«Jemand muss es ja machen»
17.11.2023 WohlenIn eine ruhigere Zukunft
An der 120. Generalversammlung des FC Wohlen wurde Tacheles geredet
110 Stimmberechtigte sind im Casino dabei. Der FC Wohlen konnte an der GV keinen neuen Präsidenten präsentieren. Aber einen Plan.
...In eine ruhigere Zukunft
An der 120. Generalversammlung des FC Wohlen wurde Tacheles geredet
110 Stimmberechtigte sind im Casino dabei. Der FC Wohlen konnte an der GV keinen neuen Präsidenten präsentieren. Aber einen Plan.
Stefan Sprenger
In der letzten Saison stellte der FC Wohlen 36 Teams. Die 592 (!) Spielerinnen und Spieler trainierten und spielten total 250 000 Minuten lang Fussball. Es sind immense Zahlen, die aufzeigen, wie hoch der Stellenwert des FC Wohlen ist.
Die letzten Monate waren nicht einfach. Turbulent. Ein Durcheinander. Die AG hat Schulden in der Höhe von 300 000 Franken. Dazu hat der Verein ein Strukturproblem. Und das nicht erst seit Mike von Wyl vor wenigen Wochen als Präsident zurückgetreten ist.
Durch die GV führte Vizepräsident Jürgen Frömberg. Er machte das auf lockere und gleichzeitig seriöse Art und Weise. Auch André Richner – der genau vor einem Jahr als Verwaltungsratspräsident ausstieg – kam zu Wort. Er ist wieder im FCW-Boot und will mithelfen, die Probleme anzupacken. Er informierte auch über den Stand der Dinge bezüglich der Aktiengesellschaft des FC Wohlen. Diese soll bald liquidiert werden. Damit verschwindet dieser «Klotz am Bein», für immer. Die gute Nachricht: Der FC Wohlen kann die AG auflösen und darf die Liga halten. Dies wurde vom Verband bestätigt. Zudem wird das Budget um rund ein Viertel gekürzt. Wenn alles in die Bahnen gelenkt wurde und etwas Ruhe einkehrt, wird auch der neue Präsident vorgestellt. Der FCW hat einen Plan.
120. Generalversammlung des FC Wohlen – Zuversicht trotz schwierigen Zeiten
Es geht vorwärts. Es gibt gute Nachrichten. Doch es gibt auch noch viel zu tun. Der FC Wohlen stellt die Weichen für die Zukunft. Angesichts der Übergangsphase lässt sich aber (noch) kein Präsident finden.
Stefan Sprenger
Wohl selten wurde eine FCW-Generalversammlung so locker und mit Sprüchen gespickt geführt wie jene am Mittwochabend im Casino Wohlen. Angesichts der schwierigen Situation tat diese Lockerheit vielleicht gut. Vizepräsident Jürgen Frömberg ist eine heitere Seele. Er stellt sich den 110 Stimmberechtigten zu Beginn als Vorstandsmitglied (seit 2015) vor – und als Trainer der FCW-Senioren. «Sorry, Spielertrainer, da lege ich Wert drauf», wie er lachend meint.
Zusicherung vom Verband: FCW müsste nicht in 5. Liga
Die Lockerheit bei der Begrüssung ist dann schnell verschwunden. André Richner, der vor genau einem Jahr als Verwaltungsratspräsident der FC Wohlen AG zurücktrat, informiert über den Stand der Dinge. Das Loch in der Kasse der AG beträgt 300 000 Franken. «Ziel ist es, die AG sauber zu schliessen, zu liquidieren», so Richner. An der GV der AG nächste Woche müssen das die Aktionäre erst bewilligen. Er sei «guten Mutes», dass dies klappt. Doch bevor man die AG liquidieren kann, müssen zuerst die Schulden getilgt werden. «Wir unternehmen aktuell alles Mögliche, damit dies gelingt. Ich bin mir sicher, die AG wird nicht Konkurs gehen, wir schaffen das», so Richner. Im nächsten Sommer – sobald die Saison vorbei ist – soll die AG des FC Wohlen endgültig Geschichte sein.
Ein Problem gibt es aber: Bei einer Auf lösung der AG muss die erste Mannschaft in der 5. Liga neu starten – bis jetzt zumindest war dies so. Doch das hat sich nun geändert. Die Zentralkommission des Schweizerischen Fussballverbandes reagiert auf einen Antrag von Richner innerhalb von nur wenigen Tagen. «Zackig» sei das gegangen. Antwort: «Auch wenn wir die AG auflösen, können wir in der 1. Liga classic bleiben.» Gute Nachrichten in schwierigen Zeiten.
«Nicht optimal, um sich diesem Amt zu stellen»
Denn Richner spricht es gleich selbst an. Die groben Strukturprobleme beim FC Wohlen. «Es braucht eine klare Strategie. Es braucht neue Kräfte im Vorstand. Und es braucht einen neuen Präsidenten.» Nach dem Rücktritt von Mike von Wyl vor rund zwei Monaten benötigt der FCW ein neues Oberhaupt. Es gebe Kandidaten, aber angesichts der angespannten finanziellen Lage ist dieses Amt aktuell ein (zu) heisses Eisen. Vizepräsident Frömberg erklärt: «Die Zeiten sind turbulent gewesen. Wohl nicht wirklich optimal, um sich diesem Amt zu stellen.» Im neuen Jahr sollen der neue Präsident und auch neue Vorstandsmitglieder präsentiert werden.
