Kelch geht zurück nach Baden
26.05.2023 Hägglingen, Region UnterfreiamtVortrag und Besichtigung des Hägglinger Kirchenschatzes
Der gebürtige Hägglinger und zuletzt in Baden tätige Pfarrer Hans Geissmann hat seinen Priesterkelch der Kirchgemeinde Hägglingen vermacht. In einem feierlichen Akt wurde das kostbare ...
Vortrag und Besichtigung des Hägglinger Kirchenschatzes
Der gebürtige Hägglinger und zuletzt in Baden tätige Pfarrer Hans Geissmann hat seinen Priesterkelch der Kirchgemeinde Hägglingen vermacht. In einem feierlichen Akt wurde das kostbare Stück als Dauerleihgabe ins Kirchenschatzmuseum Baden zurückgebracht.
Im Rahmen der Veranstaltungsserie «Offenes Pfarreihaus» der Kirchgemeinde Hägglingen war die Bevölkerung eingeladen, der offiziellen Übergabe beizuwohnen. Doch die katholische Kirchenpf lege und der Arbeitskreis Dorfgeschichte nutzten die Gelegenheit dafür, auch die eigenen Kirchenschätze wieder einmal zu zeigen.
Die Hägglinger Kirche wurde anno 1036 erstmals geschichtlich erwähnt und im Laufe der Jahrhunderte immer wieder umgebaut und erweitert. 1831, als Dottikon dem Pfarrkreis Hägglingen zugeteilt wurde und die Kirche auf einmal mehr Leute fassen musste, wurde das Kirchenschiff über der bestehenden Strasse nach Westen hin erweitert und es entstand der Tunnel, der unter der Kirche hindurchführt und bis heute eine Einzigartigkeit darstellt. Doch das Bauwerk birgt noch mehr Spezialitäten. So viele, dass es sogar einen eigenen kantonalen Kunstführer besitzt.
Vieles leider zerstört
Im ersten Teil des Abends durften die Besucherinnen und Besucher in den Kirchenbänken Platz nehmen. Toni Imbach, Mitglied des Arbeitskreises Dorfgeschichte, erklärte anschaulich die Figuren und Bilder der drei Altare sowie den Taufbrunnen und wies mit dem Zeigefinger grinsend nach oben. Nicht zum Herrn, sondern an die Decke: «Jetzt müssen Sie sich ein bisschen den Nacken verrenken.» Er erörterte die gepf legten Malereien hoch oben unter dem Dach, gab Auskunft über deren Entstehung und Künstler und erwähnte, dass im Laufe der Zeit wie an vielen anderen Orten leider auch hier immer wieder schöne Gegenstände entfernt und vernichtet wurden.
Im Anschluss durften die Anwesenden das angrenzende Heiligtum, die Sakristei, betreten. Hier befinden sich die originalen, gut erhaltenen und eindrücklichen Fresken – einer der Gründe, weshalb die Hägglinger St.-Michaels-Kirche denkmalgeschützt ist. Imbach erwähnte vergangene Epochen und ihre Bauweisen (Renaissance, Gotik, Barock) und sorgte mit seinem Freud’schen Versprecher – Romantik statt Romanik – für einen durchaus passenden Lacher. Die wertvollen Wandbilder, sogenannte Fresken, waren zeitweise übermalt und bei einer Renovation 1951 wieder aufgedeckt worden. Das Abendmahl ist ebenso zu sehen wie die einzelnen zwölf Apostel, Christus am Ölberg sowie die heilige Madonna.
Viel Ehrfurcht spürbar
Danach begab man sich ins Pfarrhaus, wo bereits die prunkvollen Altargegenstände aufgestellt worden waren, die normalerweise im Tresor der Sakristei lagern. Es glänzte und glitzerte nur so, und manch ein Eintretender hielt wohl kurz den Atem an. Toni Imbach zeigte auf das grösste Stück und erklärte: «Die Régence-Monstranz ist das prachtvollste Exemplar in unserer Sammlung. Sie wurde 1720 von Hans Jakob Läublin aus Schaffhausen angefertigt.» Auf diesen Schatz sei man besonders stolz. Für die Monstranz hatte man anno dazumal 600 Gulden bezahlt, was heute 14 000 Franken wären. Ebenso ausgestellt waren eine Wettersegen-Monstranz sowie zwei goldene Kelche und eine silberne Messgarnitur, alles aus dem 18. Jahrhundert (Louis XVI.).
Mitorganisatorin Bea Geissmann hatte die Ehre, die Gegenstände herumzuzeigen, auf dass das Publikum einen detaillierten Augenschein nehmen könne. Besonders die Régence-Monstranz erforderte einen kleinen Kraftakt. «Ich erstarre gerade ein bisschen in Ehrfurcht», lachte Geissmann beim vorsichtigen Anheben der kostbaren Stücks.
Der gebürtige Hägglinger Hans Geissmann war als Pfarrer zuletzt in Baden tätig. Er ist im vergangenen Jahr verstorben und hat der Kirchgemeinde Hägglingen seinen Priesterkelch vermacht, der ihn seit seiner Weihe 1963 begleitet hat. Die Kirchgemeinde Baden verfügt über eine grosse Sammlung an Altargegenständen, Stola, Roben, Tüchern, Wappen, welche sie in einem kleinen Museum ausstellt. Hanspeter Neuhaus, Kustos des Badener Kirchenschatzmuseums, war anwesend und gab Einblick in seine Ausstellung. «Wir sind sehr stolz, dass wir von allen Modeströmungen Gegenstände bei uns haben. Die liturgische Mode seit dem Mittelalter ist bei uns lückenlos abgebildet.»
Als Dauerleihgabe nach Baden
So wundert es nicht, dass die Badener letztes Jahr bei der Kirchenpflege Hägglingen anfragten, ob man den Priesterkelch von Hans Geissmann in die Sammlung übernehmen dürfe. Man darf. Als Dauerleihgabe ist der Hägglinger Kelch fortan in Baden zu sehen. Der entsprechende Vertrag wurde am selbigen Abend von Teofil Gadola, Hägglinger Kirchenpf legepräsident, und Hanspeter Neuhaus unterzeichnet. --sp