Im freien Fall
31.10.2023 Fussball, SportFussball, 1. Liga classic: SV Muttenz – FC Wohlen 4:1 (0:0)
Das Gute: Der FC Wohlen erzielt wieder mal ein Tor. Ansonsten nehmen die Freiämter wenig Positives aus dem Baselbiet mit. Der Abwärtstrend geht weiter. Aus den letzten fünf Pflichtspielen gab ...
Fussball, 1. Liga classic: SV Muttenz – FC Wohlen 4:1 (0:0)
Das Gute: Der FC Wohlen erzielt wieder mal ein Tor. Ansonsten nehmen die Freiämter wenig Positives aus dem Baselbiet mit. Der Abwärtstrend geht weiter. Aus den letzten fünf Pflichtspielen gab es gerade mal ein Unentschieden.
Josip Lasic
Die beiden Goalies Joël Bonorand und Cedric Künzli sowie Abwehrspieler Edison Golaj sind nach dem Spiel auf dem Weg zum Teamcar. Dass der FC Wohlen wieder verloren hat, geht ihnen sichtlich nahe. Sie unterhalten sich darüber, was in den 90 Minuten zuvor passiert ist. Irgendwann informiert sich Bonorand darüber, wie das Spiel auf Aussenstehende gewirkt hat. Haben sie auf dem Feld das Geschehen anders wahrgenommen als die Zuschauer? Haben sie nicht. Der FCW spielt über weite Strecken gut mit gegen Aufsteiger Muttenz. Aber in den ersten zehn Minuten nach der Halbzeitpause und den letzten zehn Minuten vor dem Ende stehen die Freiämter komplett neben sich und werfen das ganze Spiel weg.
Die erste Halbzeit ist schnell erzählt. Wohlen ist zu Beginn etwas wackelig, steht aber danach vor allem defensiv sehr stabil. Offensiv können beide Teams wenig Akzente setzen. Die grösste Chance hat Noel Romano, vergibt sie aber etwas fahrlässig. In der zweiten Hälfte geht es den Wohlern zu Beginn zu schnell. 51. Minute. Foul von Djordje Komatovic an einem Muttenz-Spieler im Strafraum. Penalty. 1:0 für den Gastgeber. Drei Minuten später. Konter Muttenz. 2:0. Immerhin gelingt Patrik Gjidoda in der 58. Minute der Anschlusstreffer. «Wir hatten über eine halbe Stunde Zeit, das Spiel noch zu drehen. Ich war mir auch sicher, dass uns das noch gelingt», sagt Edison Golaj. Tatsächlich drückt Wohlen nach dem 1:2 auf den Ausgleich, spielt wieder besser. Doch je länger das Spiel dauert, desto schwerer tun sich die Freiämter. In der 86. Minute führt wieder ein Konter der Gastgeber zum 3:1. Und drei Minuten später – ein weiterer Konterangriff – zum 4:1. «Nach dem dritten Gegentor war bei uns die Luft raus», so Golaj.
Die Höchststrafe für Ivo Candé
Dass der SV Muttenz insbesondere zu Hause sehr torgefährlich ist, hat er in dieser Saison mehrfach bewiesen. Der FC Muri und der FC Köniz haben im Baselbiet jeweils sechs Gegentreffer kassiert. Solothurn gar sieben. Dennoch wirkt es erschreckend, wie einfach der Aufsteiger zu seinen Toren kommt. «Manchmal frage ich mich, ob uns auch einfach die Qualität fehlt», sagt Wohlen-Trainer Piu. «Aber die erste Halbzeit habe ich mir ja nicht eingebildet. Auch die Phase nach dem Anschlusstor nicht. Wir haben auch mehrere Spieler im Team, die ihre Qualität schon nachgewiesen haben, sogar in höheren Ligen. Daran kann es nicht liegen.» In der Tat wirkt es so, als hätten die Freiämter zwar Qualität in der Mannschaft, aber als würden die Rädchen auf dem Feld nicht ineinandergreifen. Bestes Beispiel: Ivo Candé. Der Portugiese ist eigentlich Spieler des FC Aarau und nur an den FC Wohlen ausgeliehen. Als ihn Piu nach rund einer Stunde einwechselt, wirkt der 19-Jährige zwar motiviert, aber mit dem Stellungsspiel komplett überfordert. So sehr, dass sich der FCW-Trainer 20 Minuten später für die Höchststrafe für einen Fussballer entscheidet. Candé, der zuvor für Bijan Dalvand ins Spiel kam, wird wieder ausgewechselt und durch Justin Pfister ersetzt. Kurz zuvor hat die Aarau-Leihgabe mit einem Fehlpass das 3:1 für Muttenz eingeleitet. «Es ist hart für ihn», sagt Piu. «Aber er fand überhaupt nicht ins Spiel. Ich musste ihn permanent dirigieren. Das geht auf diesem Niveau nicht. Wenn ich Leute einwechsle, dann nicht, damit sie ein wenig mitspielen, sondern weil ich mir erhoffe, dass sie uns helfen, Punkte zu holen. Davon war er weit entfernt.»
