Immer wieder Nein
29.12.2023 WohlenPolit-Rückblick aufs Jahr 2023: Die Grüngutgebühr wurde zum fünften Mal verworfen
Das Thema holt Wohlen immer wieder ein. Das Resultat ist stets das gleiche. Die Grüngutgebühr wird an der Urne verworfen. Dieses Mal wollte der Gemeinderat den ...
Polit-Rückblick aufs Jahr 2023: Die Grüngutgebühr wurde zum fünften Mal verworfen
Das Thema holt Wohlen immer wieder ein. Das Resultat ist stets das gleiche. Die Grüngutgebühr wird an der Urne verworfen. Dieses Mal wollte der Gemeinderat den Entscheid am Volk vorbeiführen – das funktioniert mit der SVP nicht. Das Referendum kam problemlos zustande, der Sieg der Volkspartei ebenfalls.
Daniel Marti
Viermal Nein. Deutlicher geht es kaum. So urteilte das Wohler Stimmvolk in der Vergangenheit zu einer Grüngutgebühr. 1996, 2004, 2008, 2013 stellte der Gemeinderat die Frage zur Einführung einer Grüngutgebühr. Der Nein-Anteil schwankte zwischen 62 und 70 Prozent. Vier verschiedene Varianten, wie die Abfallbewirtschaftung kostendeckend finanziert werden könnte, wurden dem Volk vorgelegt. Alle wurden abgeschmettert – auch wenn die Wohler Abfallentsorgung gesetzeswidrig ist.
Viermal Nein. Trotzdem: Der fünfte Anlauf erfolgte im Jahr 2023. Und wie immer stemmte sich die SVP dagegen. Wie immer mit einem Referendum. Mit Erfolg.
Nein-Anteil sogar steigend
Am 18. Juni 2023 gab es nur 1239 Ja-Stimmen, diese standen 2155 Nein-Stimmen gegenüber. 36,5 Prozent zu 63,5 Prozent. Der Nein-Stimmen-Anteil ist gegenüber der letzten Grüngutgebühr-Abstimmung im Jahr 2013 sogar wieder gestiegen, von 62 auf 63,5 Prozent.
Die Diskussionen und Debatten bestimmten das Wohler Polit-Geschehen während sieben Monaten. Die erste Warnung folgte bereits Anfang Dezember 2022. Vor der entscheidenden Einwohnerratssitzung. «Sollte sich im Einwohnerrat tatsächlich eine Zustimmung zur Grüngutvorlage abzeichnen», sagte SVP-Parteipräsident Roland Büchi, «zeigt das klar, dass diverse Parteien immer noch nicht erkannt haben, was der Volkswille ist. Die SVP ist sich ihrer Rolle bewusst und wird ihre Wähler auch diesmal nicht enttäuschen.»
Mit Weihnachtsgrüssen unterwegs
Der Einwohnerrat stimmte für die Vorlage. Einen freiwilligen Gang vors Volk wollten Gemeinderat und eine Mehrheit des Einwohnerrates nicht. Die SVP müsse halt zur Weihnachtszeit auf die Strasse und Unterschriften sammeln, tönte es aus dem Dorfparlament ein wenig höhnisch. Diese Provokation war nicht nötig. Die SVP tat das, was sie bei der geplanten Einführung der Grüngutgebühr immer machte. Sie ergriff das Referendum, ging auf die Strasse, sammelte Unterschriften, selbst an Weihnachten. Einwohnerrat Renato Hübscher klopfte fast im Alleingang an so manche Tür, warb für das Referendum, übermittelte die besten Weihnachtsgrüsse – und heimste gerade noch Sympathie ein.
Auch die Botschaft für Weihnachten und Neujahr war klar: Die Volkspartei sieht es als ihre Pflicht an, dafür besorgt zu sein, dass die Bevölkerung von neuen Gebühren und Steuererhöhungen verschont bleibt. Über 1300 Unterschriften konnten am 9. Januar 2023 eingereicht werden. Da war schon klar: Diesen Vorsprung konnten die anderen Parteien, inklusive Gemeinderat, kaum mehr einholen.
Gespür fürs Volk verloren
Die Abstimmungsschlacht war emotional – wie immer in Wohlen, wenn es um die Einführung einer Gebühr fürs Grüngut geht. Kommt hinzu, dass die daran gekoppelte Haushaltgebühr auf grossen Widerstand stiess.
Alle anderen Parteien haben sich zusammengeschlossen. Alle gegen die SVP. Auch das funktioniert bei diesem Thema eben nicht. Viele Parteigänger anderer Parteien schlossen sich beim Urnengang dem Willen der Volkspartei an.
Der Sonntag, 18. Juni, sah deshalb nur einen Sieger. Und Parteipräsident Roland Büchi konnte seinen traditionellen Satz hervorholen: «Der Gemeinderat hat das Gespür fürs Volk verloren. Wie immer gingen alle gegen die SVP vor, dabei sind wir die einzige Partei, die für den Bürger und die Bürgerin schaut.»
Als fairer Verlierer zeigte sich der Sprecher des Parteienzusammenschlusses, Matthias Angst, Einwohnerrat und Präsident der Grünliberalen. «Die Wohler Stimmbevölkerung hat ein deutliches Nein in die Urne gelegt. Damit wird die Abfallregelung leider nicht besser, aber immerhin auch nicht schlechter.»
Einführung, nicht Finanzen
Nein, Nein, Nein, Nein, Nein. Das ist die deutliche Bilanz aller Grüngutabstimmungen in Wohlen. Praktisch alle Varianten wurden jetzt an der Urne durchgespielt. Und der stets unterlegene Gemeinderat dürfte gemerkt haben, dass sein Begehren chancenlos ist. Eine Variante ist vielleicht noch prüfenswert: Das eigene Grüngut wägen und verrechnen, das wäre konsequent und verursachergerecht und keine Mogelpackung wie bisher.
Oder noch ein letzter Tipp: Die Grüngutgebühr war für den Gemeinderat in der Vergangenheit immer eine Finanzvorlage, im Jahr 2023 erst recht. Und das wollte die Bevölkerung nicht. Bei der verursachergerechten Grüngutentsorgung geht es eigentlich in erster Linie um die Einführung. Vielleicht sollte einmal das Gewicht auf dieses Wort gelegt werden: Dann könnte es eventuell für eine Grüngutvorlage grünes Licht geben. Aber wohl erst in ein paar Jahren, denn zuvor will der Gemeinderat die Hände von dieser Sache lassen. Wenigstens damit liegt er richtig.