«Haben deutlich an Profil gewonnen»
29.11.2024 WohlenDer Mutige
25 Jahre Privatschule «Lern mit»
Sie ist zur Erfolgsgeschichte geworden. Die Privatschule «Lern mit» in Wohlen besetzt eine Nische und besticht mit Qualität. Dies seit nunmehr 25 Jahren. «Die Qualität bei uns ...
Der Mutige
25 Jahre Privatschule «Lern mit»
Sie ist zur Erfolgsgeschichte geworden. Die Privatschule «Lern mit» in Wohlen besetzt eine Nische und besticht mit Qualität. Dies seit nunmehr 25 Jahren. «Die Qualität bei uns hat auch sehr viel mit der überschaubaren Grösse zu tun», sagt Reto Helbling, der Inhaber der Schule. Er sei zufrieden mit der Grösse und dem Standort. Und mit der Entwicklung der Schule. In der Anfangszeit habe es viel Mut benötigt und man habe auch Glück in Anspruch nehmen dürfen, blickt der 52-Jährige zurück. «Lern mit» hatte für alle über 300 Schulabgänger eine Anschlusslösung bereit. Eine Top-Leistung.
Interview mit Reto Helbling, Inhaber und Schulleiter der Privatschule «Lern mit», die ihr 25-Jahr-Jubiläum feiert
Die Macher von «Lern mit» hatten vor einem Vierteljahrhundert viel Mut. Und ein wenig Glück. Inzwischen ist die Privatschule eine Erfolgsgeschichte. Seit zehn Jahren ist Reto Helbling alleiniger Inhaber «Wir alle erleben hier ein Privileg», sagt er voller Freude. Und mit ein wenig Stolz.
Daniel Marti
Wie haben Sie sich vor 25 Jahren gefühlt, als Sie mit «Lern mit» als Mitinhaber in eine Privatschule eingestiegen sind?
Reto Helbling: Da war ich 27 Jahre alt und folglich war es in so jungen Jahren umso mehr ein Abenteuer. Ich bin mit 21 vom Kanton Bern in den Kanton Aargau gekommen. Der Reiz, etwas Neues zu wagen, war gross. Ich hatte eine riesige Motivation. Nach sechs Jahren Lehrer in Aristau wusste ich, dass mir der Lehrberuf gefällt und auch das Freiamt eine Gegend ist, die für mich schon damals zu einer neuen Heimat geworden ist. Und wir waren mit Urs und Regula Neyer eine gute Dreiergruppe. Wir wussten, das funktioniert als Team.
Was haben Sie konkret gedacht Anfang August 1999 beim Start ins Schuljahr?
Wir waren vielleicht etwas naiv. Wie es sicher vielen anderen geht, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Wir wollten einfach mal schauen, was da auf uns zukommt. Wir sind mit fünf Schülerinnen und Schülern gestartet in Bremgarten. Die Eltern der Kinder haben uns vertraut, das war sehr wichtig. Wir waren zu dritt und hatten nichts zu verlieren – ausser unser Geld, das wir in die Schule investiert haben. Das war ein begrenztes Risiko. Hätte es nicht geklappt mit der Privatschule, hätten wir problemlos in die Volksschule zurückkehren können. Wir hatten eine sehr positive Einstellung, und davon profitierten wir.
Und plötzlich waren Sie Unternehmer. War man sich dessen bewusst?
Natürlich, das war uns bewusst. Wir hatten einen guten Support aus unserem Umfeld, aber die Herausforderung war gross.
Damals hatten Sie bestimmt Träume und Ziele. Welche?
Die Idee war einfach: Wir wollten eine gute Schule sein. Aber der Start erfolgte auf einem weissen Blatt. Wir verfolgten klare Ansätze: Tagesstrukturen, Informatik, Blockzeiten, Heimaufgaben und Essen in der Schule. Das hat es sonst in den Schulen damals praktisch noch nicht gegeben. Der Computer wurde vor 25 Jahren im Schulzimmer noch mehr oder weniger als Fremdkörper betrachtet. Wir träumten davon, all diese Ziele umzusetzen. Wir träumten auch davon, in Richtung Sportschule zu gehen. Aber dafür war die Nachfrage zu gering bei uns.
