«Ich zahle gerne Steuern …»
12.01.2024 Einwohnerrat, WohlenPositiv in die Zukunft gehen
Marc Läuffer ist stolz, ein Wohler zu sein – und präsidiert neu den Einwohnerrat
Seine erste Amtshandlung war die Absage einer Sitzung. Als Unternehmer will Marc Läuffer, dass die Gemeinde sorgsam ...
Positiv in die Zukunft gehen
Marc Läuffer ist stolz, ein Wohler zu sein – und präsidiert neu den Einwohnerrat
Seine erste Amtshandlung war die Absage einer Sitzung. Als Unternehmer will Marc Läuffer, dass die Gemeinde sorgsam mit den Geldern umgeht. Das sei leider nicht immer der Fall. Gleichzeitig betont er die Vorzüge seines Wohnortes. Und tritt gegen die Schlechtredner an.
Chregi Hansen
Bei der Wahl zum neuen Präsidenten erreichte er ein gutes Resultat. Marc Läuffer erhielt 32 von 37 gültigen Stimmen. «Das ist für einen Vertreter der SVP nicht selbstverständlich», weiss er. Das Ergebnis zeigt aber auch, dass der Wohler Unternehmer eine hohe Akzeptanz geniesst im Rat. Man kennt ihn. Er hat – mit Ausnahme von zwei Jahren – sein ganzes Leben in Wohlen verbracht.
Doch was bedeutet ihm Wohlen? «Ganz einfach: Heimat. Ich bin stolz, ein Wohler zu sein. Viele andere schwärmen von ihrer Heimatgemeinde, warum sollen wir Wohler das nicht auch tun?», sagt der 58-Jährige. Die Gemeinde biete den Einwohnern alles, was es zum Leben braucht. Viele Auswärtige würden das erkennen und hierherziehen. «Nur die Einheimischen tun sich schwer mit ihrem Dorf. Manchmal ist es eben wertvoll, eine Einschätzung von aussen zu erhalten», erklärt er.
Kritik muss erlaubt sein
Wenn Marc Läuffer über Wohlen spricht, kommt er ins Schwärmen. Umso mehr ärgert es ihn, dass die Gemeinde bei einigen so einen schlechten Ruf hat. «Es gibt einen kleinen Kreis von Personen, die Wohlen gerne schlechtreden. Dann erwähnt man alles, was Wohlen nicht bietet», sagt er. Von dieser Kritik fühlt er sich persönlich betroffen, «denn ich bin ein Wohler und spüre einen gewissen Stolz auf meine Herkunft. Wir sollten positiver eingestellt sein. Es muss unser aller Bestreben sein, Wohlen voranzubringen.» Das bedeutet nicht, dass man gewisse Entwicklungen nicht kritisch betrachten muss. «Wir müssen beispielsweise schauen, dass wir nicht unkontrolliert wachsen, sondern das Wachstum muss einen Mehrwert schaffen. Wir sollten nur das machen, was möglich ist, und nicht Visionen nachhängen. Leider hat das der Gemeinderat noch nicht gemerkt.»
Interview mit dem neuen Einwohnerratspräsidenten Marc Läuffer (SVP)
Er kam, er ging, er kam wieder. Und jetzt steht Marc Läuffer dem Einwohnerrat sogar vor. Der SVPler ist kein Sprücheklopfer, sondern ein stiller Beobachter. Und Fan seiner Gemeinde. «Ich spüre einen gewissen Stolz auf meine Herkunft», sagt er.
Chregi Hansen
Sie wohnen fast 60 Jahre hier. Hat sich der Ort positiv oder negativ verändert?
Marc Läuffer: Natürlich hat sich viel verändert. Und natürlich habe ich Erinnerungen an etliche Gebäude, die es nicht mehr gibt, etwa das Schellhaus oder meinen Kindergarten. Einiges, was früher modern wirkte, erscheint heute altbacken. Bestes Beispiel ist der «Wohlerhof». Aber das ist doch normal und überall so. Insgesamt betrachte ich die Entwicklung positiv.
Sie lebten knapp zwei Jahre in Villmergen. Was sollten die Wohler von da übernehmen?
