«Ich bin voller Tatendrang»
14.11.2025 Einwohnerrat, WohlenGemeinderatswahlen: Interview mit Olivier Parvex (Grünliberale)
Er soll künftig die linke Seite im Gemeinderat vertreten. Zudem kennt Olivier Parvex (Grünliberale) als Einwohnerrat die Wohler Politik bestens. «Ein Grundpfeiler der Schweizer Politik ...
Gemeinderatswahlen: Interview mit Olivier Parvex (Grünliberale)
Er soll künftig die linke Seite im Gemeinderat vertreten. Zudem kennt Olivier Parvex (Grünliberale) als Einwohnerrat die Wohler Politik bestens. «Ein Grundpfeiler der Schweizer Politik ist, dass alle grösseren Parteien in der Exekutive vertreten sind», sagt der Unternehmer.
Daniel Marti
Warum sind Sie der bessere Kandidat als Ihr Gegenüber Markus Keller?
Olivier Parvex: Es liegt mir fern, mich besser als jemand anderes zu bezeichnen. Jeder Mensch hat seine Stärken und Schwächen. Wie Markus Keller politisch tickt, ist mir nicht bekannt. Ich habe ihn in Wohlen bisher als Ehrenkammerer wahrgenommen, politische Aussagen von ihm kenne ich keine. Ich kann lediglich betonen, was ich mitbringe. Als langjähriger Wohler Stimmbürger, Einwohnerrat und Mitglied der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission kenne ich die Wohler Politik und ihre Herausforderungen sehr gut. Als selbstständiger Unternehmer, der die finanzielle Verantwortung für alle seine Entscheide selbst trägt, weiss ich, wie wichtig der sorgsame Umgang mit den vorhandenen Mitteln ist. Darum ist mir bewusst, dass die Wohlerinnen und Wohler ihre Steuergelder hart erarbeiten und dafür erwarten, dass wir jeden Franken sinnvoll einsetzen. Als Journalist bei regionalen und nationalen Medien habe ich gelernt, Themen kritisch zu hinterfragen und Sachverhalten auf den Grund zu gehen.
Viele SVP-Anhänger liebäugeln damit, doch noch Manfred Breitschmid aufzuschreiben. Was sagen Sie ihnen, damit Sie stattdessen Ihren Namen aufschreiben?
Gerne zitiere ich hier den ehemaligen Wohler Gemeinderat und heutigen Nationalrat Matthias Samuel Jauslin. Er hat zu Breitschmid gesagt: «Seine pointierte Stimme gehört in den Einwohnerrat – im Gemeinderat wäre ihre Wirkung verpufft.» Zudem bin ich der Überzeugung, dass es für Wohlen nicht förderlich ist, wenn eine einzelne Partei mit drei Sitzen den Gemeinderat dominiert. Für gute zukunftsfähige Lösungen braucht es unterschiedliche Meinungen, die sich im Meinungsbildungsprozess, also in der Gemeinderatssitzung, einbringen. Ich vertrete eine andere Position als die bereits gewählten SVP-Gemeinderäte. Sie würden in der Diskussion durch mich gefordert, was ihre Wirkung besser machen kann als ohne Gegenposition. Das sind doch gute Gründe, damit SVP-Anhänger meinen Namen auf den Wahlzettel schreiben.
Wir hatten mal eine Sommerserie. Da ging es um die Frage: Sie erhalten zehn Millionen Franken zur freien Verfügung. Einzige Bedingung: Es muss zum Wohl der Gemeinde Wohlen sein. Wo setzen Sie das Geld ein und warum? (Sie dürfen das Geld nur für eine Sache einsetzen.)
Ich würde die zehn Millionen Franken der Sportpark Bünzmatt AG zur Verfügung stellen. So kann die gemeindeeigene AG gleich mehrere Probleme lösen, die uns aktuell beschäftigen. Zum einen kann sie der Gemeinde das offene Darlehen von gut fünf Millionen Franken zurückzahlen, damit dies nicht die Gemeinde finanzieren muss. Dieses Geschäft kommt bald in den Einwohnerrat. Zudem könnten damit die jährlichen Defizite der Badi und Eisbahn für lange Zeit gedeckt werden, ebenfalls ein aktuelles Problem, das die Politik in baldiger Zukunft lösen muss. Und zu guter Letzt müsste ein Teil des Geldes dazu verwendet werden, dass alle Wohlerinnen und Wohler gratis in die Eishalle und in die Badi dürfen. Eintritt bezahlen müssten nur noch die auswärtigen Besucherinnen und Besucher, die sich in der grünen Oase in Wohlen erholen.
Zum Thema Geld: Gemäss Finanzplan wird die Gemeinde Wohlen im Jahr 2031 rund 157 Millionen Franken Schulden aufweisen. Diese Last macht vielen Bürgern Angst. Was sagen Sie zu dieser Rekordmarke?
Die Zahlen aus dem Finanzplan sind gewaltig und können einem durchaus Respekt machen. Bei genauem Betrachten zeigt sich, dass die mit Abstand grössten Investitionen für die Bildungsinfrastruktur geplant sind. Die zwei Schulzentren Junkholz und Bünzmatt müssen aufgrund ihres Alters umfassend saniert und erweitert werden, zudem plant der aktuelle Gemeinderat auch den neuen Schulstandort Farn. Das alles kostet über 80 Millionen Franken. Das halte ich alles für eine ambitionierte Planung.
Wie ist diese Schuldenspitze doch noch zu glätten?