Wie sind Sie mit der Entwicklung von «Lern mit» zufrieden?
Absolut zufrieden und dankbar. Ich erachte vieles, was ich in dieser langen Zeit erleben und erreichen durfte nicht als selbstverständlich mit allen «up and downs», die auch dazu gehören. Die ersten fünfzehn Jahre waren wir zu dritt zusammen, und das war bereichernd. Vor zehn Jahren habe ich die Schule allein übernommen. Ich konnte dadurch die Schule neu positionieren. So haben wir zum Beispiel seither erfolgreich die Zusatzangebote wie LegoRobotic, Programmierkurse, Theater- und Kochprojekte lanciert. Auch finden regelmässig Workshops und Fortbildungen bei uns statt. Zudem haben wir 2019 die Räumlichkeiten um rund 200 Quadratmeter erweitert, was uns im Alltag sehr viele neue Optionen ermöglicht.
Nach dem Ausstieg von Urs und Regula Neyer wurden Sie alleiniger Besitzer. Braucht es da besonderen Mut und Glück?
Ich hatte schon diverse Personen, die mich unterstützt haben. Aber es war natürlich auch notwendig, an die Leistungsgrenze zu gehen. Wie viele Selbstständige zählt man die Arbeitsstunden nicht. Es war aber sicher oft über 60 Stunden pro Woche. Mit Einsatz allein war das aber nicht machbar. Ich hatte natürlich auch Glück, und ich musste massiv viel Mut aufbringen. Denn der wirtschaftliche Druck war gross. Damals hatte die Schule 33 Schülerinnen und Schüler, heute sind es 63.
Wurde damals, vor 25 und 10 Jahren, also eine Marktlücke entdeckt?
Wir haben erwartet und gehofft, eine Marktlücke zu besetzen. Im Aargau gab es vor 25 Jahren unser Modell noch nicht. Aber im Freiamt, das wussten wir, konnte das funktionieren. Das haben wir nicht als Unternehmer gedacht, sondern als Lehrpersonen.
Wo liegt der grosse Unterschied zwischen 1999 und heute?
Vieles hat sich massiv verändert, vor allem die Schullandschaft, aber auch die Gesellschaft. Wir haben uns den grossen Veränderungen angepasst. Und ich denke, dass «Lern mit» in letzten zehn Jahren deutlich an Profil gewonnen hat.
«Lern mit» ist also eine Erfolgsgeschichte.
Ja, das darf man so sagen. Wir haben unsere Nische gefunden und besetzt. Wir haben vielen Jugendlichen helfen können, ihren Weg zu finden und das erfüllt micht nach wie vor sehr. Und das Unternehmen steht auf gesunden Beinen. Wir gewannen beispielsweise 2017 den dritten Platz vom Aargauischen Unternehmerpreis. Und der beweist mir, dass es gelungen ist, aus der Schule auch ein erfolgreiches Unternehmen zu formen. Das ist positiv.
Der Grund für die Erfolgsstory?
Es gibt nicht einen Grund. Es sind viele Mosaiksteinchen. Das Schulwesen hat mit vielen Problemen zu kämpfen. Und «Lern mit» bietet etwas an, was gesucht wird von den Eltern. Das ist entscheidend. Allerdings, die Probleme der Volksschule machen mir Sorgen.
Ihr Team ist sehr lange zusammen und auch deshalb äusserst wertvoll. Sie haben lauter langjährige Mitarbeiter.
Da bin ich voller Dankbarkeit. Die Lehrpersonen helfen tatkräftig mit, das umzusetzen, was die Jugendlichen brauchen. Gewiss, ich kann Rahmenbedingungen bieten, die es andernorts nicht gibt. Und seit zehn Jahren haben wir keine Abgänge, das ist wertvoll.
Ist der Lehrerberuf in den letzten 25 Jahren tatsächlich so viel komplizierter geworden, wie immer wieder behauptet wird?
