Musik, die fordert, nicht überfordert
16.05.2025 Musik, Region Oberfreiamt, BoswilMusikfestival Boswiler Sommer präsentiert vom 4. bis 13. Juli 17 Konzerte in der Region
Die beiden musikalischen Leiter Julia Fischer und Benjamin Nyffenegger haben bewusst junge Musikerinnen und Musiker zur Wiederkehr des Boswiler Sommers eingeladen. An den 10 Tagen ...
Musikfestival Boswiler Sommer präsentiert vom 4. bis 13. Juli 17 Konzerte in der Region
Die beiden musikalischen Leiter Julia Fischer und Benjamin Nyffenegger haben bewusst junge Musikerinnen und Musiker zur Wiederkehr des Boswiler Sommers eingeladen. An den 10 Tagen wollen sie auch jungen Besuchern ihre Musik näherbringen. Passend dazu gibt es zum Festival neu ein Jugendabo.
Es sprudelt quasi aus Julia Fischer. «Dass junge Leute kommen.» So die Antwort auf die Frage, was ihr zeigen würde, dass der Boswiler Sommer ein Erfolg ist. Sie stellt sich vor, dass diese das Angebot der offenen Proben nutzen, um die jungen Künstler auf der Bühne zu sehen. «Darum haben wir auch Nachwuchskünstler eingeladen», so Fischer. Dass die Jugendlichen die Musikerinnen und Musiker bei der Arbeit an den Stücken erleben, soll sie motivieren.
Obwohl ihr aus eigener Erfahrung bewusst ist, dass die Schwelle, mit kleinen Kindern in ein Konzert zu gehen, bestehe. «Man braucht Mut», sagt sie. Viele Veranstalter glauben nicht daran, dass die kleinen Besucher zuhören, und das eine halbe Stunde oder länger. Dies hat sie selbst schon mit ihren Kindern erlebt.
Klassische Musik für Kinder erlebbar machen
Darum hat das Duo, welche beide selbst Eltern sind, auch ein Familienkonzert ins Programm aufgenommen. «Das wird ein lustiges Konzert», sagt Fischer. «Dampfnudeln mit Klarinettenstrudel» bringt Werke von Ravel, Mendelssohn und Martinu: «Dazwischen können die Kinder auch mal piepsen.» Darauf freut sich Julia Fischer. «Damit können die Künstler, die spielen, umgehen», sagt sie. Das Konzert findet am Sonntag, 13. Juli, um 11 Uhr in der alten Kirche Boswil statt.
Mit der Rückkehr des Boswiler-Sommer-Festivals gibt es auch ein neues Ticket. Das Jugendabo, welches sich wunderbar als Geschenk von Eltern oder Paten eigne, so Nyffenegger. Es soll den Besuch junger Musikliebhaber bis 26 Jahre noch attraktiver machen.
In der Region unterwegs
Zum einen wird es neben den bekannten Formaten und grossen Namen, die am Boswiler Sommer dabei sein werden, auch neue Formate geben. Die Musikwanderung gehört auf alle Fälle dazu. Ausgehend von der Alten Kirche Boswil, wird die zirka dreistündige Wanderung mit Konzerthalt bei der katholischen Kirche die Gruppe von rund 100 Besuchern über das Guggibad nach Oberschongau führen. Dazwischen wird es ein Konzert im Freien geben. Dieses aussergewöhnliche Format hat sich bereits herumgesprochen, sodass fast alle Plätze gebucht sind. Die Ticketkäufer dürfen sich heute schon darauf freuen, am dritten Konzert wird Yulianna Avdeeva «Meisterhaft» spielen und ihre emotionale Tiefe auf höchstem Niveau präsentieren.
«2x hören»
Wer zum anderen genau hinhören will, der kann dies an beiden Samstagen machen. Mit dem Format «2x hören» eröffnet das Festival eine neue Reihe. Hier wird ein Werk erst aufgeführt, dann von Musikexpertinnen und Musikexperten analysiert und anschliessend in einer anderen Version gespielt. «Das Bild, die Geschichte darum herum und die Klangfarben, man bekommt nicht alles mit», beschreibt Fischer einen der Gründe für die Reihe. Die ersten zwei Konzerte der Reihe sind am Samstag, 5. Juli. Da stehen Stücke wie «Concerto for Orchestra» der polnischen Komponistin Grazyna Bacewicz, Antonio Vivaldis «Vier Jahreszeiten» und das 8. Streichquartett von Dmitri Schostakowitsch auf dem Programm. Schostakowitsch soll gesagt haben, als ihm Rudolf Barshai seine Bearbeitung zeigte: «Also das klingt ja besser als das Original.» Das Format bietet so eine einmalige Gelegenheit, Musik mit geschärftem Verständnis zu erleben, heisst es im Programm. Dazu lädt der Abend ein, zwischen den beiden Konzerten sich am reichhaltigen Buffet zu stärken. Die Gastronomie ist an den Wochenenden und Abendkonzerten für die Besucher geöffnet. Dieser Treffpunkt eigne sich auch für den Austausch zwischen Besuchern und Künstlern.
Wo gehts hin?
Das Festival, welches unter dem Motto «Aus ihrem Leben» steht, sei auch der Startpunkt, um den Boswiler Sommer wieder zu etablieren. Wobei Benjamin Nyffenegger sagt, sie hätten dies zusammen noch nicht besprochen. Er sehe es als Ziel, den Ort mit Publikum zu füllen. Das einen niederschwelligen Zugang zu qualitativ hochstehenden Angeboten eingehe. Dazu eine gesunde Mischung aus Werken, die man schon kenne, und «Musik vorzustellen, die wir nicht kennen».
Nachwuchs fördern und Besucher unterhalten
Julia Fischer ergänzt, welchen Einfluss es habe, wenn unbekannte Werke in Boswil gespielt werden. Wie junge Musiker dies mitnehmen und die Werke auch in Instituten und bei anderen Ensembles ebenfalls gespielt würden. Fischer sagt: «Es ist unsere Verantwortung, jungen Leuten zu sagen, dass sie etwas anderes spielen als das Bekannte.» Dabei erwähnt sie Dmitri Schostakowitsch, von welchem in diesem Jahr verschiedene Werke am Festival gespielt werden. Auch da sich dessen Todesjahr zum fünfzigsten Mal jährt. Es gebe viele Menschen, für die sei seine Musik unbekannt, sagt Fischer. Im Gegensatz dazu erlebt sie, wie diese nach Konzerten auf sie zukommen und sagen: «Unglaublich, wie mich die Musik von Schostakowitsch berührt.» Man müsse Musik nicht verstehen, um davon berührt zu werden. Davon sind die Künstlerischen Leiter des Boswiler Sommers überzeugt. Sie empfehlen den Besucherinnen und Besuchern auch die Gespräche mit den Musikern. «Wir sind zehn Tage hier», sie möchten den Diskurs fördern. Nyffenegger sieht seine Rolle in: «Wir sind Botschafter der klassischen Musik, mit der wir andere Menschen bereichern.»