Grosses Wachstum fordert
19.09.2025 Villmergen, Region UnterfreiamtIn Villmergen kandidieren alle fünf bisherigen Gemeinderäte für eine weitere Amtsperiode
Im Gegensatz zum Nachbarn Wohlen verläuft der Wahlkampf in Villmergen äusserst ruhig. Das wundert nicht, denn alle fünf Bisherigen wollen weitermachen, ...
In Villmergen kandidieren alle fünf bisherigen Gemeinderäte für eine weitere Amtsperiode
Im Gegensatz zum Nachbarn Wohlen verläuft der Wahlkampf in Villmergen äusserst ruhig. Das wundert nicht, denn alle fünf Bisherigen wollen weitermachen, Konkurrenz ist nicht in Sicht. Die fünf arbeiten gut zusammen. Und das ist wichtig, denn die Aufgaben sind komplex.
Chregi Hansen
Ueli Lütolf ist ein Urgestein in der Kommunalpolitik. Er war 20 Jahre lang Gemeinderat (und Ammann) in Hilfikon und ab 2011 Gemeinderat und später Gemeindeammann von Villmergen. Doch von Amtsmüdigkeit ist bei ihm nichts zu spüren. «Meine Motivation, mein Interesse und die Begeisterung für die Kommunalpolitik sind ungebrochen. Etwas zu bewirken, was Bestand hat, ist in der Gemeindeexekutive noch möglich», sagt er. Zusammen mit seinen aktuellen und früheren Ratskollegen sei es immer gelungen, Probleme zu lösen, statt zu streiten.
Ueli Lütolf: «Respektvolles Miteinander wird wichtiger»
Trotzdem macht er sich natürlich Gedanken über die Zukunft. «Kontinuität bei der Nachfolgeplanung ist von entscheidender Bedeutung», sagt er. Momentan würden dem Rat zwei «Youngsters» angehören. «Dies erlaubt mir, sofern ich nochmals auf das Vertrauen der Villmerger Stimmbevölkerung zählen darf, noch eine Amtsperiode anzuhängen. Da ich spätestens in zwei Jahren pensioniert werde, würde es mich sehr freuen, noch als ‹halber vollamtlicher Gemeindeammann› für Villmergen tätig sein zu dürfen.»
Besonders gefreut hat ihn in der aktuellen Amtsperiode das Vertrauen, welches der Gemeinderat beim Thema Schulraum spüren konnte. Als grosse Herausforderung erachtet Lütolf das grosse Wachstum der Gemeinde. «Das starke Wachstum der letzten Jahre verändert nicht nur den Bedarf an Infrastruktur, sondern auch die Bevölkerungsstruktur. Ein respektvolles und freundliches Miteinander ist daher umso wichtiger», sagt er. Weiter würden der Erhalt der Sicherheit und des Wohlbefindens in der Gemeinschaft Villmergens wie auch die Sicherstellung eines «erträglichen» Steuerfusses die Behörden in den kommenden Jahren fordern. Daneben nennt Lütolf den Austausch mit dem Gewerbe sowie kompetente, motivierte und zufriedene Mitarbeitende als Ziele der kommenden Jahre.
Renato Sanvido: «Müssen uns nach der Decke strecken»
Auch schon auf 12 Jahre Ratstätigkeit kann Vizeammann Renato Sanvido zurückblicken. Als Höhepunkte der laufenden Amtsperioden bezeichnet er die Gemeindeversammlungen, wo die direkte Demokratie noch richtig lebt. «Speziell waren für mich die deutlichen Zustimmungen für die Budgets und Jahresrechnungen sowie die zwei wegweisenden Projekte der Gemeindewerke Villmergen mit dem Wärmeverbund sowie dem Batterie-Energie-Speicher-System.» Die grösste Herausforderung für die Zukunft sieht er darin, bei den Finanzen der Einwohnergemeinde zukünftig einen ausgeglichenen Finanzhaushalt erreichen zu können. «Aktuell gelingt uns das bereits nicht mehr, und weitere wichtige Investitionsprojekte stehen noch vor der Türe», warnt er. Der Gemeinderat zähle bei unserer Bevölkerung auf das Verständnis, dass trotz intensiver Sparanstrengungen die Diskussion um eine Steuerfusserhöhung auch in Villmergen geführt werden muss.
