«Ich würde cleverer handeln»
23.04.2024 Wohlen«Geht mir nicht nahe»
Verwaltungsgericht und Bundesgericht kommen zum selben Urteil. Die Entlassung von Kanti-Lehrer Markus Häni im Jahr 2021 war rechtens. Häni, der 15 Jahre lang in Wohlen unterrichtete, äussert sich nun im Interview zum ...
«Geht mir nicht nahe»
Verwaltungsgericht und Bundesgericht kommen zum selben Urteil. Die Entlassung von Kanti-Lehrer Markus Häni im Jahr 2021 war rechtens. Häni, der 15 Jahre lang in Wohlen unterrichtete, äussert sich nun im Interview zum aktuellen Urteil und zu den schwierigen Zeiten, die er seit 2021 erlebte. Das Urteil sei «nicht wahnsinnig tragisch und geht mir nicht besonders nahe», sagt er. --spr
Markus Häni, 2021 als Kanti-Lehrer in Wohlen entlassen, äussert sich zum Urteil des Bundesgerichts von letzter Woche
Wie schon das Verwaltungsgericht kam auch das Bundesgericht zum Urteil, dass die von der Kanti Wohlen ausgesprochene Kündigung von Markus Häni rechtens war. Seine Rede an der Coronademo 2021 war damals der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Markus Häni äussert sich nun zum Urteil – und auch wie es ihm privat ergangen ist.
Stefan Sprenger
Markus Häni, ganz salopp gefragt: Wie geht es Ihnen?
Markus Häni: Wieder gut. Ich lebe in Emmetten, im Kanton Nidwalden. Ich habe hier nach der leidigen Geschichte in Wohlen, die sich vor drei Jahren ereignete, einen Neuanfang gewagt.
Wieso ausgerechnet in Nidwalden?
Das war mehr Zufall als geplant. Meine Partnerin und ich haben hier eine schöne Wohnung gefunden. Aber grundsätzlich gefällt es mir wunderbar hier. Ich mag die Berge, gehe im Sommer gern wandern und im Winter Ski fahren. Die Menschen sind etwas bodenständiger als anderswo. Etwas, was ich sehr schätze – auch nach der Coronazeit.
Die Coronazeit. Es ist jene Zeit, die Sie den Job an der Kanti Wohlen kostete.
Das kann man so sagen, ja.
Sie arbeiteten von 2006 bis 2021 als Kanti-Lehrer in Wohlen. Im September 2020 erhielten Sie eine Abmahnung aufgrund Ihrer öffentlichen Aktivitäten gegen die Coronamassnahmen. Das hat Sie nicht davon abgehalten, am 20. Februar 2021 an der Coronademo in Wohlen als Redner aufzutreten.
Das ist richtig. Die Abmahnung war aber schwammig formuliert, das habe ich übrigens bei den juristischen Instanzen immer wieder moniert. Und die Schulleitung war darüber informiert, dass ich eine Rede halten wollte, und hat es auch erlaubt. Mir war schon bei der Abmahnung nicht klar, was genau mit der Trennung von schulischen und öffentlichen Aktivitäten gemeint war. Ich dachte, es genüge, wenn ich mich an der Schule nicht politisch äussere. Ausserdem hätte der Rektor meine Rede vorab lesen können, wenn er von sich aus gefragt hätte.
Die Kündigung der Kantonsschule in Wohlen wurde sowohl von der Schlichtungskommission wie auch vom Verwaltungsgericht gestützt. Und letzte Woche auch noch vom Bundesgericht. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Es ging mir nicht besonders nahe, das Urteil ist für mich nicht wahnsinnig tragisch. Die Chance, dass mein Anwalt und ich beim Bundesgericht noch etwas erreichen können, lag nach Ansicht des Anwalts bei 50 zu 50. Aber ich dachte mir schon, dass es zur selben Beurteilung kommt. Wenn ich mir die 15 Seiten der Urteilssprechung durchlese, muss ich doch einige Male schmunzeln.
