Lesung im intimen Rahmen
28.11.2023 WohlenStubengeschichten des Sternensaals fanden, nach zwei Jahren Corona-Pause, im gewohnten Rahmen statt
Sechs Gastgeber, die ihre Bekannten zur Lesung zu sich nach Hause einladen, so gestaltet sich das Konzept Stubengeschichten. Die Autoren und Autorinnen wissen im Vorfeld ...
Stubengeschichten des Sternensaals fanden, nach zwei Jahren Corona-Pause, im gewohnten Rahmen statt
Sechs Gastgeber, die ihre Bekannten zur Lesung zu sich nach Hause einladen, so gestaltet sich das Konzept Stubengeschichten. Die Autoren und Autorinnen wissen im Vorfeld nicht, welche Lokalität und wer sie erwartet. Die Schriftstellerin Seraina Kobler war im Glashaus in Sarmenstorf zu Gast.
Der Sternensaal verwandelte sich in einen Ort der Vorfreude. Organisator Andreas Weber begrüsste die sechs Schriftsteller und erklärte ihnen das weitere Vorgehen. «Die Gastgeber holen euch hier ab und bringen euch auch wieder zurück. Die Länge der Lesung könnt ihr bestimmen.»
Wegen Corona mussten in den letzten zwei Jahren die Stubengeschichten im Sternensaal als Geschichtenstube durchgeführt werden. Dieses Jahr nun konnten der Schweizer Buchpreisträger 2023 Christian Haller, Kathrin Burger, Dominik Oppliger, Nathalie Schmid, Rebekka Salm und Seraina Kobler ihre Bücher im gewohnten Rahmen bei ihren Gastgebern vorstellen.
Passende Umgebung für ihr Buch
Seraina Kobler wurde von Käthy Melliger abgeholt und nach Sarmenstorf in ihr wunderschön dekoriertes und liebevoll eingerichtetes Treibhaus gefahren. Dort empfingen sie Hans Melliger und rund zwanzig weitere Gäste. «Die Location passt genau zu meinem Buch», freute sich Kobler. Bevor die Lesung begann, stellte Hans Melliger die Autorin vor. Seraina Kobler wurde in Locarno geboren und wuchs in Zürich auf. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Journalistin unter anderem bei der NZZ und dem «Tages-Anzeiger». 2020 veröffentlichte sie ihren ersten Roman «Regenschatten». 2021 folgte ein zum Ambiente der heutigen Lesung passendes Sachbuch. Es trägt den Titel «Die schönsten Wald- und Wiesensträusse der Schweizer Landfrauen». 2022 folgte der erste Teil der Krimiserie um die Seepolizistin Rosa Zambrano. «Tiefes dunkles Blau» war lange auf den Bestsellerlisten vertreten. Zu Gast ist Seraina Kobler mit ihrem zweiten Rosa-Zambrano-Fall. Er trägt den Titel «Nachtschatten». «Sie beschreibt sehr detailliert und sie kann Zürich. Ein richtiger Zürihegel», so Melliger am Ende seiner Vorstellung. An diesem Abend las Seraina Kobler nicht nur, sondern sie gewährte Einblicke in ihr Schaffen, was die Anwesenden in ihren Bann zog. «Die Bücher der Zambrano-Reihe schrieb ich in einem kleinen Wäschehaus mitten im Zürcher Niederdorf beim schwarzen Garten. Dort hat auch Gottfried Keller Teile seines Buches ‹Der grüne Heinrich› geschrieben», erklärt Kobler. Sie nutze einen solchen Rückzugsort, um sich aufs Schreiben zu konzentrieren.
Während ihrer Lesung beschreibt sie ihre Protagonisten sehr genau. Rosa Zambrano lebt im Niederdorf in einem Häuschen mit Garten, das sie von Nelly, einer alten Dame, geerbt hat. Diese alte Frau hat sie bis zu deren Tod begleitet und gepflegt. Auch Männer gibt es in Rosas Leben. Da ist zum Beispiel ihr Ex-Freund Leo, der sich wieder in ihr Leben drängen möchte, oder ihre aktuelle Flamme Martin, der etwas jünger ist, aber unentschlossen in der Liebe.
Den Frauen die Luft rauben
Dann ist da der Schiffseigner Manfred Engler. Sein Boot ging in Flammen auf. Beim Brand gab es eine weibliche Leiche. Engler ist ein schmieriger Typ, der seine Frau Eleonor dominiert. Diese unternahm einen Selbstmordversuch, sie schluckte Schlaftabletten und ging ins eiskalte Wasser. Zu ihrem Leid wurde sie durch Rosa gerettet. Zum Schluss beschrieb Seraina Kobler explizit, was auf dem Schiff vorgefallen war, wie es zum Brand und zum Mord im Hafen Enge kam. Die Zuhörer klebten förmlich an ihren Lippen.
Nach der Lesung stellte eine Zuhörerin fest, dass in den Büchern die Männer immer den Frauen die Luft zum Atmen rauben. Seraina Kobler war das gar nicht so bewusst, aber sie bestätigte das und versprach, im dritten Band Rosas Kollegen Richi einen speziellen Platz auf der guten Seite zu geben. Eine weitere Frage drehte sich um die Vorgehensweise beim Schreiben. «Einige Autorenkollegen haben eine Mindmap und arbeiten so extrem strukturiert. Ich nehme Eindrücke und Stimmungen auf und setze sie irgendwann zusammen. Meine Vorgehensweise ist eher chaotisch», erklärt Kobler. --gro