Ihn begeistern die Kinder
18.02.2025 Besenbüren, Bünzen, Region OberfreiamtRené Küng aus Bünzen ist Senior im Schulzimmer der 5. Klasse in Besenbüren
René Küng besucht die 5. Klasse von Lehrer Andreas Hess und setzt sich dazu, wenn die Schüler Mühe beim Lernen haben. Senioren im Klassenzimmer gibt es seit ...
René Küng aus Bünzen ist Senior im Schulzimmer der 5. Klasse in Besenbüren
René Küng besucht die 5. Klasse von Lehrer Andreas Hess und setzt sich dazu, wenn die Schüler Mühe beim Lernen haben. Senioren im Klassenzimmer gibt es seit einigen Jahren. Pensionierte Männer und Frauen engagieren sich freiwillig im Klassenzimmer, in Absprache mit Schulleitung und Lehrerschaft.
Verena Anna Wigger
«Ich lerne viel von den Kindern», sagt René Küng, der seit dem letzten Sommer wieder in die Schule geht. Am Donnerstagvormittag besucht er jeweils einen halben Tag die 5. Klasse in Besenbüren. Seiner Erfahrung nach ist es für «seine» Klasse wichtig, dass er regelmässig zum Unterricht geht. «Die Kinder gewöhnen sich an mich und fragen nach, wenn ich mal fehle», erzählt der fitte Senior. «Die Klasse spricht positiv auf das Setting an und nutzt die zusätzliche Möglichkeit aktiv. Die Schülerinnen und Schüler freuen sich jeweils auf Herrn Küngs Besuch», erzählt der Pädagoge. Wenn Küng sich in der Klasse bewegt, sieht er, welche Kinder bei einem Auftrag unruhig werden. Dort setzt er sich dazu. «Ich muss nichts. Ich bin einfach da.» Er spricht an und hilft bei Fragen. So kommen sie ins Gespräch. Am Anfang seien die Kinder noch zurückhaltend gewesen. Dies haben sie überwunden, «heute rufen mich die Kinder schon mal», erzählt der 67-jährige begeisterte E-Biker. Dann wollen sie auch wissen, wie alt er ist, was er macht, was er von Beruf war.
Bei Schulaufgaben half er schon früher
Früher arbeitete René Küng 20 Jahre lang als Radartechniker auf der Abschussrampe in Bettwil. Weitere 20 Jahre war er für die Luftwaffe in Emmen im Bereich Technik Drohnensysteme tätig. Schon bevor er als Senior ins Schulzimmer ging, half er manchmal den Kindern seiner Geschwister bei mathematischen Aufgaben. Angesprochen auf seine beiden Kinder, meint Küng: «Bei meinen beiden Töchtern war die Aufgabenhilfe weniger gefragt und führte schon mal zu Konflikten. Da ist man manchmal zu nah», weiss der Vater zweier Sozialpädagoginnen. «Ich denke, dass wir uns gegenseitig Raum lassen und uns sehr gut ergänzen und schätzen. Auch ich freue mich, wenn Herr Küng da ist», erzählt Andreas Hess.
Chemie zwischen Lehrer und Senior im Klassenzimmer
Am Donnerstagvormittag stehen jeweils Mathematik, Deutsch und Geschichte auf dem Stundenplan. Hier lerne er auch von den Kindern, Wortund Satzlehre zu repetieren. «Nach der langen Pause von der Schule treffe ich auch mal auf Neuland», erzählt Küng amüsiert. «Zuweilen nehme ich auch Exponate wie versteinerte Fossilien oder alte römische Münzen mit.» Dies spricht Küng, der Geschichte liebt, im Vorfeld jeweils mit dem Lehrer der 5. Klasse ab. «Dann gibt er mir auch Zeit, dies der Klasse zu präsentieren.» Die Kinder seien sehr offen und zeigen Begeisterung für diese Themen, freut sich Küng. Was Andreas Hess bestätigt.
