Marco Huwyler, Redaktor.
Ich mag meinen Job als Schreiberling. Doch es gibt Tage, da studiere ich auf dem Arbeitsweg selbstbemitleidend daran rum, wie schön es doch jetzt wäre, einer weniger kopflastigen Beschäftigung nachzugehen. ...
Marco Huwyler, Redaktor.
Ich mag meinen Job als Schreiberling. Doch es gibt Tage, da studiere ich auf dem Arbeitsweg selbstbemitleidend daran rum, wie schön es doch jetzt wäre, einer weniger kopflastigen Beschäftigung nachzugehen. Mal kein Zwang zur Kreativität. Nicht an Formulierungen rumfeilen. Keine Fakten und Aussagen zu einem stimmigen Ganzen ordnen. Nein, einfach mal unbeschwert ohne viel denken loslegen. Sich von der Routine gewohnter Vorgänge und Handgriffe treiben lassen. Und dabei die Gedanken schweifen und die Zeit einfach passieren lassen.
Besonders im Fokus dieser Sehnsucht steht jeweils der Bus-Chauffeur. Schliesslich ist mir als ÖV-Pendler der Zeitgenosse hinter dem Steuer gerade ein Anschauungsbeispiel dafür, wie es sein könnte in einem anderen Beruf. Einfach ein bisschen in der Gegend rumtuckern. Die schöne Landschaft vor Augen in einem wohlig warm brummenden Bus. Optional berieselt einen leise Musik. Der Kontakt mit Berufskollegen ist optional und ungezwungen. Durch launige Funksprüche, lustige Handzeichen oder gelegentliche Zigi-Pausen auf dem Busbahnhof – bevor jeder wieder seines Weges geht. Ach, wie gern würde ich doch tauschen.
Natürlich sagt mir die Rationalität stets, dass ich das eigentlich nicht wollen würde. Doch hören will ich sie nicht, in meiner Morgenmuffelei. Lieber glorifiziere ich eine vermeintlich meditative Simplizität, bis ich einigermassen in die Gänge gekommen bin und eh keine Zeit mehr für solche Trübsal habe. Erst viele Stunden später, auf dem Nachhauseweg, kommt sie mir wieder in den Sinn. Leicht beschämt nach einem Tag, der mal wieder viel Interessantes und Abwechslung bot und mich lebendig und zufrieden in den Feierabend entlässt, schaue ich dann dem Chauffeur dabei zu, wie er sich mit dem Feierabendverkehr herumschlägt. Mit seinem monströsen Gelenkfahrzeug durch Staus und enge Hauspassagen zirkelt. Das Display vor ihm zeigt erbarmungslos jede Sekunde der wachsenden Verspätung an, während er aufs passende Münz der hustenden Billett-Löser wartet. Andere Gestresste blaffen ihn wegen dem drohenden Anschluss-Verpassen an. Obwohl er nichts dafür kann – ausgeliefert dem Verkehr und den Gegebenheiten auf seiner immergleichen Strecke. Ich bewundere seine Fähigkeiten und seine Resilienz. Bin gottenfroh bloss Passagier zu sein. In jenem Moment. Und bis zu meinem nächsten Muffelmorgen.