Mehr Anerkennung geht nicht
05.11.2024 Politik, SarmenstorfDie Sarmenstorferin Lilo Baur erhielt die höchste Auszeichnung der Schweiz in Bühnenkünsten
Höher hinaus geht es kaum. Lilo Baur, Schauspielerin und Regisseurin mit Wurzeln in Sarmenstorf, wurde im Theater Casino Zug riesig gefeiert.
...Die Sarmenstorferin Lilo Baur erhielt die höchste Auszeichnung der Schweiz in Bühnenkünsten
Höher hinaus geht es kaum. Lilo Baur, Schauspielerin und Regisseurin mit Wurzeln in Sarmenstorf, wurde im Theater Casino Zug riesig gefeiert.
Daniel Marti
Bei der Preisübergabe liess es Lilo Baur so richtig krachen. Sie rockte die Bühne, legte ein Tänzchen aufs Parkett, liess sich richtig feiern und genoss den tosenden Applaus sichtlich. Und dies nicht nur bei der Übergabe des so wertvollen Rings, den sie stolz an ihrem Finger allen präsentierte. Lilo Baur strahlte vor, während und nach der Preisverleihung. «Das ist ein wunderbarer Abend. Dieser Preis ist für mich eine grosse Ehre und Anerkennung für meinen Beruf», freute sie sich.
«Schweizer Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhart-Ring 2024». Dies ist der offizielle Name und dies ist die höchste Auszeichnung der Schweiz in den Bühnenkünsten. Sie wird vom Bundesamt für Kultur in Kooperation mit der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur verliehen. Mehr Anerkennung geht nicht – und die hat Lilo Baur redlich verdient. Dies betonte auch Bundesrat Ignazio Cassis in seiner Festrede. Für ihn sind Künstlerinnen und Künstler Botschafter und Brückenbauer. Dies sei umso wertvoller, weil die Schweiz von verschiedenen Gebieten und Regionen geprägt ist. Bundesrat Cassis: «Wir sind stolz auf die Impulse, die uns die Kunstschaffenden immer wieder geben.»
Es sei eigentlich unglaublich, was mit ihr und ihrer Karriere passiert sei, erklärte Lilo Baur bei ihrer herzlichen und emotionalen Dankesrede. Den grössten Dank richtete sie an die Schauspielschule Zürich. «Vor über 40 Jahren haben sie mich nicht akzeptiert, nicht aufgenommen. Danke vielmals», meinte sie mit einem Augenzwinkern. Diese Absage hat Lilo Baur neue Wege einschlagen lassen. Mit grossartigem Erfolg. Ihre grosse Karriere hat die Freiämtern dann im Ausland gemacht, überwiegend in London und Paris. Erfolge feierte sie auch in Griechenland, Spanien, Italien, Japan und Kanada.
Nun wurde Lilo Baur (endlich) in der Schweiz ausgezeichnet – und das feierte sie auch mit vielen Freunden aus Sarmenstorf.
Grosse Ehre für die Strahlefrau
Schweizer Grand Prix Darstellende Künste: Auszeichnung an Lilo Baur aus Sarmenstorf
Sie wurde mit Komplimenten überhäuft. Vom Sprachwunder bis zur Powerfrau. Das ist Lilo Baur, die mit dem Hans-Reinhart-Ring und somit mit den höchsten Ehren in der Schweizer Kunstszene ausgezeichnet wurde. Ihre Heimat Sarmenstorf feierte in Zug die erfolgreiche Regisseurin und Schauspielerin.
Daniel Marti
Ihre riesige Neugier sei für vieles massgeblich gewesen, sagte Lilo Baur an der Preisverleihung. Und natürlich das Elternhaus in Sarmenstorf. Ihr Vater habe sie schon in jungen Jahren gefragt, ob man denn vom Theater leben könne. Ja, man kann. Lilo Baur erst recht. «Es ist ein Privileg, von der Leidenschaft leben zu können. Von Tanz, Kultur und Theater», betonte sie deshalb an der Ehrung im Theater Casino Zug. Und dann streifte sie sich den Ring über. Den höchsten aller Kunst-Preise der Schweiz, der für die einzigartige Auszeichnung steht: Schweizer Grand Prix Darstellende Künste / Hans-Reinhart-Ring 2024.