Die Gesellschaft hat sich in dieser Zeit massiv verändert, die Anforderungen sind sehr komplex geworden. Es wird von der Lehrperson vieles verlangt, wofür sie gar nicht verantwortlich ist. Oft rückt das Schulische sogar in den Hintergrund. Schule und Unterrichten ist tatsächlich zum komplexen Thema geworden: Lehrermangel, Lehrplan 21, Gesellschaftswandel sind nur ein paar Stichwörter. Zudem hat sich die Erziehung verändert. In der Schule haben wir den Spiegel von dem, was draussen abläuft. Dem gerecht zu werden als Lehrperson, das ist schwierig. Hier bei «Lern mit» erleben wir ein Privileg. Lehrer und Schüler begegnen sich auf Augenhöhe. Und die Eltern haben Vertrauen und sind dankbar. Das erleichtert unsere Arbeit enorm.
Wie haben sich die Schülerinnen und Schüler in dieser Zeit verändert? Sie sind digitaler, frecher, selbstständiger …?
Jugendliche sind Jugendliche. Sie wachsen in der Welt auf, die wir ihnen als Gesellschaft vorsetzen. Jugendliche orientieren sich stets an uns Erwachsenen. Wir sind und bleiben Vorbilder. Dies ist vielen manchmal zu wenig bewusst. Heute geht der Trend dahin, dass Jugendliche stets im Mittelpunkt stehen müssen. Das erachte ich aber nicht als ideal für die Entwicklung der Kinder. Klare Strukturen, Verlässlichkeit, klare Linien, Verantwortung, Zuverlässigkeit und vor allem Resilienz sind wichtig. Wenn die fehlen, sind wichtige Bausteine nicht vorhanden, um die Herausforderung im Leben zu meistern. Kinder sind begeisterungsfähig und wir wollen sie auf das Leben vorbereiten. Wir wollen die Kinder lebensfähig machen für die Welt da draussen. Da muss man nicht an jedem Tag super sein, aber die Grundhaltung muss stimmen.
Wie ist «Lern mit» einzustufen: modern, zeitgemäss, einfach traditionell oder nur elitär?
Stimmt so, bis auf eine Bezeichnung. Elitär, das muss ich in aller Form zurückweisen. Natürlich geht es bei uns auch um Geld. Aber wir können den Eltern klar aufzeigen, was der Gegenwert ist. Bildung kann man im Endeffekt bei uns nicht kaufen. Es geht um das Wohl des Kindes, das seine Chance bei uns nutzen muss. Wenn das Kind dazu nicht bereits ist, nützt auch eine Privatschule nichts. Ich rede daher gerne von einer modernen, alten Schule. Offen für wichtige Entwicklungen und trotzdem traditionell. Altbewährtes hat für uns nach wie vor eine Berechtigung im Schulalltag. Vor dem Schuleintritt wird jeweils erklärt und geklärt, was der Jugendliche mitbringen muss für die Berufswelt. Daran hat sich in all den Jahren nichts verändert. Gute Bildung ist das Ergebnis von einer guten Beziehung zwischen Lehrperson und Schüler. Das gilt auch für die Volksschule.
Eltern müssen sich jedoch einen Platz bei Ihnen leisten können ...
Das ist ein Fakt, «Lern mit» ist ja auch ein Unternehmen. Wir versuchen auch, den Jugendlichen über die Schulzeit hinaus etwas mit auf den Weg zu geben. Bis jetzt haben wir mit allen Eltern Wege gefunden. Dies gilt auch für die Finanzen. Und wir können die Chancengleichheit für die jungen Menschen wahren, diese Garantie gibt es bei der Volksschule beispielsweise nicht. Wir können viel Raum für individuelle Förderung bieten.
Sie müssen sich an den Lehrplan 21 halten. Ist das der einzige richtige Weg?
Absolut nicht. Wir halten uns selbstverständlich daran. Aber viele Vorgaben des Lehrplans 21 darf man auch kritisch betrachten. Darum ist es wichtig, Prioritäten zu setzen. Und an unserer Schule können wir das.
Können Sie ein Beispiel machen?