Den Skiclub (lacht). Im Ernst: Dieser Verein war wirklich eine geniale Sache und hat es uns Jungen ermöglicht, für wenig Geld in die Berge zu kommen. Da waren nicht nur Villmerger dabei, sondern Leute aus der Region. Auch der Zusammenhalt im Verein war beeindruckend.
Den tieferen Steuerfuss möchten Sie nicht übernehmen?
Auch wenn mir das vielleicht viele nicht glauben: Ich zahle gerne Steuern. Aber nur, wenn die Verwendung der Mittel auch sinnvoll ist. Und das ist hier leider nicht immer der Fall.
Wenn Sie Auswärtigen Ihre Wohngemeinde beschreiben müssen, wie tun Sie das?
Wohlen ist eine dynamische Gemeinde. Sie ist idealer Wohnort für ganz verschiedene Alterskategorien. Die Jungen finden hier alle erdenklichen Schulen. Familien bezahlbaren Wohnraum. Und es gibt etliche Angebote für das Wohnen im Alter. Wohlen liegt zentral, alle grossen Städte sind schnell erreichbar, auch wenn der ÖV-Anschluss nicht optimal ist. Die Gemeinde bietet eine Vielfalt an kulturellen Aktivitäten und eine beeindruckende Vereinsvielfalt, die einen schnellen Anschluss ermöglichen. Wohlen hat auch geschichtlich viel zu bieten. Vielen ist nicht bewusst, dass Wohlen einst Weltruf besass. Dieser Historie soll man Sorge tragen.
Was würden Sie Gästen zeigen?
Da mache ich es mir einfach. Wir würden uns einer Führung von Daniel Güntert und Heini Stäger anschliessen. Ich war schon ein paar Mal dabei bei diesen Rundgängen. Sie machen das genial, kennen die schönsten Orte und besten Geschichten. Selbst ich als Ur-Wohler kann viel lernen. Ein solcher Rundgang sollte für Neuzuzüger Pflicht sein.
Und wenn es keine Führung gibt?
Dann lohnt es sich trotzdem, zu Fuss durchs Dorf zu gehen. Wir haben bei uns viele versteckte Verbindungswege in den Quartieren, die kaum einer kennt. Diese ermöglichen neue Einblicke ins Dorf. Ebenfalls zu empfehlen ist die Fahrt von Niederwil nach Wohlen. Wenn man da auf dem Hügel ist und das viele Grün in und um die Gemeinde sieht, ist das schon beeindruckend.
Sie sind für die nächsten zwei Jahre der höchste Wohler. Was bedeutet Ihnen das?
Es ist ein Amt, welches ich mit grossem Respekt angehe. Und ich habe konkrete Ideen, wie ich es ausüben möchte. Aber letztlich bin ich der gleiche Mensch wie vorher. Ich bin nicht wichtig, Wohlen muss im Zentrum stehen.
Mussten Sie lange nachdenken, ob Sie für das Amt kandidieren?
Nein. Für mich ist es eine Möglichkeit, meiner Gemeinde etwas zurückzugeben. Ich freue mich auf viele spannende Begegnungen. Die beiden Jahre sind sicher eine Horizonterweiterung. Aber natürlich warten auch viele Aufgaben auf mich.
Sie machten ein gutes Wahlresultat. Sie sind offenbar ein umgänglicher Typ.
Mag sein. Ich fühle mich einfach als Basisdemokrat. Ich kämpfe für meine Ansichten, aber ich akzeptiere, wenn das Parlament anders entscheidet. Und ich kann nach Sitzungen auch mit Vertretern anderer Parteien etwas trinken gehen. Im Parlament darf man streiten, aber der Respekt muss immer vorhanden sein. Und da hat das Parlament zuletzt einen grossen Schritt vorwärts gemacht.
Das Verhalten im Rat können Sie ja in den nächsten zwei Jahren beeinflussen. Wissen Sie schon, wie Sie Ihr Amt ausüben möchten?
Ich habe gewisse Vorstellungen, worauf ich den Fokus legen will. Für mich ist beispielsweise die Effizienz wichtig, darum habe ich die Januar-Sitzung abgesagt. 4000 Franken ausgeben für ein paar Antworten auf Anfragen, das lohnt sich nicht. Es ist mir auch ein Anliegen, dass sich die Sprecher kürzer fassen. Warum beispielsweise muss jede Fraktion der Verwaltung ausführlich für den Geschäftsbericht danken. Man kann sich doch einfach den Vorrednern anschliessen (schmunzelt).