Und als sie den begehrten Ring endlich am Finger trägt, füllte ihre Freude den gesamten ausverkauften Saal im Theater Casino Zug. «Kultur verbindet. Solidarität für alle», rief sie allen zu. Und die Freude ist nachvollziehbar. Wurde Lilo Baur doch die höchste Auszeichnung der Schweiz in den Bühnenkünsten übergeben. Der Preis wird vom Bundesamt für Kultur in Kooperation mit der Schweizerischen Gesellschaft für Theaterkultur verliehen.
Alt-Bundesrätin Doris Leuthard ist stolz auf ihre Cou-Cousine
Bundesrat Ignazio Cassis hielt die feierliche Ansprache. Im Publikum weilte als Ehrengast auch Alt-Bundesrätin Doris Leuthard. Sie strahlte zusammen mit ihrer Cou-Cousine Lilo. Die Mutter von Doris Leuthard ist in Sarmenstorf aufgewachsen, und so kennen sich die beiden seit jungen Jahren. Sie habe die Karriere von Lilo Baur stets verfolgt, erklärte Doris Leuthard. «Lilo Baur verdient diesen Preis und ich gönne ihr das von ganzem Herzen», sagte die ehemalige Bundesrätin. «Es ist total cool und ich bin riesig stolz auf sie.»
Mehr wollte Doris Leuthard nicht sagen, denn an diesem Abend stehe nur die so verdiente Preisträgerin im Mittelpunkt.
Gemeindeammann Mäni Baur traf endlich die Powerfrau
Auch für Mäni Baur, Gemeindeammann von Sarmenstorf, war es eine Ehrensache, bei der Preisverleihung persönlich anwesend zu sein. Ob denn der Erfolg mit dem gemeinsamen Namen etwas zu tun hat? «Nein, natürlich nicht», schmunzelte er. Die Sarmenstorfer Jahre von Lilo Baur liegen ja viele Jahre zurück. «Aber wir sind sehr stolz darauf, dass sie Sarmenstorferin ist», und dass der erfolgreiche Weg im Freiämter Dorf gestartet wurde. Er selber habe nur Erinnerung daran, wie Lilo Baur in jungen Jahren einen Estrich in eine Theaterbühne verwandelt habe, «und alle durften sich da verkleiden».
Nun wollte der Gemeindeammann die berühmte Sarmenstorferin gerne treffen, denn eine Woche nach der Bekanntgabe der Preisverleihung erwischte er sie per Handy. Und nun traf Mäni Baur die Lilo Baur in Zug persönlich. Und der Gemeindeammann ist begeistert: «Sie ist eine Powerfrau.» Gute Freundinnen sind auch Lilo Baur und Anna Hegi, die ehemalige Museumsleiterin des heutigen Schweizer Strohmuseums in Wohlen. In jungen Jahren habe Lilo schon das Rad perfekt gemacht, sagt Hegi spontan. «Und das hat sie irgendwie heute an der Preisverleihung wiederholt. Mit ihrem Schwung hat sie sofort alle gefangen.» Ein wunderbarer Vergleich. Für Anna Hegi hat sich Lilo Baur in jungen Jahren bereits stetig entwickelt. «Heute hat sie so viele Ausnahmebegabungen. Sie ist eine Weltfrau.»
Sprachwunder und Sonnenschein
Ein Frau von Welt – und das vom schönen Freiamt aus. Das freut beispielsweise auch Hans Melliger, tief drin ist er ein Sarmenstorfer, aber er ist auch mit dem Kulturtempel Sternensaal in Wohlen verwurzelt. «Lilo schaut immer wieder zu Hause vorbei, bei den Hegis und bei uns», sagt er und schätzt die Heimatbesuche der Preisträgerin. Sarmenstorf sei eben ein guter Nährboden für Freundschaften. «Sie war bei so vielen internationalen Top-Produktionen dabei und ist immer noch mit Sarmenstorf dermassen verwurzelt», erklärt Melliger, «es ist auch für uns Sarmenstorfer schön, wie sie diese Wurzeln schätzt.»