Villmergen gehörte früher noch zu den steuergünstigsten Gemeinden der Umgebung. Wird das irgendwann wieder der Fall sein? «Unsere Aufgabe besteht darin, die vorhandenen Mittel bestmöglich und fokussiert zu verwenden. Da wir in Villmergen über beschränkte Mittel verfügen, müssen wir uns nach der Decke strecken. Trotzdem leben wir nach dem Prinzip, dass wir Investitionen konsequent erledigen und nicht aufschieben. Die absolute Höhe des Steuerfusses ist wichtig, jedoch nicht das einzige Kriterium für die Attraktivität und die Lebensqualität in Villmergen», findet Sanvido.
René Schmidli: «Schulwege noch sicherer machen»
René Schmidli gehört dem Gemeinderat seit 2019 an. Besonders gefreut hat auch ihn die Zustimmung der Bevölkerung zum Planungskredit für den Neubau des Mittelstufenschulhauses. «Dieses klare Votum zeigt mir, dass die Villmergerinnen und Villmerger die Weiterentwicklung unserer Schulinfrastruktur verstehen, unterstützen und Vertrauen in die Arbeit der Schule, aber auch in den Gemeinderat haben. Das bestärkt mich in meinem Engagement sehr. Das dies nicht selbstverständlich ist, zeigen einige Beispiele im Kanton Aargau», sagt er.
Die Planung des Schulraums wird ihn auch in Zukunft stark beschäftigen. Im Jahr 2026 geht es mit der Baukommission in die konkrete und detaillierte Ausarbeitung des vorgestellten Projekts, damit die Gemeinde Ende 2026 ein fertiges, baureifes Schulhaus vorstellen darf. «Es wird für mich zu einer der grossen Aufgaben in der gesamten nächsten Legislatur gehören, denn die geplante Einweihung ist just im letzten Jahr der Legislatur – im Jahr 2029 – angesetzt», so Schmidli.
Bei der Diskussion um das neue Schulhaus war der Standort ein grosses Thema – mit dem geplanten Bau vereint Villmergen die gesamte Schule an einem Ort und es entstehen lange Schulwege. Die Nähe der Schulhäuser sieht der Ressortvorsteher nicht als Problem. «Wichtig ist, dass bei einer Verdichtung klare räumliche und organisatorische Trennungen möglich sind und Schulhäuser ihre ‹eigenen› Aussenräume haben. Es entstehen aber auch Vorteile, indem Räume stufenübergreifend benutzt werden können und so Schulraum eingespart werden kann», betont er. Und eine Verschiebung eines Schulstandorts ergebe immer für die eine Seite einen kürzeren, für die andere Seite einen längeren Schulweg. Diese seien aber alle noch knapp im Rahmen der Zumutbarkeit. «Zur Sicherheit der Schulwege haben wir ein umfassendes Schulwegaudit erstellen lassen. Das Fazit der Fachleute ist: Unsere Schulwege sind sicher. Es wurden aber auch einige Vorschläge gemacht, um diese noch sicherer machen zu können. Die Arbeitsgruppe Schulwege bearbeitet diese und prüft jeweils mit Strassenbauprojekten eine mögliche Synergiennutzung.»
Daniel Füglistaler: «Bevölkerung ist bereit, mitzuwirken»
Einer der von Lütolf genannten «Youngsters» ist Daniel Füglistaler, dem vor vier Jahren die Wahl in den Gemeinderat gelungen ist. Eines seiner persönlichen Highlights der ersten Amtsperiode war der Mitwirkungsanlass und die Sitzungen mit der Arbeitsgruppe zum Areal Dorf. «Die Aufgabe des bestehenden Schulhauses Dorf im Zentrum von Villmergen ist mit Emotionen verbunden. Deshalb hat es mich umso mehr gefreut, dass so viele Interessierte am Mitwirkungsanlass teilgenommen, ihre Meinungen kundgetan und Ideen für die künftige Nutzung bei den Workshops eingebracht haben und dass eine diversifizierte Arbeitsgruppe daraus entstehen konnte. Es zeigt, dass unsere Bevölkerung gewillt ist, auch bei schwierigen Themen mitzuwirken und mitzudiskutieren», freut er sich.
