«Lernen, weniger zu verbrauchen»
08.10.2024 Bünzen, Region OberfreiamtAusblick auf die Grossratswahlen: Interview mit Rita Müller, Kandidatin der Grünen, aus Bünzen
Wer von der Atomkraft weg will, muss sich etwas einfallen lassen. Und Rita Müller will das auch möglich machen. Sie kandidiert auf Listenplatz drei ...
Ausblick auf die Grossratswahlen: Interview mit Rita Müller, Kandidatin der Grünen, aus Bünzen
Wer von der Atomkraft weg will, muss sich etwas einfallen lassen. Und Rita Müller will das auch möglich machen. Sie kandidiert auf Listenplatz drei für die Grünen.
Thomas Stöckli
Ihre Gemeinde Bünzen, wo sie Gemeinderätin sind, hat neu Plakatierungen für Wahlen und Abstimmungen offiziell verboten. Patricia Frey will dazu wissen: Was sind die Gründe für diesen Entscheid und ist dies nicht ein Einschnitt in unsere demokratischen Rechte?
Rita Müller: Der Hauptgrund war, dass Plakate angezündet wurden und es eine riesige Sauerei gab. Auf Wiesen am Strassenrand haben Autos einen Schlenker gemacht und Plakate umgefahren. Ich verstehe den Entscheid, die Plakatierung zu verbieten, bin aber nicht glücklich darüber. Ja, ich finde, dass es sicher fraglich ist.
Woher kommt Ihr Interesse an der Politik?
Das kam schleichend. Wenn mich etwas persönlich interessiert hat, begann ich mich einzusetzen. Das waren zuerst vor allem sozialpolitische Themen. Wenn man schon abstimmen darf, sollte es selbstverständlich sein, dass man es auch tut. Irgendwann merkt man dann, wie spannend es sein kann, sich mit politischen Themen zu befassen.
Der Aargau gilt als Energiekanton. Was ist Ihr persönlicher Beitrag zur Energiewende?
Aus ethischen Gründen verzichte ich seit vielen Jahren auf Fleisch und um dem Altkleiderwahnsinn entgegenzutreten, trage ich praktisch nur Secondhandkleider. Soeben haben wir das Haus der Schwiegereltern umgebaut. Da haben wir nicht gespart und eine Solaranlage für Strom und Warmwasseraufbereitung realisiert. Ich fliege nie in die Ferien – aber es zieht mich auch nicht in die Ferne. Wir müssen lernen, weniger zu verbrauchen. Es hat mich erschreckt, dass trotz drohender Energieknappheit im letzten Winter der Stromverbrauch nicht reduziert wurde. Das zeigt mir, dass der Strom immer noch zu billig ist.
Und was halten Sie von Windrädern auf dem Lindenberg?
Grundsätzlich sind wir Grünen dafür. Wenn wir von den Atomkraftwerken wegkommen wollen, müssen wir uns etwas einfallen lassen. Wir brauchen etwas, das auch im Winter Strom liefert. Das heisst nicht, dass ich das schön finde.
Welches globale Problem würden Sie am liebsten gelöst sehen?
Am wichtigsten finde ich den Frieden. Zuerst aus menschlichen Gründen, um das Leid der Betroffenen zu reduzieren, als Grüne darüber hinaus auch wegen der verheerenden Einflüsse, die Krieg auf die Umwelt hat. Ich kann nicht verstehen, dass Krieg geführt wird, teilweise aus Gründen, die weit zurückliegen.
Zurück zum Kommunalen: Wenn Sie könnten, was würden Sie in Ihrem Wohnort Bünzen sofort verändern und warum?
(Sie überlegt lange.) Ganz banal? Ich hätte gerne einen Wirt für unsere Dorfbeiz. Ein schwieriges Thema finde ich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade auf dem Land ist es fast nicht möglich, eine Betreuung über die ganze Woche anzubieten. Weiter haben wir ein Problem mit der Lärmbelastung rund ums Schulhaus. Wenn man da einfach einen Schalter umlegen könnte, um das zu lösen, würde ich das sofort tun.
Welche Möglichkeiten hat die Gemeinde, dagegen vorzugehen?
Wenn weitere Sensibilisierung der Akteure nicht den erhofften Erfolg bringt, müssen wir wohl eine Videoüberwachung in Betracht ziehen.
In welchem Bereich kann sich der Kanton von Bünzen eine Scheibe abschneiden?
Wir sind hier lösungsorientiert, können gut miteinander sprechen und nehmen Rücksicht aufeinander. Aber ich weiss ja nicht, wie das in Aarau ist.
Vor vier Jahren haben Sie einen Listenplatz verloren, welches persönliche Ziel haben Sie sich diesmal gesetzt?
Ich bin jetzt im Gemeinderat und politisch sichtbarer. Davon erhoffe ich mir schon, einige Stimmen mehr zu holen. Vor meiner Wahl in den Gemeinderat hätte ich nicht damit gerechnet, dass es im ersten Wahlgang reichen würde. Das ist schon eine Bestätigung.
Im nächsten Interview dieser Serie kommt Linda Meier zu Wort. Was würden Sie gerne von ihr wissen?
Ein regionales, aber vermutlich etwas heikles Thema sind ja die angedachten Windräder auf dem Lindenberg. Drum meine Frage: Wie stehen Sie zu diesen Plänen?
Persönlich
Rita Müller bezeichnet sich selbst als Familienfrau. Sie ist Mutter von vier mittlerweile erwachsenen Kindern und seit Februar Grossmutter. Daneben führt sie die Buchhaltung im Unternehmen ihres Manns, engagierte sich acht Jahre in einem Bioladen und danach nun seit drei Jahren im Gemeinderat. Lebensqualität bedeutet ihr der Garten, in dem sie für den Eigenbedarf Gemüse anbaut. Daneben bleibt ihr genug Kapazität für den Grossrat.
Die Kandidaten der Grünen
In Hinblick auf die Grossratswahlen vom 20. Oktober wird jeweils ein Kandidat oder eine Kandidatin der sechs grossen Parteien vorgestellt. Dabei kommt ein Zufallsgenerator zum Einsatz, wobei die bisherigen Grossräte ausgeschlossen sind.
Nachfolgend die Liste aller Kandidierenden der Grünen des Bezirks Muri: Lea Küng, Beinwil; Corsin Stöckli, Aristau; Rita Müller, Bünzen; Grace Räber, Muri; Michael Moos, Beinwil; Nadine Schneider, Muri; Franz Weber, Bünzen.