Leistungsfähig und innovativ
05.05.2023 Wohlen, Landwirtschaft19. Wohler Wirtschaftstreffen mit dem Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth: Thema Landwirtschaft
Die moderne Landwirtschaft gleicht einer spannenden Reise. Und sie muss sich ganz vielen Herausforderungen stellen. Da lohnt sich ein Gedankenaustausch allemal – dies ...
19. Wohler Wirtschaftstreffen mit dem Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth: Thema Landwirtschaft
Die moderne Landwirtschaft gleicht einer spannenden Reise. Und sie muss sich ganz vielen Herausforderungen stellen. Da lohnt sich ein Gedankenaustausch allemal – dies taten Vertreter aus Politik und Wirtschaft sowie Unternehmer und Gewerbetreibende.
Daniel Marti
«Wenn wir von der Wirtschaft reden, kommt einem die Landwirtschaft nicht sofort in den Sinn», erklärt Gemeindeammann Arsène Perroud in seinen Begrüssungsworten. Dies sei nicht weiter überraschend, hat sich doch die Schweiz vom Agrarstaat zum Industriestaat entwickelt. Und trotzdem muss die Landwirtschaft die Versorgung des Landes sichern – und sich mit etlichen Herausforderungen herumschlagen. Technische Mittel, die einiges kosten, müssen eingesetzt werden, die zur Verfügung stehenden Flächen werden immer knapper und die Ansprüche immer höher. Und letztlich gilt es, die Klimaveränderungen zu meistern. «Deshalb erstaunt es nicht», so Perroud weiter, «dass die Landwirtschaft oft auf der Traktandenliste der Politik steht.»
«Das wäre undenkbar gewesen»
Und das zu Recht, vor allem im Aargau. Nimmt doch die Landwirtschaft im Rüebliland-Kanton eine wichtige Stellung ein. Wie Finanzminister und Landwirtschaftsminister Markus Dieth bestätigte. Der Kanton Aargau gehört zu den Top fünf der Agrarkantone der Schweiz. 43 Prozent der Fläche des Kantons sind landwirtschaftliche Nutzf lächen und der Aargau zählt über 3000 Landwirtschaftsbetriebe, zehn davon in Wohlen. Die Wertschöpfung liegt bei rund einer Milliarde Franken.
Dieth sprach über Herausforderung und Aufgaben und Strategien rund um die Landwirtschaft. «Die Landwirtschaft muss die Ernährung der Schweizer Bevölkerung sicherstellen», erklärte er. Und vor ein paar Jahren seien die aktuellen Schwierigkeiten undenkbar gewesen. Er nannte die Gesundheitskrise wegen Covid, die Sicherheitskrise durch den Krieg in der Ukraine, aber auch einzelne Vorfälle wie die Sprengung eines wichtigen Gasnetzes. «Wir können heute nicht mehr gleich planen wie früher», folgert der Regierungsrat. Und die Herausforderungen nehmen sogar laufend zu. Er nannte das Wasser, das fehlt, oder den Klimawandel im Allgemeinen.
Es ist das Ziel des Gesamtregierungsrats, «eine leistungsfähige, umweltschonend produzierende und auf die Ernährungssicherheit ausgerichtete Landwirtschaft zu fördern». Dies schafft Mehrwert für die Konsumenten. Und dabei könne man stets auf die Landwirte zählen. «Wenn man den Bauern erklärt, dass eine Neuerung etwas bringt, dann setzen sie das auch um.»
Ohne Schulden und mit viel Drive
Mit der Strategie Landwirtschaft Aargau 2030 und dem Landwirtschaftlichen Zentrum Liebegg, «das verstärkt als Drehscheibe zwischen Forschung, Konsumenten und Produzenten wirken soll», ist der Aargau laut Regierungsrat Dieth in einer guten Ausgangslage. Kommt hinzu, dass der Aargau finanziell gut dasteht. «Der Kanton Aargau ist per 2023 schuldenfrei», freut sich Dieth, der auch Finanzminister ist. Und in der Kasse seien 800 Millionen Franken. Dies auch, um in der Landwirtschaft auf Herausforderungen reagieren zu können. «Das ist doch beruhigend», so Dieth.
Keine Ahnung von der Politik …
Das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg sei tatsächlich mit «viel Drive unterwegs», bestätigte Matthias Müller seinen Chef. Müller ist Abteilungsleiter Landwirtschaft Aargau. Und der muss sich all den Strategien und Forderungen stellen. «Der Bund verlangt von uns, dass wir rund 25 bis 30 Prozent mehr Kalorien produzieren, und das am liebsten mit weniger Aufwand», so Matthias Müller, der damit einen Zielkonflikt genannt hat. Und diese Konflikte gibt es in der Landwirtschaft gleich mehrfach. Zudem gibt es einen regelrechten Kampf um die Fruchtfolgeflächen und Biodiversitätsförderf lächen – und gebaut wird in der Schweiz auch ständig. Weiter gibt es im Aargau rund 3000 Kilometer Gewässer, und vieles davon soll wieder an die Oberfläche gelangen. «Das mindert die Fruchtfolgeflächen.»
Die Bauern müssen sich laut Müller ganz vielen Strategien anschliessen. «Und der Chef sagt, dass wir alle Strategien umsetzen müssen.» Damit meint er den Regierungsrat. Er selber habe von der Politik keine Ahnung, erklärt Müller schmunzelnd, «darum arbeite ich in der Verwaltung». Letztlich wollen aber alle eine «innovative Landwirtschaft mit eigener Ernährungssicherheit».
14 Prozent für die Landwirtschaft
Mit der Strategie Landwirtschaft Aargau 2030 sollen zehn sogenannte Leuchttürme verfolgt werden. Einer dieser Leuchttürme ist das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg. «Dieses sollte künftig eine starke Rolle spielen.» Die Biodiversität, die Vernetzung, das Wassermanagement sind weitere Leuchttürme. «In der Schweiz haben wir beim Wasser ein Verteilproblem, darum müssen wir unseren Verbrauch überdenken», sagt Müller. Und deshalb müsse es eine übergeordnete Strategie geben, die auch den Verbrauch regelt.
Und beim Wassermanagement gehen grosse Teile der Bevölkerung von falschen Annahmen aus. Die Landwirtschaft braucht eher weniger Wasser, als viele denken und meinen. «Nur 14 Prozent des Wasserverbrauchs fliessen in die Landwirtschaft», stellt Matthias Müller klar. Der grösste Anteil beim Wasserverbrauch geht in die Industrie und in die Haushalte.