«Muss zuerst etwas passieren ?»
28.11.2025 WohlenTempo-30-Zone in Anglikon: Sam Hasan kämpft für die Sicherheit auf dem Schulweg
Tempo 30 in den Quartieren einzuhalten, ist nicht immer so einfach. Eine Frage der Konzentration. Weil vor seinem Haus an der Kesselackerstrasse die Situation recht gefährlich ...
Tempo-30-Zone in Anglikon: Sam Hasan kämpft für die Sicherheit auf dem Schulweg
Tempo 30 in den Quartieren einzuhalten, ist nicht immer so einfach. Eine Frage der Konzentration. Weil vor seinem Haus an der Kesselackerstrasse die Situation recht gefährlich ist, setzt sich Sam Hasan für die Sicherheit der Kinder ein. Allerdings mit geringem Erfolg.
Daniel Marti
Es ist effektiv eine unübersichtliche Stelle auf der Kesselackerstrasse in Anglikon. Anwohner Sam Hasan zeigt auf den Schulweg, der die Kesselackerstrasse kreuzt. Beide sind eng, beide ansteigend. Hier habe er schon oft interveniert, Autolenker ans Tempolimit erinnert, die Schulkinder vor den fahrenden Autos gewarnt. «Es ist einfach gefährlich hier und für die Kleinen erst recht unübersichtlich», sagt er. «Kommt hinzu, dass nicht nur Autos, sondern ab und zu auch E-Bikes zu schnell unterwegs sind.»
Gefühlte 35 km/h sind an der Tagesordnung. «Hier fahren sie auch mal mit 40 durch», ärgert er sich. Sam Hasan kontaktierte auch die Regionalpolizei, geändert hat sich nichts. Die Durchsetzung und Einhaltung des Tempolimits sei mangelhaft, kritisiert er.
12,9 Prozent sind zu schnell
Vor rund dreieinhalb Jahren ist er mit seiner Familie, notabene mit zwei schulpflichtigen Kindern, nach Anglikon gezogen – und somit von Horgen zurück in den Aargau, wo er aufgewachsen ist. «Bei der Wahl des Wohnortes waren uns kurze und sichere Schulwege sehr wichtig», blickt er zurück. Umso mehr habe es die gesamte Familie gefreut, «dass an vielen Orten in Wohlen und insbesondere an der Kesselackerstrasse Tempo 30 eingeführt worden ist». Diese Freude war von eher kurzer Dauer. Rasch fiel der Familie Hasan auf, dass so ungefähr jedes fünfte Fahrzeug zu schnell auf der Kesselackerstrasse unterwegs ist. «Das sind ja höchstens 35 km/h», bekommt er meistens als Antwort von Fahrzeuglenkern, die er jeweils direkt angesprochen hat. Der Naturwissenschaftler wollte es genau wissen und nahm Kontakt mit der Regionalpolizei Wohlen auf. Und diese nahm Messungen vor. «Die Repol sieht sich aber nicht veranlasst, hier weitere Schritte zu unternehmen», klagt er.
Welche Resultate ergaben die Messungen an der Kesselackerstrasse in Anglikon? «Es wurden innerhalb von acht Tagen 1273 Fahrzeuge erfasst. Bei 12,9 Prozent der Fahrzeuge wurde eine Übertretung festgestellt. Aus verkehrspolizeilicher Sicht drängen sich keine Massnahmen auf.» Dies lässt die Kommunikationsstelle der Gemeinde Wohlen, stellvertretend fürs Ressort Sicherheit, verlauten.
Damit gibt sich Sam Hassan nicht ganz zufrieden. «Nur schon wenn der Speedy am Strassenrand steht, nützt das etwas», sagt er. Der Speedy zeigt an, ob der Automobilist das Tempolimit einhält oder eben nicht.