Gibt es weitere Ideen?
Ich möchte die Vertreter der Verwaltung wieder sinnvoller einsetzen. Wenn sie schon an der Sitzung teilnehmen, sollen sie auch sichtbar werden und nicht einfach den ganzen Abend stumm zuhinterst sitzen. Dann lohnt es nicht, sie aufzubieten. Auch die Situation mit den Rednerpulten finde ich unglücklich. Früher haben wir einfach das Mikrofon genutzt, da war die Diskussion meiner Meinung nach lebendiger. Auch ist mir Disziplin wichtig. Beispielsweise Pünktlichkeit. Und: Wir sind Volksvertreter. In Vertretung des Volkes müssen wir die Arbeit von Gemeinderat und Verwaltung beaufsichtigen. Und müssen uns darum immer überlegen, was die Entscheidungen fürs Volk bedeuten.
Ihr Vorgänger kritisierte die Flut an Anträgen. Wie stehen Sie dazu?
Das sehe ich locker, die stammen ja oft von einem Parteikollegen (lacht). Aber im Ernst: Wir sind gewählt als Einwohnerräte mit allen Pf lichten und Rechten. Und zu den Rechten gehört das Einreichen von Vorstössen. Dazu gibt es keine Vorgaben bezüglich der Menge. Wer einen Vorstoss lanciert, hat sich mit einem Thema beschäftigt. Und das Recht, dass man sein Anliegen völlig unvoreingenommen prüft. Egal, aus welcher Partei der Antrag stammt.
Sie sind ein kritischer Beobachter der Wohler Parteipolitik. Ist das Parlament kritisch genug?
Leider nein. Wir müssen uns vermehrt fragen, ob Ausgaben wirklich notwendig sind. Nehmen wir das Beispiel des Betreibungsamtes. Das wollte man aus Platzgründen für viel Geld ausquartieren. Wir hätten für zehn Jahre rund eine Million Franken gezahlt. Jetzt geht es doch im Gemeindehaus. Oder ganz aktuell die geplanten akustischen Massnahmen im Sitzungszimmer über der Bibliothek, welche das Parlament abgelehnt hat. Ich habe selbst viele Sitzungen in diesem Raum, bisher hatte ich keine Probleme, die anderen zu verstehen. Natürlich ging es nur um wenige Tausend Franken. Aber wir müssen einfach bescheidener werden.
Hat der Gemeinderat das Gebot des Sparens noch nicht erkannt?
Das würde ich so nicht sagen. Ich bin überzeugt, dass er sich der Situation bewusst ist und sich bemüht. Er leistet enorm viel, das muss ich attestieren. Aber manchmal verzettelt er sich. In unserer Situation müssen wir uns um die wirklich wichtigen Probleme kümmern. Das fehlt mir zum Teil etwas. Da ist aber vor allem das Parlament gefordert, dieses muss die Richtung vorgeben. Wofür ich den Gemeinderat aber kritisiere: Geschäfte, die er nicht so mag, schiebt er gerne nach hinten. Bestes Beispiel ist die Motion für einen Ausgeglichenen Haushalt. Die wurde vor acht Jahren überwiesen und ist noch nicht umgesetzt.
Jetzt müssen Sie eng mit dem Gemeinderat zusammenarbeiten. Wie gehen Sie diese Aufgabe an?
Wichtig ist, dass man keinerlei Berührungsängste hat und respektvoll miteinander umgeht. Der Gemeindeammann muss ja nicht mein bester Freund werden. Man sollte aber immer versuchen, sich auch in die Lage des anderen hineinzuversetzen. Und gemeinsam nach einer Lösung suchen und sich nicht einfach ideologisch bekämpfen. Da ist ab und zu etwas diplomatisches Geschick gefragt.
Wird das Parlament zu sehr von Parteipolitik beherrscht?
Ich bin in der SVP, weil ich vieles richtig finde, was sie fordert. Aber ich erlaube mir auch, in gewissen Fragen anderer Meinung zu sein. Das sollte überall möglich sein. Auch als SVPler finde ich beispielsweise, dass die SP zusammen mit den anderen Parteien zum Arbeitsfrieden und den Sozialwerken viel beigetragen hat. Ich sehe mich als Präsident für alle und werde mich neutral verhalten – ausser natürlich bei Stichentscheiden.