Die Sprachenkompaktheit, die der Lehrplan 21 fordert, ist nicht ideal. Englisch und Französisch folgen einander viel zu schnell. Das wird vielen Kindern nicht gerecht und sie sind damit überfordert. Nach wie vor sind die fachlichen Grundkompetenzen in Deutsch und Mathe matchentscheidend für einen erfolgreichen Start in die Berufswelt respektive Berufsschule. Nicht zu vergessen sind alle kreativen und handwerklichen Fächer. Aber auch Kenntnisse in Word, Excel und Powerpoint erachte ich als sehr wichtig. In dieser Hinsicht haben wir sicher das Privileg, Prioritäten setzten zu können.
Der Leistungsausweis von «Lern mit» ist eindrücklich. Für alle Schulabgänger wurde eine Anschlusslösung gefunden während 25 Jahren. Was sind die Gründe für diese Top-Leistung?
Das sind über 300 Kinder. Dank grosser Unterstützung von vielen Menschen haben wird für diese Jugendlichen Verantwortung übernehmen können. Wir haben mithelfen können, ihre Schwächen auszumerzen und ihre Stärken noch zu verbessern. Das hat auch mit der Beziehungsebene und mit der Zeitreserve zu tun. Da haben wir Vorteile gegenüber anderen Schulen. Und das ist ein wichtiger Faktor.
Der Erfolg ist von der Person Reto Helbling abhängig ...
Nein, das liegt an vielen Menschen. Ich bin sicher der Kopf nach aussen. Aber ich verstehe mich ganz klar als ein Teil des Teams. Gewiss, ich investiere wohl am meisten Zeit und bin der Dreh- und Angelpunkt. Aber für den Erfolg dieser Schule ist das Team verantwortlich. Dafür bin ich auch sehr dankbar und demütig. Und die Schülerinnen und Schüler haben sich letztlich eine Anschlusslösung und den Einstieg ins Berufsleben auch selbst erarbeitet. Wir haben sie dabei lediglich begleitet und bestmöglichst unterstützt.
Wie sehen die nächsten 25 Jahre und die Zukunft allgemein Ihrer Schule?
Ich bin 52 Jahre alt und bin nach wie vor motiviert und voller Energie. Dies erachte ich definitiv nicht als selbstverständlich. Ich möchte die Schule mit Freude und Leidenschaft weiterführen. Ob es dann ein 50-Jahr-Jubiläum geben wird, das weiss ich heute natürlich nicht. Ich werde jedoch mit meinem Team versuchen, weiterhin tagtäglich eine gute, zeitgemässe und moderne Schule zu führen. Ganz zum Wohl der Schülerinnen und Schüler.
Reto Helbling persönlich
Als 21-jähriger Lehrer ist Reto Helbling vom Kanton Bern in den Kanton Aargau gekommen. Er bewarb sich an verschiedenen Schulen und bekam die Stelle an der Volksschule Aristau. Helbling nahm dann auch Wohnsitz in Aristau. Er ist Vater einer bald siebzehnjährigen Tochter.
Im Jahr 1999 gründete er zusammen mit Regula und Urs Neyer die Privatschule «Lern mit». Erster Standort war Bremgarten. Fünf Schülerinnen und Schüler wurden im ersten Jahr unterrichtet, heute zählt die Privatschule 63 Schülerinnen und Schüler. Die Lektionen finden in der Mittelstufe mit maximal 10 bis 12 und in der Oberstufe (Sekundarschule) mit 12 bis 14 Schülerinnen und Schülern statt. Es werden fünf Klassen geführt. Im Jahr 2001 kam der Standort in Wohlen an der Villmergerstrasse hinzu. Im Jahr 2006 wurden die Standorte Bremgarten und Wohlen (Villmergerstrasse) an der Bremgarterstrasse in Wohlen zusammengelegt. Dort ist heute noch der Sitz von «Lern mit». Im Jahr 2008 wurde die Schule als Unternehmen in eine AG umgewandelt. Und vor zehn Jahren hat Reto Helbling die Schule allein übernommen – er ist somit Inhaber und Schulleiter der Privatschule «Lern mit» mit Sitz in Wohlen.
«Lern mit» wurde bisher mit verschiedenen Preisen ausgezeichnet. Unter anderem mit dem dritten Rang beim Aargauischen Unternehmenspreis oder mit dem ersten Platz beim Lernfilm-Festival 2024.