeglichenes Budget und allerhöchstens einen moderaten Anstieg des Steuerfusses. Diese Herkulesaufgabe hat das Parlament nun dem Gemeinderat weitergegeben.
Daniel Marti
So geht es definitiv nicht. Dies ist die unmissverständliche Botschaft des Einwohnerrats an die Adresse des Gemeinderats. Das Budget 2024 wurde mit 34 Stimmen (gegen drei Nein) sehr deutlich zurückgewiesen. Die Finanz- und Geschäftsprüfungskommission sprach sich sogar einstimmig für diesen Schritt aus. Ein sehr deutliches Zeichen.
Obwohl der Rückhalt für den Gemeinderat gering ausfällt, ist die Spannweite der Einschätzungen riesig. «Die Zitrone ist augepresst», sagt der Grünen-Vertreter Patrick Schmid und signalisiert damit, dass das Budget 2024 mit einem Defizit von 1,6 Millionen Franken und einer Steuerfusserhöhung von 113 auf 120 Prozent schon in Ordnung sei. In eine ähnliche Richtung zielt die SP. Der Rest des Einwohnerrats fordert dagegen klare Korrekturen. Und die Parteien gaben dem Gemeinderat viele Inputs sowie Ratschläge und Forderungen mit auf den Weg.
116 Prozent und schwarze Null: Tatsächlich ein Mittelweg?
Nur einige Beispiele: Ein Steuerfuss von 120 Prozent ist nicht mehrheitsfähig – diese Meinung teilen alle Parteien. Die meisten Fraktionen fordern ein ausgeglichenes Budget und eine schwarze Null. Einsparpotenzial sieht der Einwohnerrat beim Schüwo-Park, bei den externen Beratern, beim Teuerungsausgleich bis hin zum Porto. Und ein Leistungsabbau sei unumgänglich. Man müsse eben nun unbedingt an die Schmerzgrenze gehen, lautet ein weiterer Tipp. Eines ist auch klar: Der Einwohnerrat will nicht, dass letztlich «Aarau» über den Steuerfuss entscheiden muss.
Während die SVP einen Steuerfuss möchte, der beim Volk eine reelle Chance hat und wohl nur eine minimale Steigerung vorsieht (wenn überhaupt), fordert die Mitte einen Mittelweg von 116 Prozent. Dies sind drei Prozent mehr als bisher und vier Prozent weniger als der Wille des Gemeinderats. Ein solcher Kompromiss würde bei einem ausgeglichenen Budget bedeuten, dass der gemeinderätliche Voranschlag um 2,8 bis 3 Millionen Franken verbessert werden müsste. Ein hartes Stück Arbeit für den Gemeinderat.
Nur: Was nimmt der Gemeinderat grundsätzlich von der Debatte im Einwohnerrat mit für die neuerliche Beurteilung des Budgets? «Der Gemeinderat hat von den politischen Positionen und Forderungen der Parteien Kenntnis genommen und wird sich im Rahmen der Überarbeitung der Vorlage damit auseinandersetzen», lässt der Gemeinderat über die Kommunikationsstelle ausrichten.
Vorschläge des Einwohnerrates umsetzbar?
Zur Kenntnis genommen. Auseinandersetzen. Das klingt zurückhaltend. Zu einzelnen Punkten oder Positionen will der Gemeinderat so kurz nach der Rückweisung noch nichts sagen. Das ist verständlich.
Hauptsächlich soll mit dem Rotstift gearbeitet werden. Denn mehr kurzfristige Einnahmen sehen vereinzelte Einwohnerratsmitglieder einzig bei der Dividende der IB Wohlen AG. Da sei grundsätzlich mehr möglich, hiess es aus der bürgerlichen Ecke. Anstatt der budgetierten 1,01 Millionen Franken wären gegen 1,2 Millionen am liebsten. Verbesserung des Budgets: 200 000 Franken.
Oft kritisiert wurde im Einwohnerrat die Nahezu-Verdoppelung der Beiträge an die Sportpark Bünzmatt AG (Schüwo-Park). Die neu beantragten 922 000 Franken werden es im Parlament ziemlich schwer haben. Runter um 150 000 Franken, dies gilt als mögliches Szenario.
