Letzte Wünsche erfüllen
26.09.2025 Thema, Region Unterfreiamt, NiederwilVortragsabend zum Thema Palliative Care im Reusspark Niederwil
Zum Leben gehört auch der Tod. Dies thematisiert der Reusspark mit dem Motto «heiwärts». Passend dazu wurde in dieser Woche die Palliative Care in den Vordergrund gerückt. Fachpersonen ...
Vortragsabend zum Thema Palliative Care im Reusspark Niederwil
Zum Leben gehört auch der Tod. Dies thematisiert der Reusspark mit dem Motto «heiwärts». Passend dazu wurde in dieser Woche die Palliative Care in den Vordergrund gerückt. Fachpersonen berichten, wie sie mit Menschen umgehen, die unheilbar krank sind.
Chregi Hansen
Dass sich ausgerechnet ein Geriatriezentrum unter dem Motto «heiwärts» intensiv mit dem Thema Tod beschäftigt, das kommt nicht bei allen gut ab. «Ich habe einige böse Rückmeldungen erhalten», sagt Direktor Urs Bosisio. Dabei gehört der Tod zum Reusspark. Viele Bewohner und Bewohnerinnen stehen an ihrem Lebensende, viele sind schwer krank. Sterben soll darum kein Tabuthema sein.
Das gilt insbesondere auch dann, wenn Menschen unheilbar krank sind, Der Reusspark versteht sich als Kompetenzzentrum für Palliative Care. Alle Bewohnerinnen und Bewohner, die von einer lebensbedrohlichen oder chronisch fortschreitenden Erkrankung betroffen sind, sollen die Pflege erhalten, welche die bestmögliche Lebensqualität unterstützt und belastende Begleitsymptome lindert. Zudem verfügt der Reusspark über ein Hospiz. «Aber es ist nicht so, dass unsere Bewohner vor dem Tod jeweils ins Hospiz wechseln müssen. Sie sollen in ihrem gewohnten Umfeld sterben können», betont Karin Rippstein.
Von wegen Tabuthema
Die Fachexpertin Palliative Care im Reusspark berichtet zusammen mit mehreren Kolleginnen und Kollegen, wie das Team betroffene Bewohner und Bewohnerinnen auf ihrem letzten Weg begleitet. Und das Thema stösst auf Interesse, der Saal ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. «Unsere Fachvorträge kommen immer gut an», freut sich Esther Kuster, welche den Anlass organisiert hat. Vielleicht ist das Motto «heiwärts» gar nicht so schlecht gewählt, wie einige finden. «Wir alle in diesem Saal sind unterschiedlich. Aber etwas haben wir gemeinsam. Wir müssen alle einmal sterben», macht Rippstein deutlich.
Das Leben in seiner letzten Phase würdevoll gestalten, dies ist das Ziel der Palliative Care. «Wir wollen den Tod weder beschleunigen noch verzögern. Es geht um die Verbesserung der Lebensqualität», erklärt die Expertin. Dies könne aber durchaus Einfluss haben auf den Krankheitsverlauf. Die Verminderung und Vermeidung von Schmerzen sei dabei nur ein Aspekt. «Wir kümmern uns um den ganzen Menschen. Es geht nicht nur um physische und psychische Aspekte, sondern auch um soziale, kulturelle und spirituelle Bereiche», führt Rippstein weiter aus. «Und wir bejahen das Leben, wissen aber, dass das Sterben zum Leben gehört.»
Palliative Care sei eine komplexe Aufgabe. Und darum ist im Reusspark nicht nur die Pflege involviert, sondern alle Abteilungen. Sei es das Küchenteam, das ein letztes Mal etwas Leckeres auf den Teller zaubert. Die Sozialberatung, welche sich um finanzielle Probleme kümmert und damit für Entlastung sorgt. Die Freiwilligen, welche den Betroffenen vor dem Tod nochmals schöne Erlebnisse ermöglichen. Oder auch die verschiedenen Therapien. Beispielsweise der Einsatz der Aromapflege, den Romy Wüthrich vorstellt.