Ergebnisse schlagen auf die Laune
Ratlosigkeit macht sich breit beim FC Wohlen. Aus zwölf Spielen hat man erst elf Punkte geholt. Nur noch vier Zähler trennen die Freiämter von den Abstiegsrängen. Die letzten drei Pflichtspiele hat man verloren. Den letzten Punkt hat das Team Anfang Oktober gegen Courtételle geholt. Den letzten Sieg gab es Mitte September gegen Langenthal. Der Abwärtstrend muss irgendwie gestoppt werden. Und niemand scheint zu wissen, wie.
Die Situation bedrückt auch die Spieler. «Während der Woche, in den Trainings, da ist die Stimmung jeweils noch gut. Wir sind motiviert und wollen am Wochenende zeigen, was wir können», erklärt Goalie Bonorand. «Aber wenn man dann wieder mit leeren Händen dasteht, drückt das schon aufs Gemüt.» Am nächsten Samstag, 16 Uhr, empfängt Wohlen den FC Münsingen. Die Freiämter hoffen, da das Ruder wieder rumreissen zu können, bevor sie wirklich ernsthaft in Abstiegsgefahr geraten.
Ratlosigkeit macht sich breit
Wohlen-Trainer Piu hat erneut Personalprobleme
Kerem Kursun und Leotrim Nitaj holen sich im Spiel gegen Muttenz Gelbe Karten ab. Immerhin: In beiden Fällen waren es Foulspiele. Keine Diskussionen oder Ähnliches, was den Freiämtern in jüngster Vergangenheit immer wieder Karten beschert hat. Aber: Das Duo ist im nächsten Spiel gegen Münsingen gesperrt. Ebenso Guillaume Taty, der nach seiner Tätlichkeit aus dem Mendrisio-Spiel noch weitere drei Partien aussetzen muss. Drei Defensivleute, die aussetzen müssen.
Wohlen-Trainer Piu hat aber Ideen im Kopf, wie er die Ausfälle kompensieren kann. «Es gibt Möglichkeiten, wie wir ein gutes Team aufstellen können. Zumindest, damit es auf dem Papier wie eine gute Mannschaft aussieht. Wenn wir so Fehler machen wie gegen Muttenz, ist es egal, welche Aufstellung und welches System man wählt.»
«Können nur versuchen, Spieler besser zu machen»
Der Trainer spricht dabei die Fehlpässe und Aussetzer im Stellungsspiel an, die zu den Kontern geführt haben, aus denen Muttenz erfolgreich war. «Natürlich laufen diese Aktionen auch optimal für sie. Aber ich habe die Mannschaft gewarnt, dass der Gegner gut kontern kann. Es hat nichts genutzt, wir laden sie trotzdem dazu ein.»
Der FC Wohlen ist jetzt auf Rang 12. Vier Punkte vor dem Abstiegsstrich. Wie wollen die Freiämter dort wieder rauskommen? «Mehr als weitermachen und trainieren können wir ja nicht», sagt Piu. «Wir können nur versuchen, die Spieler immer ein wenig besser zu machen. Auf dem Platz müssen sie die Leistung schon selbst bringen. Ich kann für sie keine Pässe spielen, die ankommen. Das muss die Mannschaft tun.»
Wirklich Ideen scheinen nicht vorhanden zu sein, wie der FC Wohlen auf die Erfolgsspur zurückfinden soll. Da wiegt es doppelt so schwer, dass bei den Freiämtern im nächsten Spiel erneut viele Leistungsträger aussetzen müssen. --jl