Überhaupt sei es wichtig, dass der Lehrer und der Senior im Klassenzimmer sich sympathisch seien und die Chemie stimmt. Andreas Hess kennt er schon aus der Schulzeit seiner Töchter. Dies mache ihm die Arbeit im Klassenzimmer einfacher. «Ich weiss, wie er funktioniert.» Alle profitieren von dieser enorm wichtigen Freiwilligenarbeit – die Schule, die Klasse, die einzelnen Schüler und Schülerinnen sowie die Lehrperson. Küng gefällt, wie Hess die Klasse führt. Dies hat ihm auch den Einstieg erleichtert. Er war auch schon probehalber bei einer anderen Klasse, da kannte er den Lehrer nicht. «Da war es für mich schon unsicherer», erinnert sich Küng. Es gefällt ihm einfach, für die Kinder da zu sein ohne eine Verpflichtung oder Verantwortung.
Er hilft, wo Hilfe benötigt wird
Im Gegensatz zu Klassenassistenzen, welche separate Aufträge ausführen und dafür die Verantwortung tragen, bilden Senioren, die ehrenamtlich unterrichten, eine persönliche Ergänzung. Küngs grösste Freude ist es, mit den Kindern zu arbeiten, ohne zu müssen. «Ich bin frei.» Steht ein Sondereinsatz an, wie zum Beispiel eine Herbstwanderung mit der ganzen Schule oder ein Gepäcktransport, ist René Küng unkompliziert dabei. «Er hilft als Begleitperson bei Veloausflügen, beim Orientierungslauf, beim Bräteln oder beim Autofahren mit», ergänzt Andreas Hess.
Warum Senioren im Klassenzimmer sind
René Küng hatte schon immer Spass daran, mit Kindern zu arbeiten, dies ist auch seiner Frau Ruth bewusst. Als sie in der Zeitung las, dass Senioren für das Klassenzimmer gesucht werden, empfahl sie ihm, sich zu melden. Die Arbeit mit den Kindern inspiriert ihn auch mal zum privaten Rekognoszieren einer Ausstellung, um abzuklären, ob dies etwas für «seine» Klasse wäre. Jeden weiteren Schritt bespricht er vorab mit Andreas Hess. Dieser sagt über seinen Senior im Klassenzimmer: «René Küng schenkt uns seine Zeit, seine Aufmerksamkeit und bereichert uns mit seinem Erfahrungswissen. Mit seiner zurückhaltenden Art ist er präsent, hilft unaufgeregt, weiss intuitiv, wo es ihn gerade braucht. Er fügt sich wunderbar ins Klassengeschehen und in den Unterricht ein. Er ist flexibel, offen, neugierig und ganz wichtig: Er interessiert sich für das Lernen der Kinder.»
Ihnen beiden ist bewusst, dass ein Senior im Klassenzimmer auch zum Störfaktor werden kann, wenn er zu aktiv oder forsch ist. Doch die Zusammenarbeit von Küng und Hess findet auf Augenhöhe statt. Hess sagt: «René Küng kann gut auf die Kinder eingehen und hilft oder fragt mit authentischem Interesse.»
Ob er tatsächlich eine Entlastung für den Lehrer sei, darüber ist sich Küng nicht sicher. Nach seinem Gutdünken gehe es mehr darum, dass Junge auch erleben, was sie von älteren Menschen profitieren können. Darin sieht der Senior im Klassenzimmer den Mehrwert seines Einsatzes. Andreas Hess sagt dazu: «Die Bandbreite der Schülerinnen und Schüler mit individuellen Bedürfnissen ist sehr gross. Da ist die niederschwellige Unterstützung durch eine zusätzliche Person im Klassenzimmer sehr willkommen. Die Beziehungsvertiefung zwischen den Generationen ist ein zusätzliches Lernfeld für die Schülerinnen und Schüler.» Das ganze Arrangement sei schon «normal» und trotzdem sei es ihm bewusst, «dass diese wertvolle Arbeit nicht selbstverständlich ist. Deshalb kann nicht von Belastung, sondern von Bereicherung gesprochen werden.»