«Mehr Mensch gibt es nirgendwo»
03.09.2024 Wohlen20 Jahre Pflege HF – unzählige Gesichter prägen das Berufsbild: Andrea Saxer Schmid aus Wohlen
Sie wollte schon immer in der Pflege arbeiten und hat ihren Weg dahin sorgfältig geplant. Ein Gespräch mit Andrea Saxer Schmid aus Wohlen über ...
20 Jahre Pflege HF – unzählige Gesichter prägen das Berufsbild: Andrea Saxer Schmid aus Wohlen
Sie wollte schon immer in der Pflege arbeiten und hat ihren Weg dahin sorgfältig geplant. Ein Gespräch mit Andrea Saxer Schmid aus Wohlen über Ziele, Veränderungen und die Kraft der Endlichkeit.
«Ich wusste, Krankenschwester, wie es damals noch hiess, kann ich erst mit 20 werden. Also musste ich mehrere Jahre überbrücken.» Andrea Saxer Schmid entscheidet sich für das KV auf einer Bank. «Den Abschluss machte ich dann zeitgleich mit der Aufnahmeprüfung für die Pflegeausbildung.» Sie schmunzelt bei der Erinnerung. «Dann habe ich noch ein Jahr auf der Bank gearbeitet, um etwas Geld zur Seite legen zu können.» Für das Vorpraktikum suchte sie sich eine Stelle in Davos.
Die wichtigste Beobachterin
Aber warum überhaupt Pflege? «Ich interessierte mich in jungen Jahren ebenso für die Biologie des Menschen wir für seine Psyche. Ich arbeite gerne im Team und bin kein Fan von sich stetig wiederholenden Routinen.» Auch wenn Schwärmen ein Ausdruck ist, der für Berufsbeschreibungen eher ungewohnt wirkt. Im Gespräch mit Andrea Saxer Schmid trifft er zu. Kein Tag sei wie der andere. «Und das Wichtigste: Alles, was man tut, hat einen Sinn.» Die richtige Lagerung eines Patienten könne Schmerzen verhindern. «Die Analyse eines Medikamentenspiegels verhindert unter Umständen eine schlimme Folge wie Herzinfarkt oder diabetisches Koma.» Das erlangte Wissen als Pflegefachfrau macht Andrea Saxer Schmid noch neugieriger. Sie lässt sich im Nachdiplomstudium als Expertin Intensivpflege ausbilden. «Es bedeutete eine Vertiefung des Wissens. Denn wenn man einen beziehungsweise maximal zwei Patienten in anhaltend kritischer Situation betreut, dann ist man die wichtigste Beobachterin. Man muss Fakten zu verknüpfen wissen, die einem sonst vielleicht nicht schnell genug auffallen würden.» Man sei verantwortlich für Pflege, Überwachung, Diagnostik und Therapie.
Verstärkte Kommunikation
Als zweifache Mutter gewinnt das Thema Bildung an Bedeutung. Die Studierenden im Kantonsspital Aarau (KSA) seien gerne mit ihren Fragen auf sie zugekommen. «Ich denke, sie spürten, dass ich sie ernst nehme. Dass es mir wichtig ist, ihr Wissen für ihr eigenes Handeln zu stärken.» 2014 beginnt Andrea Saxer Schmid mit dem Berufsbildner. Als sich dieser Lehrgang dem Ende zuneigt, beansprucht die Pandemie alle Kräfte. Doch Andrea Saxer Schmid findet ihren Platz. Inzwischen unterrichtet sie an der Höheren Fachschule Gesundheit und Soziales (HFGS) nicht nur Grundlagen von Physiologie und Patho-Physiologie, sie korrigiert Semesterarbeiten und ist Mentorin von 15 Studierenden. «Die Herausforderungen sind enorm. Im Vergleich zu meiner Zeit sind Patienten häufiger mehrfach erkrankt.» Durch den Grundsatz «ambulant vor stationär» würden die Aufenthalte kürzer. «Das heisst, es braucht viel mehr Kommunikation mit Institutionen wie Spitex oder Altersheime.» Als Mentorin versuche sie die Resilienz der Lernenden zu stärken. «Wenn beispielsweise eine Begegnung im Spital sie sehr beschäftigt, dann können wir diese analysieren, und falls sinnvoll, neue Strategien im Umgang mit der Person oder damit verbundenen Krankheitsbildern entwickeln.»
Es lasse sich vor der Ausbildung kaum einschätzen, was die Körperlichkeit des Pflegeberufes für einem bedeute, so Andrea Saxer Schmid. «Eine Wunde versorgen, wenn der Patient aggressiv ist, einem Kleinkind Blut abnehmen – mehr Mensch gibt es nirgendwo. Die Auszubildenden übernehmen freiwillig eine riesige Verantwortung und verdienen dafür unser aller Respekt.»
Graziella Jämsä
Dies ist ein Beitrag zum Jubiläumsanlass 20 Jahre Pflege HF. Die Höhere Fachschule Gesundheit und Soziales Aarau (HFGS) feiert am Freitag, 6. September, von 10 bis 18 Uhr an der Südallee 22 in Aarau. – Weitere Informationen: www.hfgs.ch/hfgs/veranstaltungen.