Das Ärgernis mit den externen Beratern
Oder die gänzliche Streichung der Teuerungszulagen für das Gemeindepersonal ist eine weitere Forderung. Im Budget sind 1,5 Prozent vorgesehen, das sind 211 000 Franken. Weiter zu den Honoraren für externe Berater, Gutachter und Fachpersonen. Im Budget 2024 sind total 1,039 Millionen Franken eingetragen. Im Jahr 2022 wurden dafür noch 754 000 Franken ausgegeben. Das Kapitel der externen Berater ist diversen Fraktionen ein Dorn im Auge. Aus verschiedenen Gründen: Erstens wurde bei der Einführung des Geschäftsleitermodells versprochen, dass diese Honorare eher reduziert werden. Zweitens ist dieser Ausgabeposten permanent (zu) hoch.
Dass nun die Millionengrenze überschritten werden soll, hat mit dem Posten «Studien, Projekte Hochbau Gemeindeliegenschaften» zu tun. Dafür sind 220 000 Franken vorgesehen. Für Machbarkeitsstudien für Schulraum an mehreren Standorten sowie ein Konzept für Raumprovisorien für diverse Schulen sollen gemäss Budget 150 000 Franken ausgegeben werden. Die neue Strategie für Schulstandorte lässt grüssen.
Dass grosses Sparpotenzial bei den externen Beratungen vorhanden ist, wird vom Einwohnerrat stets angeregt. Zurück zum Stand von 2022 würde beispielsweise eine Viertelmillion an Einsparungen bedeuten.
Natürlich würde es auch völlig unübliche (und nicht ganz ernst gemeinte) Sparvarianten geben. Beispielsweise die neuen Stellen, die im vergangenen September bewilligt wurden, gar nicht erst besetzen. Dies sind über 500 Stellenprozente, Sparpotenzial von über einer halben Million Franken. Oder man könnte die Kinder, also Schülerinnen und Schüler, «abstrafen» für die ungenügende Finanzpolitik der Erwachsenen. Bei einem Jahr ohne Schulreisen, Lager und Exkursionen würde auch der Gemeindebeitrag in der Höhe von 256 000 Franken wegfallen.
Die aufgezählten Verbesserungsvarianten – ibw, Teuerung, Schüwo-Park, Stellen, Schullager, externe Beratung – würden das Budget um rund 1,6 Millionen Franken verbessern.
Nächste Budgetsitzung wohl am 11. Dezember
Was effektiv noch an Kürzungen möglich ist und wie stark die Zitrone tatsächlich ausgepresst ist, das wird der Gemeinderat in einem nächsten Schritt entscheiden. Die nächste Einwohnerratssitzung findet am Montag, 13. November, statt. Da reicht die Zeit nicht, um ein revidiertes Budget behandeln zu können.
«Der Gemeinderat wird das Budget 2024 innerhalb der vorgegebenen Frist, innert 60 Tagen, dem Einwohnerrat zur erneuten Beschlussfassung vorlegen», informiert die Kommunikationsstelle. Das bedeutet, dass frühestens an der Einwohnerratssitzung vom Montag, 11. Dezember, das Budget 2024 erneut behandelt werden kann.
Das zielt darauf ab, dass das Budget beim nächsten Blankoabstimmungstermin zur Volksabstimmung gelangen wird, dies ist am 3. März 2024. Bei einer Steuerfusserhöhung – davon ist immer noch auszugehen – muss der Voranschlag automatisch vors Volk. Der Gemeinderat bestätigt, dass es voraussichtlich beim Termin von Anfang März zur Volksabstimmung kommen wird.
Das bedeutet wiederum, dass die Gemeinde Wohlen zu Beginn des Jahres 2024 kein rechtskräftiges Budget haben wird. Dies ist selbstverständlich auch der Regierung bewusst: «Der Gemeinderat kann bis zum Vorliegen eines genehmigten Budgets nur die Ausgaben tätigen, die nicht aufschiebbar oder gesetzlich gebunden sind», heisst es aus dem Gemeindehaus.