«Man muss es im ‹Födli› haben»
29.08.2023 Boswil, Region OberfreiamtMilitärhelikopter-Kommandant Thomas Hügli aus Boswil erzählt aus seinem Berufsalltag
Helikopterpiloten der Armee stehen an vielen Orten im Einsatz. Thomas Hügli hat in den letzten 18 Jahren in diesem Beruf viel erlebt. Und es ist immer noch sein ...
Militärhelikopter-Kommandant Thomas Hügli aus Boswil erzählt aus seinem Berufsalltag
Helikopterpiloten der Armee stehen an vielen Orten im Einsatz. Thomas Hügli hat in den letzten 18 Jahren in diesem Beruf viel erlebt. Und es ist immer noch sein Traumberuf. Situationen, in denen es knapp wurde, gab es. Aber auch sehr emotionale und schöne Momente.
Susanne Schild
«Ein Flug in den frühen Morgenstunden oder bei Sonnenuntergang im Gebirge. Das Spiel mit dem Licht und dem Schnee. Das hat schon etwas Mystisches. Da wird einem die Schönheit der Momente zwischen Himmel und Erde dann so richtig bewusst.» 18 Jahre ist Thomas Hügli bereits Militärhelikopter-Pilot. 2005 wurde er brevetiert. Doch etwas anderes zu machen, käme für den mittlerweile 42-Jährigen nicht infrage. «Es macht mir immer noch grossen Spass und Freude.»
Verantwortung für jeden Flug
Die Faszination zur Fliegerei war bei Thomas Hügli bereits als Kind vorhanden. «Mit zwölf Jahren stand für mich fest, dass ich es zumindest versuchen wollte.» Die Fliegerei war in seiner Familie sozusagen omnipräsent. Sein Vater war ebenfalls Militärhelikopter-Pilot, wechselte dann aber zu einer Airline.
«Mit 30 Jahren habe ich mir ebenfalls die Frage gestellt, ob ich beim Militär bleiben möchte oder als Linienpilot zu einer Airline wechseln soll.» Er entschied sich für das Bleiben.
Aktuell ist er Geschwader-Kommandant in Alpnach, fliegt selbst den Super Puma und einen Eurocopter EC 635. Sechs Pumas und fünf Eurocopter zählt sein Geschwader. Zwei Staffeln mit je zehn Berufsmilitärpiloten und zehn Milizmilitärpiloten hören auf seine Befehle. «Ich habe für jeden Flug die Verantwortung», sagt er. Mittlerweile besteht seine Tätigkeit nur mehr zu einem kleineren Teil aus Fliegen. «60 Prozent leiste ich einen Bürojob, der aus Planungsverantwortung und Führungstätigkeit besteht.»
Profihandballer oder Pilot?
«Es gibt verschiedene Sektionsschritte für Militärpiloten. Während dieser Zeit spielte ich noch aktiv Handball in Suhr. Damals musste ich mich entscheiden, ob ich Profihandballer werden wollte oder Pilot. Beides wäre nicht gegangen.» Thomas Hügli entschied sich für den Beruf des Piloten. Er durchlief die vierjährige Ausbildung zum Militärpiloten. Neben körperlichen und psychologischen Eignungstests, die bestanden werden müssen, sei die fliegerische Begabung wichtig. Talent müsse man auch zum Fliegen haben, das sei wie bei allem im Leben. «Wir Piloten sagen: ‹Man muss es im Födli haben›, was heisst, dass man es spüren muss.» Das räumliche Vorstellungsvermögen ist wichtig. Situationen muss man schnell und richtig erfassen, um schnell reagieren zu können. Was man sieht, muss man umsetzen können. «Realisieren, entscheiden und nicht lange überlegen. Eigentlich ist die Fliegerei ganz simpel: «Man will einfach nicht abstürzen.»
Brenzlige Situationen gibt es überall im Leben
«Situationen, in denen es knapp wird, gibt es. Doch Angst hatte ich noch nie. Ich spiele nie mit dem Gedanken, dass etwas passieren könnte. Passieren kann einem im Leben überall etwas.»
Fliegen bei schlechtem Wetter, bei Nacht, bei starkem Wind und im Hochgebirge sei herausfordernd. «Da stösst man manchmal schon an das Leistungslimit.» Auch komplexe Missionen, in denen mehrere Helikopter gleichzeitig im Einsatz sind, seien nicht einfach.
«In solchen Momenten heisst es, dass wir uns hundertprozentig auf unsere Kollegen verlassen können und gleichzeitig Vertrauen in unsere Vorbereitungen und Fähigkeiten haben. Das macht den Beruf so spannend und abwechslungsreich, dass ich nichts anderes machen möchte.»
Der Porsche unter den Helikoptern
Die Schweizer Luftwaffe verfüge über sehr gut qualifizierte Mitarbeitende. «Sie ist klein, aber fein.» Leiste viel mit wenig Personal. Seit dem Ukraine-Krieg sei die Gesamtarmee im Umbruch. «Wir richten uns auf den Verteidigungsfall aus.» Deshalb seien Investitionen wie die Beschaffung der F-35 nötig. «Dadurch sind wir top modernisiert und auch international auf einem Top-Niveau.»
Die Helikopterflotte sei für die täglichen Operationen gut aufgestellt. «Für den Verteidigungsfall sind diese weniger ideal.» Deshalb gebe es Pläne, die noch nicht konkretisiert seien, den Super Puma langfristig zu ersetzen. «Irgendwann in den 30er-Jahren wird dieser sein Lebensende erreichen.» Thomas Hügli würde selbst gerne den Kampfhelikopter Apache AH 64 fliegen. «Die Schweizer Armee hat diesen leider nicht. Er ist sehr wendig und agil. Er gefällt mir zudem einfach optisch. Für mich ist er der Porsche unter den Helikoptern.»
Nur die Geschwindigkeit ist kein Reiz
Rein flugtechnisch sei das Fliegen eines Helikopters anspruchsvoller als das eines Jets. Da sei es vor allem die Geschwindigkeit, die fordere. Als Airline-Pilot fliege man teilweise stundenlang geradeaus, für ihn auch weniger spannend. «Was das Richtige für einen ist, muss jeder selbst entscheiden.» Mit dem Helikopter könne man in der Luft stillstehen, könne irgendwo landen und starten. «Das macht das Fliegen für mich interessant.» Und weiter: «Wenn man erst einmal im Cockpit sitzt und die Reaktionen des Hubschraubers auf die Bewegungen der Steuerelemente spürt, sieht die Welt ganz anders aus. Dann weiss man: Jetzt habe ich eine Herausforderung vor mir, die ich unbedingt meistern will. Und das ist dann ein schönes Gefühl und treibt einen weiter an.»