Gesamtbudget wird um ein Viertel gekürzt
Richner erklärt dann weiter: «Wir müssen wegkommen von den hohen Ansprüchen aus den Challenge-League-Zeiten. Das ist bislang nicht gelungen. Wir müssen uns neu besinnen und in den nächsten Wochen neu aufstellen und eine Strategie erarbeiten.» Und man muss die Kosten in den Griff bekommen. Ab der Saison 2024/25 soll das Gesamtbudget um ein Viertel gekürzt werden. Heisst: Von aktuell 950 000 Franken (AG und Verein) zu neu 700 000 Franken. «Was in der Vergangenheit passiert ist, das ist nicht schön. Aber ich hoffe, der FC Wohlen ist auf dem Weg in eine schöne Zukunft.»
Nach Richners Rede übernimmt wieder Frömberg das Mikrofon. «Man spürt, dass bei ihm noch das FCW-Herz brennt», meinte er über Richner. Frömberg will niemand zu nahe treten, aber «wegrennen ist keine Option». Der Vorstand – bestehend aus vier Personen – trage den aktuellen Prozess mit. Denn: «Jemand muss es ja machen.» Und – auch wenn es anstrengend ist – «ich und wir vom Vorstand machen es gerne für euch alle und zum Wohl des FC Wohlen». Nebst Frömberg sind auch noch Isabelle Räss (Marketing und Recht), Jasmin Hochstrasser (Anlässe) und Miguel Ferrao (Spiko) im Vorstand des FCW.
Minkwitz verlässt FC Wohlen
Unter den rund 125 anwesenden Personen sind auch die Ex-Präsidenten Andy Wyder oder René Meier, Vereinslegende Pietro Vedovato hört gespannt zu und auch Francesco Buragina, früherer Spitzenschiedsrichter, lässt sich die GV nicht entgehen. Es wird an der GV angekündigt, dass Geschäftsstellenleiter Ronny Minkwitz den FC Wohlen per Ende Januar verlassen wird. Diese Stelle wird wieder besetzt.
Der Mittelteil der GV ist «business as usual», grösstenteils. Gregi Trovato und Giusi Aurilio von der Sportkommission sprechen über den Spitzen- und Breitensport. «Aktuell sind 14 eigene Junioren im Kader der ersten Mannschaft», sagt Trovato. Aurilio spricht die Höhepunkte an, beispielsweise die Siege im Aargauer Cup der A- und D-Junioren. Und den Triumph der Frauen. «Absolut stark», meint Aurilio – und es gibt Applaus. Die 25 Teams im Breitensport sind dafür da, «Freude am Fussball zu haben». Dies geht aber manchmal verloren, weil es zum Teil zu ambitionierte Trainer und zu fordernde Eltern hat. «Es gibt immer wieder Reibungspunkte. Die Kinder sind eigentlich nie das Problem», erklärt Aurilio und appelliert an ein freundliches Miteinander.
Adi Büchler – der trotz Demission aus dem VR die Finanzen übernahm und an der GV noch verabschiedet wurde – präsentierte dann die Rechnung der letzten Saison (2022/23). Total 370 000 Franken wurden eingenommen und fast genau so viel ausgegeben. «Der FCW hat einen Gewinn von 83 Franken erzielt», sagt er. Büchler macht noch ein spannendes Beispiel, wieso manche Kosten immer grösser werden. «Die Farbe, um die Linien auf den Fussballplätzen zu markieren, kostet 10 000 Franken pro Saison.» Das Budget für die Saison 2023/24 wird vorsichtig erstellt. Angesichts der Liquidation der AG könnte sich da noch einiges ändern im Laufe der Monate. Die budgetierten Kosten liegen bei 330 000 Franken. Die vorgesehenen Einnahmen bei 340 000 Franken.
«Was ist mit den E-Scootern?»
In der Fragerunde werden diverse Dinge angesprochen. «Was ist Leistungssport genau?», wollte jemand wissen. «Wie steht es um die Problematik mit den E-Scootern rund um die Niedermatten?» war eine andere Frage. Und zum Schluss wird die zuerst knappe (und etwas unklare) Abstimmung zur Erhöhung der Mitgliederbeiträge bei den Frauen, der 3. Mannschaft und den Senioren um 50 Franken (von 350 auf neu 400 Franken) nochmals wiederholt. Und dieses Mal war es eine klare Sache und wurde angenommen.
Vizepräsident Jürgen Frömberg sprach noch das 120-Jahr-Jubiläum im nächsten Jahr an. Dann sollte die Welt beim FC Wohlen etwas schöner aussehen. Nach 1,5 Stunden war die 120. Generalversammlung des FC Wohlen durch. Und die Hoffnung auf Besserung gross.