Empfehlungen des Bundesamtes werden erfüllt
Drängt sich allenfalls eine erneute Analyse der Situation an der Kesselackerstrasse auf? Das wird von Verwaltung und Repol verneint. Und was halten Repol und Gemeinderat allenfalls von baulichen Massnahmen, damit die 30 km/h künftig besser eingehalten werden? «Bauliche Massnahmen werden im Einzelfall geprüft, wenn der sogenannte v85-Wert nicht eingehalten wird. Dieser Wert gibt die Geschwindigkeit an, die von 85 Prozent der Fahrzeuge nicht überschritten wird», lautet die Antwort. Gemäss Empfehlung des Bundesamtes für Strassen sollte der v85-Wert in Tempo- 30-Zonen nicht höher als 38 km/h sein. «An der Kesselackerstrasse wurde ein v85-Wert von 30 km/h gemessen. Somit drängen sich aus verkehrspolizeilicher Sicht keine Massnahmen auf.»
Für Sam Hasan ist der Durchschnittswert nicht weiter relevant. Der Spitzenwert sei doch das Gefährliche, betont er. «13 Prozent aller Fahrzeuge sind zu schnell unterwegs, und die Spitze ist doch deutlich höher als der Durchschnitt.» Einfach nichts zu unternehmen, das sei keine Lösung. Zumindest Schwellen auf der Strasse wie an der benachbarten Knobelstrasse hat er sich erhofft. «Diese Schwellen sind zwar nicht beliebt, aber sie sind nachhaltig. Und alle Familien im Quartier sind interessiert daran, dass der Schulweg sicher ist und Tempo 30 eingehalten wird.»
Der 52-Jährige – er ist der Sohn eines Inders und einer Bernerin – ist überzeugt davon, dass es in anderen Wohler Quartieren ähnliche Probleme gibt. Bei der Regionalpolizei sieht man das anders. Zurzeit seien der Regionalpolizei keine weiteren Probleme oder Beschwerden bekannt. «Einzelfälle, welche die Geschwindigkeit nicht einhalten», die gebe es. Aber nicht mehr.
Aus Dankbarkeit für Einwohnerrat Mika Heinsalo
Zudem führt die Regionalpolizei regelmässige Geschwindigkeitskontrollen durch. Und die Abteilung Tiefbau und Verkehr prüft laufend die Einhaltung von Tempo 30 in allen Quartieren «und plant bei Bedarf weitere verkehrsberuhigende Massnahmen».
Sam Hasan kämpft weiter. Zumindest für sein Anglikon. Die Tempo- 30-Situation habe ihn veranlasst, für den Einwohnerrat zu kandidieren, erklärt er. Er rechnet sich aber keine grossen Wahlchancen aus. Er tut dies auch aus Dankbarkeit für Mika Heinsalo. Der habe so vorbildlich für den Schulstandort Anglikon gekämpft und erreicht, dass Anglikon sein Schulhaus behalten darf und für die älteren Angliker Schulkinder ein Schulprovisorium errichtet wurde. Sam Hasan und seine Kinder – sieben- und zehnjährig – können von dieser verbesserten Schulraumsituation profitieren. «Einwohnerrat Mika Heinsalo setzt sich mit viel Engagement für Anglikon ein», so der studierte Molekularbiologe. Wenn er für die Liste von Einwohnerrat Heinsalo ein paar Stimmen holen könne, dann sei das sehr erfreulich.
Eine Frage der Zeit …
Zurück zur Tempo-30-Zone in Anglikon. Müsse denn immer zuerst etwas passieren, damit gehandelt werde, hadert Sam Hasan. «Und ich wage zu behaupten, es ist nur eine Frage der Zeit, bis etwas passiert.» Darum ist er wenigstens vor seinem eigenen Haus an der Kesselackerstrasse tätig geworden. Am Rande der Kreuzung des Schulwegs montierte er eine Tafel «Achtung Kinder». In der Hoffnung, dass dies die Fahrzeuglenker ein wenig sensibilisiert.
Lebensqualität wurde erhöht
Tempo 30 war lange Zeit ein viel diskutiertes Thema in Wohlen. Für die Einführung benötigte es zwei Anläufe. Und wie ist man nun allgemein zufrieden mit den Tempo- 30-Zonen? «Die Einführung der Tempo-30-Zonen in den Wohnquartieren hat sich sehr bewährt. Die Lebensqualität und die Sicherheit wurden erhöht», so der Gemeinderat.
Und die Überprüfung der gefahrenen Geschwindigkeit nach der Einführung habe ergeben, «dass die Geschwindigkeit meistens eingehalten wird und nur an vereinzelten Stellen bauliche Massnahmen vorgenommen werden mussten». --dm

