Im Kreativen Kraft schöpfen
31.03.2023 WohlenDie Wohlerin Brinda Bose bietet Flüchtlingen Kunstkurse an
Sie wollte einen Beitrag leisten für die Flüchtlinge in der Region. Und bot darum Kreativkurse an. Erwartet hat Brinda Bose viele Kinder. Gekommen sind aber viele Frauen aus der Ukraine. «Es ...
Die Wohlerin Brinda Bose bietet Flüchtlingen Kunstkurse an
Sie wollte einen Beitrag leisten für die Flüchtlinge in der Region. Und bot darum Kreativkurse an. Erwartet hat Brinda Bose viele Kinder. Gekommen sind aber viele Frauen aus der Ukraine. «Es ist beeindruckend, was sie hier leisten», findet die Wohler Künstlerin und Verlegerin.
Chregi Hansen
Zehn Personen – Kinder, Jugendliche und erwachsene Frauen – sind an diesem Abend um den grossen Tisch versammelt. Auf diesem türmen sich verschiedene Arten von Papier, Zeichenstifte, Farbkästen, Bastelmaterial und Vorlagen. Konzentriert arbeiten alle an ihren Werken, nur ab und zu fragt jemand nach Hilfe oder sucht vielleicht eine bestimmte Farbe. Ansonsten sind alle im Zeichnen versunken, entstehen ganz verschiedenartige Werke.
Als Einzige der Gruppe nicht ruhig ist Brindarica Bose, von allen nur Brinda genannt. Sie schaut bei allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen vorbei, gibt Tipps, demonstriert eine besondere Technik, lässt sich die Ergebnisse zeigen. «Schau, dass die Baumkrone oben heller und unten dunkler ist», rät sie einem der Kinder auf Deutsch. Einer ukrainischen Frau macht sie auf Englisch deutlich, wie sie die gewünschte Farbe zusammenmischen kann. Vor allem aber lobt und motiviert sie, bei einigen auch nur mit Händen und Füssen. «Nicht alle können Englisch oder Deutsch, zum Glück helfen die Teilnehmenden beim Übersetzen», erklärt sie.
Vor allem Flüchtlinge aus der Ukraine dabei
Brinda Bose hat ein Herz für Migranten. Sie stammt selbst aus Indien, lebt aber schon seit einigen Jahren hier in Wohlen. Schon früher gab sie, die selbst künstlerisch tätig ist, Kreativkurse, beispielsweise an der Migros-Klubschule. Sie nahm letztes Jahr an einem Treffen der Fachstelle Integration im Freiamt teil, welche nach Freiwilligen suchte, die verschiedene Angebote für Flüchtlinge anbieten. «Ich hab mir überlegt, wie ich helfen kann. Geld spenden kann ich nicht. Aber ich kann Zeit zur Verfügung stellen. Und mein Wissen über Kunst», erzählt sie. Und so öffnet sie seit letztem Sommer jeden Dienstag ihr Kunstatelier für Flüchtlinge.
«Ich habe damit gerechnet, dass sich einige Kinder melden. Es kommen aber vor allem Frauen aus der Ukraine. Teilweise mit ihren Kindern zusammen», erzählt Bose. 10 bis 15 Teilnehmende sind es jeweils. Manche kommen immer, manche nur ab und zu. Seit Kurzem sind ab und zu auch sogenannte UMAs, also unbegleitete minderjährige Asylbewerber, dabei, die in Villmergen untergebracht sind. «Man hat mich gefragt, ob ich auch dort Kurse geben kann, aber das wäre mir zu viel. Schön, dass einige von ihnen nun den Weg nach Wohlen finden», sagt die Leiterin des Ateliers.
Nicht über die Situation zu Hause reden
Sie freut sich, dass sie diesen Menschen eine Freude machen kann. «Sie können für kurze Zeit ihre Sorgen vergessen, in ihre Fantasie abtauchen und aus der Kreativität Kraft gewinnen», erzählt Bose. Der Krieg in der eigenen Heimat, die Flucht und die nagende Ungewissheit, sie sind hier für anderthalb Stunden weit weg. Es gebe zwar kein Verbot, über die eigene Situation zu sprechen, aber die meisten würden von sich aus darauf verzichten. Trotzdem spüre man immer, wie es den Flüchtlingen geht – und das sei sehr verschieden. «Letztlich aber soll die Teilnahme Spass machen. Darum stellen wir uns immer mal wieder neue Aufgaben, gehen auch mal draussen malen oder probieren neue Techniken aus», so die Kursleiterin.