Ich bin der Meinung, dass die erwähnten Projekte unbedingt gestaffelt werden müssen, damit sie finanziell und personell tragbar werden. Kommt hinzu, dass der neu geplante Schulstandort Farn aktuell noch Landwirtschaftsland ist und zuerst eingezont werden muss. Allein dieser Prozess dauert erfahrungsgemäss lange. Darum ist der Standort Farn aus meiner Sicht nicht vor 2035 zu realisieren. Auch die Standorte Junkholz und Bünzmatt müssen möglichst gestaffelt saniert und erweitert werden. Dies führt zu einer deutlich tieferen Spitzenverschuldung im Jahr 2031 und einer besseren Finanzierbarkeit der nötigen Grossinvestitionen.
Ärgernis Verkehr vor allem im Zentrum. Wie lautet Ihr Lösungsvorschlag, damit es hier eine Entspannung gibt?
Der Verkehr muss auf den Hauptachsen verflüssigt und der Schleichverkehr durch die Quartiere verhindert werden. Notorische Problempunkte, wie zum Beispiel das Nadelöhr zwischen dem Restaurant Sternen und der Kirche müssen umgestaltet werden. Die Hauptverkehrsachsen sind hauptsächlich Kantonsstrassen, darum kann die Gemeinde alleine nicht viel bewirken. Es braucht eine enge Zusammenarbeit mit dem Kanton und permanenten Druck aus Wohlen nach Aarau, damit diese Probleme endlich angegangen werden. Wichtig finde ich auch, dass die Fuss- und Schulwege sowie die Velowege in Wohlen und Anglikon durchgehend sicher werden. Dadurch lassen sich lokale Autofahrten und Stau vermindern.
Welche Schlagzeile wünschen Sie sich für das kommende Jahr und warum?
«Isler-Areal: Baurechtsvertrag bewilligt – Kapo wird Hauptmieterin». Das Baurecht für das Isler-Areal wurde bereits vor über einem Jahr vergeben. Passiert ist seither nichts Sichtbares. Mit diesem Projekt muss es endlich vorwärtsgehen. Wohlen braucht den Baurechtszins und ein tolles Projekt auf seinem zentralen Land. Die Kantonspolizei als Hauptmieterin wäre eine tolle Sache. Wohlen ist mit Abstand die grösste Gemeinde in der Region und hat einen Kapo-Posten verdient. Dies würde die gute Arbeit der Regionalpolizei ergänzen und auch zu zusätzlicher Sicherheit von Wohlen beitragen. Realistisch ist aber wohl nur die erste Hälfte der Schlagzeile.
Welche Vorteile hat es für das Amt des Gemeinderates, wenn man vorher schon in der Finanzund Geschäftsprüfungskommission dabei war?
Durch die Arbeit in der FGPK erhält man einen vertieften Einblick in die politischen Geschäfte, die Verwaltung und die anstehenden Herausforderungen. Zudem hat man zu vielen Schlüsselpersonen in der Verwaltung eine persönliche Beziehung, weiss, wie die einzelnen Führungspersonen oder auch Abteilungen arbeiten. Als neuer Gemeinderat ist man dadurch viel schneller im Tagesgeschäft drin und effizienter. Ein weiterer Vorteil ist, dass ich bereits vier Jahre mit den neu gewählten Gemeinderätinnen zusammengearbeitet habe. Wir kennen unsere Gemeinsamkeiten und unsere Differenzen und können trotzdem gemeinsam Lösungen finden, die Wohlen vorwärtsbringen.
Warum ist es wichtig, dass der innere Ring im Gemeinderat vertreten ist?
Ein Grundpfeiler der Schweizer Politik ist, dass alle grösseren Parteien in der Exekutive vertreten sind. Sei es im Bundesrat, im Regierungsrat oder auch im Gemeinderat bei grösseren Gemeinden, wie Wohlen eine ist. Das macht unsere Politik bürgernah, ausgewogen und langfristig stabil. Der innere Ring im Einwohnerrat vertritt mit seinen 16 Sitzen 40 Prozent der Wohler Stimmberechtigten. Dieser gewichtige Anteil muss im Gemeinderat mitreden können.
Und abschliessend noch eine Frage von Markus Keller an Sie: Einige sprechen von «lukrativem Pöstchen». Wie viele Stunden pro Woche planen Sie für die Arbeit als Gemeinderat ein?
Als lukratives Pöstchen würde ich ein Gemeinderatsmandat nicht bezeichnen. Wenn man diese Aufgabe ernst nimmt, dann hat ein Gemeinderat in Wohlen effektiv viel Arbeit zu leisten. Und die Entschädigung ist wesentlich tiefer als beispielsweise im deutlich kleineren Bremgarten. Als selbstständiger Unternehmer habe ich den Vorteil, dass ich meine Arbeitszeit flexibel einteilen kann. Zudem stehe ich mit meinen 48 Jahren mitten im Leben, bin voller Energie und Tatendrang und gewillt, für Wohlen Vollgas zu geben. Wie viele Stunden ich als Gemeinderat einplanen würde, hängt vom Ressort ab, das ich übernehmen dürfte. Dies kann dann zwischen 30 bis 60 Prozent liegen. Ausgehend von einer 45-Stunden-Woche rechne ich mit 15 bis 30 Stunden pro Woche. Und da Politik eine Leidenschaft von mir ist, kann ich zusätzlich auch noch einen Teil meiner Freizeit dafür zur Verfügung stellen.

