In Vollmontur um den See
13.10.2023 WohlenHallwilerseelauf mal anders
Stefan Suter läuft in Atemschutzausrüstung
Der Wohler Stefan Suter und der Atemschutzsportclub Schweiz starten morgen Samstag am Hallwilerseelauf im Walking über die Halbmarathon-Distanz. Das Besondere: Die ...
Hallwilerseelauf mal anders
Stefan Suter läuft in Atemschutzausrüstung
Der Wohler Stefan Suter und der Atemschutzsportclub Schweiz starten morgen Samstag am Hallwilerseelauf im Walking über die Halbmarathon-Distanz. Das Besondere: Die fünf Feuerwehrleute absolvieren ihn in Vollmontur und mit Atemschutzgerät. Um die ganze Distanz von 21,1 km so überstehen zu können, benötigt es viel Planung. --jl
Der Wohler Stefan Suter und der Atemschutzsportclub Schweiz starten in Vollmontur am Hallwilerseelauf
Dass am Hallwilerseelauf auch Sportler aus dem Freiamt teilnehmen, ist keine Seltenheit. In Feuerwehr-Vollmontur und mit Atemschutzgerät sticht der Wohler Stefan Suter dabei aber eindeutig hervor. Mit seinen Kollegen vom Atemschutzsportclub Schweiz wird er die Halbmarathondistanz in Angriff nehmen.
Josip Lasic
Die Passanten, die an diesem Herbstabend in Hallwil durchspazieren, bleiben bei diesem Anblick erstaunt stehen. Fünf Feuerwehrleute marschieren in Vollmontur an ihnen vorbei. Die Geräusche, die dabei zu hören sind, erinnern an «Darth Vader» aus der «Star Wars»-Filmreihe. Denn das Quintett trägt auch Atemschutzgeräte. Brennt es irgendwo? Plötzlich bleiben die fünf Männer einer nach dem anderen bei einer Gruppe Menschen stehen. Ein kurzer Wechsel der Hochdruckflasche, ein Schluck Wasser und weiter geht es im Eiltempo.
Die Szene gehört nicht zu einem Löscheinsatz der Feuerwehr, sondern zum Training des Atemschutzsportclubs Schweiz (ASSCS). In dieser Ausrüstung werden der Wohler Stefan Suter und seine Kollegen morgen Samstag den Hallwilerseelauf bestreiten. Sie starten in der Walking-Kategorie über die Halbmarathon-Distanz. Und der Austausch der Atemschutzgeräte und Pressluftflaschen muss, vergleichbar mit einem Boxenstopp bei einem Formel-1-Rennen, möglichst schnell und reibungslos über die Bühne gehen, damit keine Zeit verloren geht.
Den eigenen Rekord knacken
Neben dem Wohler Stefan Suter gehören auch Marco Zobrist, Florian Wettstein, Patrick Suter und Roman Bühler zum Team des Atemschutzsportclubs Schweiz. Und ihr Ziel ist nichts anderes als der Weltrekord. Mit 3 Stunden und 21 Minuten hielt ein Feuerwehrmann aus Neuseeland den Rekord über die Halbmarathondistanz in einer kompletten Brandschutzausrüstung. Am Aargauer Halbmarathon im März konnten gleich drei Mitglieder des Vereins diese Marke unterbieten. Der neue Rekord liegt bei 3:10.27. Marco Zobrist hält ihn. «Ziel ist, dass wir unsere eigene Zeit noch einmal unterbieten», sagt ASSCS-Präsident Florian Wettstein. «Und wir haben von einem kanadischen Feuerwehrmann gehört, der schneller gewesen sein soll. Wir wollen sichergehen, dass der Rekord bei uns bleibt. Dafür wird alles schön säuberlich mit Videokameras dokumentiert und dem Guinness-Buch der Weltrekorde weitergeleitet, damit die das auswerten können.»
Stefan Suter geht nicht davon aus, dass er derjenige sein wird, der den Weltrekord knackt. «Mein Ziel ist, unter vier Stunden ins Ziel zu kommen und den einen oder anderen langsameren Läufer vielleicht zu überholen», gibt er sich bescheiden. Mit seinen 54 Jahren ist der Wohler allerdings auch der Oldie im Team. «Seine Erfahrung und seine Vernunft sind für uns aber unverzichtbar», sagt Wettstein.