Ehrenamtliches Engagement
Ihr Einsatz ist ehrenamtlich, die Integrationsstelle übernimmt die Kosten für die Raummiete und beteiligt sich an den Materialkosten. Brinda Bose selbst stellt aber auch viel Material aus dem eigenen Fundus zur Verfügung. Sie tut das gerne. «Ganz ehrlich. Wenn ich am Dienstag nach 8½ Stunden Arbeit nach Hause komme, fühle ich mich manchmal fast zu müde für den Kurs. Sobald aber die Teilnehmenden hier sind und ich die Freude in ihren Gesichtern sehe, ist die Müdigkeit verschwunden», erzählt sie. Vor allem den Kontakt zu den ukrainischen Frauen schätzt sie, hier sind teilweise Freundschaften entstanden. Umgekehrt bewegt sie das Schicksal der Kinder und Jugendlichen. «Ich möchte mit meiner Arbeit als Vorbild wirken. Jeder und jede hat die Möglichkeit, einen kleinen Beitrag zu leisten, damit es den Flüchtlingen in der Schweiz besser geht. Es reicht, etwas Zeit zur Verfügung zu stellen.»
Schon viele weitere Ideen
Von den Werken ihrer Teilnehmerinnen ist Brinda Bose begeistert. «Einige haben ganz viel Talent», hat sie erkannt. Einige der Werke sollen jetzt auf Postkarten gedruckt und später am Wochenmarkt verkauft werden. Auch eine Ausstellung schwebt ihr im Kopf vor. Sie will sich jedenfalls weiter einsetzen für diese Menschen, auch wenn sie eigentlich genug um die Ohren hat. «Ich muss es jetzt tun. Es gab Phasen in meinem Leben, da hatte ich ganz viele Ideen, aber keine Energie. Jetzt bin ich einfach gestartet, hab mich in den Ozean gestürzt und schaue, was passiert», lacht sie. Und rennt schon wieder los, um neue Farben zu holen.
Morgen Anlass in der Bibliothek
Brinda Bose ist nicht nur Künstlerin und Kursleiterin, sie hat vor drei Jahren auch einen eigenen Verlag gegründet: Bose Creative Publishers. Der Verlag hat sich zum Ziel gesetzt, kreative Mitwirkende für ein Buch zusammenzubringen und weniger Privilegierte beim Buchverkauf zu unterstützen. Der Verlag arbeitet eng mit verschiedenen Gruppen von Künstlern und Schriftstellern zusammen, insbesondere mit der SHE-Gruppe. Dabei handelt es sich um ein Forum von über 45 Frauen indischer Herkunft mit unterschiedlichen beruf lichen Hintergründen aus 10 Ländern, die ehrenamtlich tätig sind. Ziel ist zum einen die Realisation von Büchern, aber auch der Verkauf. Zudem wird ein Teil des Erlöses für karitative Zwecke gespendet.
Morgen Samstag, 1. April, 15 Uhr, stellt Brinda Bose ihren Verlag und einige der veröffentlichten Bücher in der Bibliothek Wohlen vor. Mit dabei sind auch einige der Mitautoren und Mitautorinnen. So stellt Ruth Weljatschek die «Sketching Diaries» vor, spricht Debjani Dutta über das Buch «Indian Grandmas Secret Recipes», in dem indische Grossmütter ihre besten Kochrezepte verraten, erzählen Pirmin Breu und Srijit Bose ihre besten Geschichten aus dem Buch «Wanderlust» und präsentieren Abhilasha Kumar und Rejina Sadhu das Konzept von «SHE Book». Natürlich stehen die vorgestellten Bücher auch zum Verkauf bereit.
Die Vorträge werden teilweise in Deutsch und teilweise in Englisch gehalten. Der Nachmittag schliesst mit einem Apéro. Es wird um Anmeldung gebeten unter gemeindebibliothek@wohlen.ch.