Nebst der Planung und der Umsetzung des neuen Schulhauses, bei der er als Ressortleiter Liegenschaften mitwirken darf, ist das neue Nutzungskonzept für das aktuelle Unterstufenschulhaus «Dorf» eine seiner Hauptaufgaben. Eine weitere Aufgabe in seinem Ressort wird es sein, das Gebäudeportfolio der Einwohnergemeinde zu überprüfen und eine langfristige Strategie zu entwickeln. «Wir wollen wo immer möglich und sinnvoll die Liegenschaften im Besitz der Gemeinde belassen und die bestehenden Gebäude, falls nicht bereits bestehend, einem sinnvollen Nutzen zuführen.» Zudem werden die Themen Ökologie und Klima an Bedeutung gewinnen. Dem sei sich der Gemeinderat bewusst, er hat sich an der letzten Klausur Zeit genommen für das Thema. «Es geht bei der Nachhaltigkeit nicht ‹nur› um die Natur im Wald oder im Kulturland. Deshalb muss und will sich der Gemeinderat in der kommenden Legislatur weiterhin mit diesen Themen beschäftigen und nebst den bestehenden Anstrengungen einzelner Personengruppen und Vereinen selbst entsprechende Massnahmen definieren und allenfalls umsetzen», erklärt Füglistaler.
Fabian Lupp: «Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern»
Der Amtsjüngste des Quintetts ist Fabian Lupp, der die Ersatzwahl 2023 gewonnen hat. Für ihn ist die Einführung des neuen Reglements über die Gemeindebeiträge an die familienergänzende Kinderbetreuung der grösste Erfolg seiner bisherigen Tätigkeit im Gemeinderat. «Eine Überarbeitung war hier dringend notwendig. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie auf existenzsichernder Basis wird mit dem neuen Reglement gefördert und entlastet hauptsächlich Familien und Alleinerziehende Personen mit tiefen Einkommen. Das neue Reglement wurde von einem Projektteam gemeinsam erarbeitet. Das Erfolgserlebnis ist somit mehreren Personen zuzuschreiben», erklärt Lupp.
Als Ressortvorsteher Soziales beschäftigt ihn auch die zunehmende Zahl der Personen in materieller Hilfe als auch der KESD-Mandate, die mit dem Bevölkerungswachstum einher gehen. «Ein grosser Vorteil ist die enge Zusammenarbeit von Sozialdienst und KESD am gleichen Standort, wodurch Synergien entstehen und gemeinsame Fälle effizient bearbeitet werden können», erklärt der Gemeinderat. Ergänzend biete die Jugend- und Familienberatung Unterstützung für Familien, Jugendliche und Eltern in schwierigen Situationen, um Probleme frühzeitig zu lösen und die familiäre Entwicklung zu stärken. Das Bevölkerungswachstum sieht er aber auch als grosse Herausforderung bei Themen wie soziale und gesundheitliche Versorgung, Infrastruktur, Raumplanung und Verkehr und die finanzielle Belastung.
Insbesondere die Entwicklung bei den Restkosten bei der Pflege sei sehr besorgniserregend, da sie zu einer überproportionalen finanziellen Belastung für die Gemeinden führt. Doch da die Handlungsmöglichkeiten der Gemeinden begrenzt sind, liegt die Lösung bei Kanton und Regierungsrat. Doch wie überall wird auch die Bevölkerung von Villmergen immer älter. Ist die Gemeinde darauf vorbereitet? «Wir wollen sicherstellen, dass ältere Menschen weiterhin selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können», betont Lupp. Die Kommission 60+ berät dabei den Gemeinderat strategisch und setzt abgestimmte Massnahmen und Projekte um, während die Arbeitsgruppe Avanti 60+ vielfältige Angebote bereitstellt. Und im Gesundheitsbereich stellt die Gemeinde gemeinsam mit Partnern wie der Oberen Mühle Villmergen und der Spitex am Puls die Betreuung und Pflege sicher. «Villmergen ist mit den vorhandenen Ressourcen gut vorbereitet – denn Alterspolitik ist eine Gemeinschaftsaufgabe», ist Lupp überzeugt.
Alle fünf betonen die grosse Herausforderung, welche das starke Wachstum mit sich bringt. Das Quintett ist bereit, die grossen Aufgaben der kommenden Jahre anzupacken. Da sich keine anderen Kandidaten gemeldet haben, ist ihre Wiederwahl wohl nur eine Formsache.