Positive Erinnerungen wecken
«Ätherische Öle können Linderung bringen, aber auch positive Erinnerungen wecken», erklärt sie am Vortragsabend. Im Pflegealltag werden die Düfte und Öle ganz unterschiedlich eingesetzt. Sie helfen gegen Angstgefühle, können Stimmungen aufhellen, Schmerzen lindern, wirken aber je nachdem auch gegen Mundtrockenheit – ein Problem, von dem viele in dieser Phase des Lebens betroffen sind. «Wichtig ist der Austausch mit den Betroffenen. Was bei dem einen wirkt, kann bei jemand anderem genau das Gegenteil auslösen», so Wüthrich. Je nachdem, ob man einen Duft als positiv oder negativ abgespeichert hat.
Auch Klänge und Rhythmen haben Einfluss auf den Menschen. Darum ist die Musiktherapie schon länger ein wichtiges Angebot im Reusspark. Manuel Bannwart singt mit den Bewohnern, das kann Emotionen wecken. «Es macht auch nichts, wenn es im Sommer Weihnachtslieder sind», sagt er. Oder er setzt seine Musikinstrumente ein, um Schwingungen zu erzeugen, welche für Entspannung sorgen. Dann kann Bannwart oft beobachten, wie sich Herzschlag und Atmung beruhigen. Auch wenn die Betroffenen sich nicht mehr artikulieren können, erhält er so Rückmeldungen.
Liebevoller Blick zurück
Ebenfalls eingebunden in das Konzept der Palliative Care sind die beiden Seelsorger, welche der Reusspark angestellt hat. Auch hier hat sich viel verändert, wie der reformierte Pfarrer Steffen Gröhl berichtet. «Früher kam der Seelsorger kurz vor dem Tod zu den Sterbenden. Für die letzte Ölung, das Gebet oder die Beichte. Da ging es auch viel um Symbolik», erklärt er.
Heute begleiten er und seine katholische Teamkollegin die Sterbenden während der ganzen Prozesses, führen viele Gespräche, schauen mit ihnen auf das Leben zurück. Und das ganz unabhängig von Konfession und Glaube. «Wir wollen den Menschen helfen, einen liebevollen Blick auf ihr Leben zu werfen. Das kann helfen, Frieden zu finden», so Gröhl.
Die letzte Zeit vor dem Tod würdevoll gestalten, diese Aufgabe betrifft den ganzen Reusspark. Aber ganz besonders das Hospiz. «Wir kümmern uns um Menschen, die unter einer fortgeschrittenen, unheilbaren und lebensbedrohlichen Krankheit leiden», erklärt Heimärztin Silvia Brims Koponen. Die Ursachen können unterschiedlich sein, «aber in drei Viertel der Fälle geht es um Krebs», führt sie aus. Ziel des Teams sei es, dass die Betroffenen nicht leiden müssen auf ihrem letzten Weg. Da könne es schon mal vorkommen, dass ein Medikament wegfällt, weil die Nebenwirkungen unangenehm sind. Dank der engen Zusammenarbeit des medizinischen Teams mit allen Beteiligten können eine ganzheitliche Pflege und persönliche Betreuung garantiert werden. «In diesem Bereich hat sich in den letzten Jahren enorm viel entwickelt. Heute geht man viel mehr auf die Bedürfnisse der Patienten ein», weiss die Ärztin mit Schwerpunkt Palliativmedizin aus Erfahrung.
Sehenswerte Ausstellung
Parallel zum Vortragsabend wird im Reusspark eine Bilderausstellung eröffnet. Bewohnerinnen und Bewohner wurden nach ihren letzten Wünschen gefragt. Entstanden sind dabei berührende Aussagen und persönliche Einblicke, die in künstlerisch gestalteten Collagen festgehalten wurden. Die Ausstellung zeigt, dass diese Wünsche ganz unterschiedlich sein können. Während einer nochmals eine Reise machen will, hoffte ein anderer bloss, dass er bis zum Tod hier bleiben kann. Was einem in der letzten Lebensphase wichtig ist, das ist für jeden und jede anders. Gut darum, dass die Pflege heute darauf Rücksicht nimmt.