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23.08.2024 BremgartenSommerserie «Hinter den Kulissen»: AVA-Depot in Bremgarten
Seit über 100 Jahren dient Bremgarten als Scharnier für die ÖV-Verbindungen der Region. Trotz Ausbau und Wandel ist dies bis heute so geblieben. Ein Blick hinter die Kulissen des Alltags ...
Sommerserie «Hinter den Kulissen»: AVA-Depot in Bremgarten
Seit über 100 Jahren dient Bremgarten als Scharnier für die ÖV-Verbindungen der Region. Trotz Ausbau und Wandel ist dies bis heute so geblieben. Ein Blick hinter die Kulissen des Alltags jener Menschen und Maschinen, die dafür sorgen, dass wir uns auch ohne Auto jederzeit pünktlich, reibungslos und unkompliziert von A nach B bewegen können.
Marco Huwyler
Jeder Tag beginnt mit Turnübungen. Pünktlich um 7.05 Uhr versammeln sich 15 Mitarbeitende und 3 Polymech-Lernende im Aufenthaltsraum und sorgen gemeinsam dafür, dass sie körperlich so richtig in Schwung kommen. «Das hat sich über die Jahrzehnte so eingebürgert», lacht Martin Berger. «Und es hat sich bewährt. Trotz anspruchsvollen Arbeiten beklagen wir kaum Verletzungen.» Das Aufwärmprogramm dient zur Vorbeugung. Und dafür, dass auch zur frühen Uhrzeit alle wach und bei der Sache sind. Konzentration und Fokus braucht es im Bremgarter Zugdepot. Denn die Aufgaben hier sind anspruchsvoll und vielseitig. «Und jederzeit kann etwas Unvorhergesehenes geschehen, das unseren sofortigen Einsatz erfordert», sagt Berger.
Der 33-Jährige ist seit dem 2. Mai neuer AVA-Standortleiter der Werkstatt und des Depots Bremgarten. Parallel kümmert er sich auch um das Depot «Müsli» in Dietikon. Wobei in Bremgarten das Gros seiner Arbeit anfällt. «Die Anlage hier ist grösser und besser ausgestattet», sagt er. Deshalb kommt es auch des Öfteren vor, dass Kompositionen der Limmattalbahn – an sich ein anderer Zugtyp als die «Diamant» der BDB – nach Bremgarten gefahren und hier gewartet und repariert werden.
Genauso wie öfters an Zügen aus anderen Verkehrsbetrieben gearbeitet wird, mit denen die AVA partnerschaftliche Beziehungen pflegt. Denn die Dimensionen und Möglichkeiten der Werkstatt in Bremgarten sind eindrücklich. Das Depot erstreckt sich auf eine Fläche von 5000 Quadratmetern. Hinzu kommen die Gleisanlagen rund um den Bremgarter Bahnhof und ein mehrstöckiges Dienstgebäude.
Mannigfache Arbeiten
Das Werkstattpersonal kümmert sich in Bremgarten jeden Tag aufs Neue darum, dass die Fahrzeuge der AVA einsatzfähig bleiben und das Rollmaterial stets in bestmöglichem Zustand ist. Regelmässig werden die Züge gereinigt. Täglich im Innern und einmal monatlich aussen. Dafür steht im Depot eine Waschanlage für Züge zur Verfügung. «Das funktioniert eigentlich ähnlich wie mit dem Auto. Bloss dass der Zug dafür ein Gleis benötigt», schmunzelt Berger. Gleich nebenan, auf dem nächsten Gleis, liegt die Lackiererei, wo die AVA-Züge ihren charakteristischen Anstrich erhalten.
Die 18 Mitarbeitenden Bergers in Bremgarten werden jeweils in Teams aufgeteilt. Permanent arbeiten sie in verschiedenen Bereichen der Instandhaltung und Revision. Regelmässig müssen aufgrund von Störungen oder Verschleiss Teile der einzelnen Fahrzeuge gewartet oder ersetzt werden. 12 Diamant-Zugkompositionen (doppelt oder einfach) sind täglich zwischen Wohlen und Dietikon unterwegs. Zwei Kompositionen sind immer in Reserve, damit Ersatz da ist, wenn Defekte auftreten, die nicht sofort behoben werden können. Darüber hinaus kommen auf der BDB-Strecke drei Dienstfahrzeuge zum Einsatz – und Spezialequipment, wie beispielsweise ein Schneepflug. Und auch zwei historische Fahrzeuge – «Mutschälle-Zähni» (1928) und «Sebni» (1969) – stehen im Depot, die zu besonderen Anlässen zwischen Wohlen, Bremgarten und Dietikon durch die Gegend tuckern und Nostalgiker erfreuen.
20 Mal um die Welt
Neben den regelmässigen Wartungsund Reparaturarbeiten kommt das Mechaniker-Team des Bremgarter Depots auch dann zum Einsatz, wenn irgendwo etwas schiefgeht. Was natürlich passieren kann, angesichts des eindrücklichen Pensums der Züge. 3,1 Millionen Fahrgäste befördert die BDB jährlich. 790 000 Kilometer spulen ihre Fahrzeuge dabei auf der Strecke zwischen Wohlen und Dietikon ab – fast 20 Mal rund um die Welt. Die Möglichkeiten, dass dabei auch mal Unvorhergesehenes passiert, sind vielfältig. Türstörungen, Unfälle, Defekte, Entgleisungen oder Naturereignisse sind nur einige der möglichen Malheurs. «Meistens ist es glücklicherweise nichts Gravierendes, sodass das Fahrzeug aus eigener Kraft nach Bremgarten fährt und dort rausgenommen und ersetzt werden kann», berichtet Berger. «Dann arbeiten wir im Depot am Defekt.» Doch auch Einsätze seiner Teams mitten auf der Strecke kommen vor. «In einem solchen Fall muss es schnell gehen, um den ganzen Betrieb möglichst wenig zu beeinträchtigen.»
Irgendwann in Bremgarten West
Dass dies von Bremgarten aus geschieht, hat bei der BDB mittlerweile eine über 100-jährige Tradition. Ursprünglich stand neben dem Bremgarter Bahnhof lediglich eine kleine Wagenremise. Dann wurde dort, als die Notwendigkeit eines zentralen Hauptstandorts aufkam, mit dem Bau des heutigen Depots im Mai 1922 begonnen. 1923 wurde es eingeweiht. Seither wurde der Standort mehrere Male ausgeweitet und auf die Bedürfnisse der moderner und länger werdenden Bahnen angepasst. Zuletzt in diesem Jahr. Das alte Eingangstor von einst mit charakteristischem Signet und Schriftzug ist aber noch heute ersichtlich, wenn man am Eingang zum Depot steht. Die Erweiterung und der heutige Eingang wurden lediglich an die alten Mauern angebaut, ohne die alten Grundmauern zu tangieren.
«Momentan genügt das Depot unseren Bedürfnissen voll und ganz», sagt Michael Briner, Kommunikationsverantwortlicher der AVA. Doch das Ende ist absehbar. Der kantonale Richtplan, der die angestrebte Entwicklung für die nächsten zwei Jahrzehnte vorgibt, sieht ein neues Depot in Bremgarten West vor. Wann dies umgesetzt wird, steht in den Sternen. Vorerst und bis auf Weiteres wird weiterhin mitten in Bremgartens Zentrum jeden Morgen geturnt. Für einen reibungslosen Ablauf des Zugbetriebs in der Region.