Nach wie vor wichtiger Standort
07.02.2025 Bettwil, Region OberfreiamtVor 25 Jahren wurde die «Bloodhound»-Anlage in Bettwil liquidiert – ein Augenschein vor Ort
1964 wurde die Militäranlage in Bettwil in Betrieb genommen. Im Jahr 2000 wars, als die letzte Fliegerabwehr-Rakete aus dem Bunker gefahren wurde. Doch in ...
Vor 25 Jahren wurde die «Bloodhound»-Anlage in Bettwil liquidiert – ein Augenschein vor Ort
1964 wurde die Militäranlage in Bettwil in Betrieb genommen. Im Jahr 2000 wars, als die letzte Fliegerabwehr-Rakete aus dem Bunker gefahren wurde. Doch in Betrieb ist die Anlage weiterhin – vor allem zu Übungs- und Ausbildungszwecken. Ein Rundgang mit Oberst Cédric Ruckli.
Annemarie Keusch
In dieser Woche ist wenig los. Zwei Männer sind auf dem riesigen Gelände unterwegs, schauen für den Unterhalt – schneiden Sträucher. Ansonsten ist es ruhig. «Das ist nicht immer so», sagt Cédric Ruckli, Oberst und Nutzer-Vertreter der Militäranlage in Bettwil. Er koordiniert die verschiedenen Nutzungen. Rund an zwei Dritteln der Tage pro Jahr wird die Anlage genutzt, für ganz unterschiedliche Zwecke. Für militärische Fahrschulen beispielsweise. «Hier ist dafür der ideale Platz. Breite Strassen, kein Verkehr, genug Raum, um Parcours aufzustellen», sagt Ruckli. Auch Sanitäts- oder Übermittlungs-WKs finden immer wieder hier statt. Im Bereich des Antennenbaus werden Leute ausgebildet.
Aber die Militäranlage nutzen auch Externe – etwa im Diensthunde-Bereich oder ebenfalls für Übungen. «Die Stadt- und die Kantonspolizei Zürich sind hier beispielsweise für Wasserwerfer-Ausbildungen.» Auch Feuerwehren fragen an, um das Gelände zu nutzen. «Wir sind diesbezüglich grundsätzlich sehr offen.» Denn stören tut das, was auf dem Gelände passiert, niemanden. «Abgelegen, eingezäunt, ideal», fasst Cédric Ruckli zusammen.
Radar damals noch nicht durch Nebel
Die Abgelegenheit und die Höhenlage waren auch ausschlaggebend dafür, dass das Militär hier überhaupt eine Anlage baute. Zwischen 1963 und 1968 wurden diese Anlagen des Fliegerabwehrlenkwaffen-Regimentes 7 gebaut und in Betrieb genommen. 1964 erfolgte die Inbetriebnahme in Bettwil. Cédric Ruckli weiss: «Die Anlage in Bettwil war vor allem während des Kalten Krieges für die Schweizer Armee von sehr hoher Wichtigkeit. Zusammen mit der Luftwaffe sorgten die Anlagen der Fliegerabwehrtruppen «Bloodhound» für einen hochwirksamen Schutz des Schweizer Luftraums.» Ruckli spricht von einem primären Mittel zur Landesverteidigung.
Wo die Anlage gebaut wurde, war kein Zufall, sondern dem ging ein akribischer Prozess voraus. Das Gebiet sollte höher gelegen sein. Auch am Tag des Besuches wird deutlich warum. Während das Bünztal im Nebel steckt und die Sonne selbst im Weiler Oberniesenberg nicht zu sehen ist, strahlt sie in Bettwil. «Damals war es noch nicht möglich, mit Radargeräten trotz Nebel zu orten», erklärt Cédric Ruckli. Eine Rundumsicht war für die Radarerfassung essenziell. Ebenfalls Sichtabdeckung am Boden durch Bewaldung oder Landwirtschaft. In Bettwil ist beides gegeben. Entsprechend konnten die Lenkwaffenstellungen das tun, wofür sie installiert wurden: feindliche Flugkörper abwehren. «Wobei keine der Raketen in Bettwil je abgefeuert wurde», weiss der Verwalter. Vor 25 Jahren wurden die letzten rückgebaut.
Neubau und Abrisse geplant
Verkauft hat die Schweizer Armee das Gelände aber seither nicht. «Solche Anlagen, die so gut gelegen und so vielseitig nutzbar sind, gibt es nur selten.» Investiert in die Infrastruktur wurde aber in den letzten Jahren kaum etwas. Das ist den Gebäuden äusserlich anzusehen. Und auch im Innern – ob der Stromkasten oder die alten Telefonanschlüsse, vieles zeugt von einer anderen Zeit. Weil die sanitären Anlagen wirklich alt sind, wurde ein Container mit WCs und Duschen aufgestellt. Übungen, Ausbildungen finden zwar noch hier statt, übernachtet wird aber selten. «Höchstens Wachen», sagt Cédric Ruckli. Ändern wird sich diesbezüglich zeitnah nichts.
Aber die Armee plant Investitionen. Auch um sicherzugehen, dass die alte Infrastruktur nicht betriebsuntauglich wird. «2,7 Millionen Franken sind vorgesehen», präzisiert der Oberst. Eines der Gebäude soll ersetzt, die anderen Gebäude abgerissen werden. «Die Halle zum Beispiel. Die Tore sind viel zu klein für die heutigen Fahrzeuge.» Solche Beispiele nennt Ruckli mehrere. «Stattdessen braucht es Platz für einen Aufenthalts- und Schulungsraum für bis zu 70 Personen, samt Übernachtungsmöglichkeiten für bis zu 20 Personen.» Auch diesbezüglich ist die Infrastruktur in die Jahre gekommen. Aber Cédric Ruckli weiss: «Zum Übernachten hier ist es nicht schlecht. Im Gegensatz zu vielen anderen Unterkünften sind die Betten immerhin überirdisch.» Einen konkreten Zeitplan, wann das Bauprojekt realisiert wird, gebe es noch nicht. «Geplant ist, dass im nächsten Jahr die entsprechenden Finanzen gesprochen werden.»
«Patriots» statt «Bloodhounds»
Was sicher bleibt, sind die Bunker. Und was ebenfalls sicher bleibt, ist, dass die Anlage im Besitz der Schweizer Armee ist. Denn ob es in Sachen Nutzung so divers und vielfältig weitergeht wie aktuell, ist noch nicht klar. Die Armee investiert nämlich nicht nur in die Infrastruktur in Bettwil, sondern auch in «Patriot», ein neues System, das zur Abwehr von Angriffen mit Flugzeugen, Drohnen, Marschflugkörpern, Lenkwaffen und ballistischen Kurzstreckenraketen dient. Quasi das Nachfolgermodell der «Bloodhound». Die entsprechenden Gelder sind gesprochen, für 2030 ist die Anschaffung geplant. «Für die ‹Patriots› braucht es nicht mehr viel Infrastruktur. Sie sind mobiler, können beispielsweise auch auf einem Parkplatz positioniert werden», weiss Cédric Ruckli. Zudem ist die Reichweite grösser. Eine nicht unwichtige Rolle könnte die Anlage in Bettwil trotzdem spielen. «Wir brauchen schliesslich Platz, um die Leute für dieses System auszubilden. Dafür ist dieser Ort ideal.»
Die Geschichte der Militäranlage Bettwil geht also weiter, auch wenn sie dies in den letzten 25 Jahren eher im Hintergrund tat.