Wieso?
Darin steht beispielsweise, dass ich die Menschen zu Ungehorsam aufgerufen habe, indem ich empfahl, dass sie sich umarmen sollen. Dies an einer Demo, wo das sowieso die meisten Menschen taten. Es war schon damals lächerlich, darüber juristisch zu diskutieren und heute erst recht, nachdem immer mehr Informationen ans Tageslicht kommen, wie absurd und unsinnig die meisten Coronamassnahmen waren.
Würden Sie rückblickend etwas anders machen?
Grundsätzlich würde ich mich wieder empören, mich gegen betreutes Denken wehren und gegen ein staatliches Narrativ verbal vorgehen, wenn es so offensichtlicher Unsinn ist. Aber ich würde etwas cleverer handeln, um mich besser zu schützen.
Inwiefern?
Ich würde im Vorfeld meiner Rede mit Kanti-Rektor Matthias Angst besser kommunizieren. Ich würde ihn nach seiner Meinung fragen. Ich würde herausfinden wollen, was ich sagen darf und was nicht. So, dass sich die Rede mit meiner Tätigkeit an der Kanti vereinbaren lassen würde. Ich würde schon früher klarer mit dem Kanti-Rektor abmachen, wo die Grenze ist.
Bereuen Sie Ihre Rede?
Keinesfalls. Ich stehe zu jedem einzelnen Wort, das ich gesagt habe. Und ich würde sie wieder halten.
Können Sie Ihre Entlassung nachvollziehen?
Zum Teil ja. Es ist ein Problem der staatlichen Behörden, Menschen wie mich rauszuschmeissen, weil ich unbequem bin. Ich machte auch Fehler vor den Vorinstanzen. Vor dem Verwaltungsgericht hätte ich besser argumentieren sollen. Aber ich war damals überfordert angesichts der Situation. Aber es ist nun so, das Urteil ist gefällt, das gilt es zu akzeptieren. Was mich in diesen Tagen mehr ärgert, ist die mediale Berichterstattung dazu.
Warum?
Mein Standpunkt war den Medien eigentlich immer egal. Ich wurde als Schwurbler abgestempelt, als Spinner, als Feind der Regierung. Dabei habe ich mich an dieser Rede grundsätzlich nur gegen das betreute Denken ausgesprochen. Ich sagte, dass man nebst all den Massnahmen und Vorschriften während Corona trotzdem noch auf seinen Verstand hören sollte, auf sein Bauchgefühl. Ist das schlimm? Ich wurde als Mensch in eine Schublade gesteckt. Und immer die ewig gleiche Litanei von der Vorbildfunktion. Dabei habe ich an der Schule alle Coronamassnahmen befolgt. Ist denn der Schulleiter oder ein Lehrer, der einfach alles tut, was die Obrigkeit vorschreibt, und schweigt, obwohl er es nicht gut findet, ein besseres Vorbild für unsere jungen Menschen? Ich glaube, ich war immer respektvoll. Ich finde es schade, hat das Bundesgericht die Rede nicht genauer angeschaut. Denn schliesslich war dieser Auftritt jenes Ereignis, das die Kündigung schlussendlich auslöste.
Wie war die Zeit nach der Kündigung für Sie?
Es waren teilweise schwere Zeiten. Ich war zwei Jahre arbeitslos, habe fast 200 Bewerbungen geschrieben und durfte mich nur an zwei Orten vorstellen. Und das alles wegen dieser Rede. Dann bezog ich Sozialhilfe. Mittlerweile geht es mir wieder sehr gut. Ich mache die Ausbildung zum therapeutischen Masseur und habe gemeinsam mit meiner Partnerin eine Gesundheitspraxis eröffnet. Dazu arbeite ich zwei Tage in der Woche an einer Privatschule in der Zentralschweiz. Als Lehrer. Es ist eine tolle Schule, wo man mich akzeptiert, wie ich bin, und auch meine Vergangenheit keine Rolle spielt.