Sie sind Vertreter einer Sparpartei. Der Gemeinderat wiederum plant in den kommenden Jahren mit grossen Investitionen. Kommt das gut?
Es geht nicht einfach ums Sparen. Es geht um das effiziente Einsetzen von Mitteln. Ich bin Unternehmer und weiss genau, dass man investieren soll, wenn es einen Nutzen bringt. Aber man muss auch die Reissleine ziehen, wenn etwas in die Hosen geht. Und leider drohen in nächster Zeit einige Kostenüberschreitungen. Allein wegen der steigenden Baukosten und Zinsen. Da werden wir nun bei der Turnhalle Junkholz die Quittung erhalten. Vielleicht hätte man besser noch fünf Jahre gewartet.
Worauf können wir konkret verzichten aus dem Finanzplan?
In Sachen Schulraumplanung habe ich schon meine Fragen. Ich will nicht, dass Schüler auf den Gängen unterrichtet werden, aber man kann mit der Umsetzung von kantonalen Mindestvorgaben auch mal etwas warten, Aarau wird uns nicht gleich einen Strick daraus drehen. Und wie man in Sachen Kindergarten mit dem Gemeinnützigen Ortsverein umgegangen ist, finde ich komplett daneben. Ein Fragezeichen habe ich auch bei der Zentralstrasse. Solange der ganze Verkehr durchs Dorf rollt, kann hier keine Begegnungszone geschaffen werden. Das bringt niemandem etwas. Das ist ein rein kosmetisches Vorgehen.
Wohin wird sich der Wohler Steuerfuss bewegen?
Er wird noch mehr steigen. Und die SVP wird weiter dagegen kämpfen. Es braucht ein Umdenken. Alle wissen, dass nicht mehr ausgegeben werden kann, als eingenommen worden ist. Wohlen hingegen leistet sich immer noch zu viele Prestigeprojekte. Leider fehlt das unternehmerische Denken im Gemeinderat. Und mehrheitlich auch im Parlament.
Als Präsident werden Sie zu vielen Anlässen eingeladen. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Ganz allgemein auf möglichst viele Begegnungen mit möglichst vielen Menschen. Diese machen das Amt so wertvoll. Besuche sind natürlich mit Aufwand verbunden, aber als Selbstständiger kann ich mir die Zeit recht gut einteilen. Was man von mir sicher nicht erwarten kann, sind lange Reden, das ist nicht mein Ding (lacht).
Jetzt sind Sie zwei Jahre im Amt. Und danach?
Ich habe klare Vorstellungen. Ich werde nach den zwei Jahren aus dem Rat zurücktreten. Dafür möchte ich als Laienrichter am Bezirksgericht kandidieren. Ich war schon immer juristisch interessiert. Aber erst muss ich nominiert und gewählt werden. Es wäre ein schöner Abschluss meines öffentlichen Engagements.
Und eine Kandidatur als Gemeinderat oder Gemeindeammann?
Das ist kein Thema. Als Unternehmer bin ich mir gewohnt, schnell zu entscheiden. Das ist auf der politischen Ebene nicht möglich. Da würde ich mir und allen anderen keinen Gefallen tun. Da gibt es andere, die besser geeignet sind. Ich kandidiere also sicher nicht als Gemeinderat oder Gemeindeammann. Das können Sie schreiben, dazu stehe ich.
Persönlich
Marc Läuffer, Jahrgang 1965, ist ausgebildeter Kaufmann, führt heute ein eigenes Unternehmen und arbeitet daneben in einem Teilzeitpensum im Consulting-Bereich. Er ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Söhne. Er ist in Wohlen aufgewachsen und hat mit einem kurzen Unterbruch immer hier gelebt. Er wurde 2009 als Mitglied der SVP in den Einwohnerrat gewählt, trat aber 2014 wieder zurück, weil er beruflich viel im Ausland tätig war. 2017 kandidierte er erneut, wurde gewählt und schaffte 2021 die Wiederwahl. Im Januar 2022 wählte ihn das Parlament zum Vizepräsidenten, im Dezember 2023 zum Präsidenten.