Detailliert durchgeplant
Die fünf Sportler sind sich einig, dass die Psyche die grösste Herausforderung bei den Wettkämpfen ist, die sie in Vollmontur bestreiten. Die komplette Brandschutzausrüstung wiegt über 26 kg. Ausserdem ist die Hitze in der Feuerwehrkleidung riesig. «Wir haben quasi eine eigene Ganzkörpersauna mit dabei», sagt Suter lachend. Es ist also besonders herausfordernd, durchzuhalten bis zum Ende. Bei aller mentalen Stärke kommt man irgendwann aber trotzdem auch an die körperlichen Grenzen. Und damit die Wettkämpfe nicht daran scheitern, braucht es eine minutiöse Planung.
Suter erklärt, dass nur schon das Laufen in Feuerwehrstiefeln nicht zu unterschätzen ist. «Die sind nicht für grössere Distanzen gedacht. Zu Beginn haben wir uns Blasen an den Füssen geholt, wie man es noch nie gesehen hat. Mittlerweile haben wir die Füsse geschützt. Unter den Stiefeln tragen wir Damenstrümpfe, spezielle Socken und weitere Dinge, die vor solchen Blasen schützen.» Im Quartier des ASSCS zeigt der Wohler eine Karte, auf der die Posten eingetragen sind, wo es einen Gerätewechsel gibt während des Laufs. Überall ist fein säuberlich notiert, welche Distanz zum nächsten Posten zu bestreiten ist, welche Pressluftflasche benötigt wird und welchen Proviant die fünf Feuerwehrleute dort zu sich nehmen. «An gewissen Stellen am Hallwilersee kommt man nicht gut heran. Dort mussten wir dann längere Etappen einplanen bis zum nächsten Flaschenwechsel. Und da braucht es manchmal mich als ‹alten Sack›, der den anderen sagt, dass man in diesen Teilen der Strecke etwas Tempo rausnehmen muss und dann an anderer Stelle erst wieder anziehen.» Die Vorbereitung verlasse durch solche Planung schon langsam ein wenig den Bereich des Amateursports und gehe in den halbprofessionellen Bereich hinein. «Denn irgendwann reicht es nicht mehr aus, einfach nur loszulaufen.»
Das erste Mal mit Frau am Start
Seit einem Jahr gibt es den ASSCS als Verein. Ein weiterer solcher Club ist den Feuerwehrleuten nicht bekannt. «Die meisten anderen, die solche Wettkämpfe bestreiten, tun das als Einzelpersonen», erklärt Wettstein. Sie als Verein sind schon den Prime-Tower hochgestiegen, waren schon letztes Jahr am Hallwilerseelauf und haben auch einen weiteren Weltrekord aufgestellt. Am härtesten Vertikalrennen der Welt, dem «Stairways to Heaven», konnten sie eine neue Bestmarke von 4261 Stufen setzen. Und das, obwohl sie selten miteinander trainieren können. «Wir sind alle Offiziere in der Feuerwehr und haben noch einen Beruf nebenbei», sagt Wettstein. Suter: «Aber jeder von uns weiss, dass er individuell trainieren muss. Sonst spürt er es schnell.»
Er, der Geschäftsführer der Asteam AG in Wohlen ist, eines Unternehmens für Atemschutztechnik, hat deshalb auch die «AS-Fit-Wohlen» ins Leben gerufen. Eine kleine Atemschutz-Trainingsgruppe. Mit der Wohlerin Astrid Rey wird jetzt zum ersten Mal auch ein Mitglied dieser Gruppe in Vollmontur am Hallwilersee antreten. Allerdings «nur» im Erlebnislauf.
«In Turnschuhen und nicht mit so viel Ehrgeiz, da wir in dieser Gruppe auch nicht auf eine solche Intensität hintrainieren», erklärt Suter. Aber der Atemschutzsport kriegt weiblichen Zuwachs. Und vielleicht wird der ASSCS noch attraktiver, wenn am Hallwilerseelauf ein weiterer Rekord fallen sollte.