Sie sei halt ein Sprachwunder, sagt Melliger noch. «Und sie ist ein wahrer Sonnenschein», fügt Maggi Wernli an. Sie besuchte zusammen mit Lilo Baur das Lehrerseminar in Wohlen. Die Freundschaft hat bis heute gehalten. Sie spüre die grosse Freude von Lilo Baur immer wieder: «Sie tanzte schon im Semi auf den Tischen. Und sie ist heute noch jeden Tag gut drauf und voller Energie.»
«Die Ehrung war längst überfällig»
Die Gästeschar aus Sarmenstorf war in Zug gross. Und eine kennt die Preisträgerin seit dem Kindergartenalter. Dies ist Susanne Gehrig-Ruepp, sie nennt sich eine Ur-Sarmenstorferin. «Mit ihr war es immer sehr lustig, und sie war als Kind bereits sehr neugierig», blickt Susanne Gehrig-Ruepp zurück. Mit dem Erwachsenwerden trennten sich die Wege: Lilo Baur hatte ihre Karriere, Susanne Gehrig-Ruepp gründete eine Familie. Die Verbindung ist allerdings geblieben. «Und heute sehen wir uns wieder öfters», so Susanne Gehrig-Ruepp, die die Karriere ihrer Jugendfreundin stets verfolgt hat. «Diesen Preis und diese Ehre hat sie sehr verdient. In England und Frankreich feierte sie grosse Erfolge und ist deswegen aber nie abgehoben. Darum war diese Ehrung in der Schweiz schon längst fällig.»
Ein grosser Moment und ein Ehrenplatz
Lilo Baur freute sich riesig über die zahlreiche Sarmenstorfer Delegation in Zug. «Echte Freundschaft vergeht eben nie», betonte sie. Immer wieder kehre sie gerne nach Sarmenstorf zurück, ins Dorf ihrer Jugendzeit und ins Dorf ihrer Eltern. Aber es sei «verrückt», dass so viele Sarmenstorferinnen und Sarmenstorfer nach Zug gekommen sind. «Ich bin total überrascht.»
Vor der Ehrung sei sie «total nervös» gewesen, gab sie ehrlicherweise zu. Während der Ehrung hatte sie ihren Platz neben Bundesrat Ignazio Cassis. Neben ihm legte sich die Anspannung, denn Bundesrat Ignazio Cassis sei eine humorvolle Person. Das Highlight der zweieinhalbstündigen Veranstaltung war dann doch die Übergabe des Ringes. «Ein grosser Moment», gibt Lilo Baur zu und präsentierte ihren neuen Hans-Reinhart-Ring mit Stolz. Ihr Name ist selbstverständlich eingraviert. Zu Hause bekommt er dann einen besonderen Platz, sagte sie noch. Und sie werde den Ring nur zu besonderen Anlässen tragen. Ehrensache.
Vielseitige Regisseurin
Der Bericht von Jurymitglied Georges Grbic sagt sehr viel aus über Lilo Baur. Sie sei eine «Reisende über weite Distanzen und eine Liebhaberin mit grossem Herzen», heisst es im Bericht. Sie lässt sich in Paris ausbilden und erhält in England einen Schauspielpreis. Danach wechselt sie in die Regie und wandert in den 2000er-Jahren nach Frankreich weiter, wo sie 2020 mit der Nominierung für einen «Molière» gewürdigt wird. Sie wird in verschiedene europäische Länder und kürzlich nach Japan eingeladen.
«Auf ihren Reisen verliert sie nie ihre Seelenlandschaft aus dem Blick, ganz wie der kleine Prinz: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.» Es sei bemerkenswert, wie sehr Lilo Baurs Kreationen vom zentralen Thema des Liebesgefühls geprägt sind. Bei Marcel Aymé, Molière und Feydeau oder ausgehend von Ettore Scolas Filmschaffen erforscht sie die Liebe in allen ihren Zuständen. «Eifersucht und Leidenschaft, flüchtige Liebe oder politische Erpressung: Um solche Gefühlshandlungen lässt ihr theatrales Schaffen die Bilder eines europäischen Theaters entstehen.»