Gourmetküche trifft auf Anfänger
28.11.2025 Villmergen, Region UnterfreiamtLernen von einem Starkoch
Kochkurs für Senioren in Villmergen
Als Anfänger-Kochkurs war der Anlass des Seniorenvereins Villmergen ausgeschrieben. Doch wenn der Kurs durch den ehemaligen Küchenchef des «Palace» in Gstaad geleitet ...
Lernen von einem Starkoch
Kochkurs für Senioren in Villmergen
Als Anfänger-Kochkurs war der Anlass des Seniorenvereins Villmergen ausgeschrieben. Doch wenn der Kurs durch den ehemaligen Küchenchef des «Palace» in Gstaad geleitet wird, dann werden eben nicht nur Spiegeleier und Toast Hawaii zubereitet. Hugo Weibel fordert die Villmerger Senioren. Und führt sie mit Fachwissen, praktischen Tipps und einer Prise Humor zu kulinarischen Höhepunkten. --chh
Seniorenverein Villmergen lud zum Kochkurs für Männer mit Spitzenkoch Hugo Weibel
Der Kurs richtet sich vor allem an Anfänger. Hugo Weibel, der einst im «Palace» in Gstaad die Reichen verwöhnt hat, fordert die Teilnehmer mit seiner Menüwahl ziemlich. Der Einsatz lohnt sich, das Essen schmeckt. Und die Stimmung ist bombastisch.
Chregi Hansen
Es ist der letzte von fünf Abenden. Da ist natürlich ein Festessen gefragt. Eine Bündner Gerstensuppe als Vorspeise. Zürcher Geschnetzeltes mit Nierli und Champignons samt Rösti und Capuns zur Hauptspeise. Und ein Schokoladenküchlein mit einem flüssigen Kern und einer Joghurtglace als Dessert. Die 20 Villmerger Senioren sind gefordert in den kommenden Minuten. Dies umso mehr, als einige von ihnen noch nie gekocht haben.
«Anfänger-Kochkurs für Männer», so hat der Seniorenverein den Anlass genannt. An fünf Abenden sollen den 20 Teilnehmern die grundlegenden Techniken und die Zubereitung von leckeren Gerichten vermittelt werden. Lehrmeister ist kein Geringerer als Hugo Weibel, während vieler Jahre Chef de Cuisine im renommierten «Palace» in Gstaad, wo er die Schönen, Reichen und Berühmten kulinarisch verwöhnt hat.
Arbeiten im Team
Weibel, der im Villmerger Weiler Hämbere aufgewachsen ist, hat in seiner Berufskarriere Hunderte von jungen Köchen ausgebildet. Doch so gefordert wie in diesem Kurs war er wohl noch nie. Denn ein grosser Teil der Teilnehmer hat keinerlei Ahnung vom Kochen. Er wiederum ist ein Meister seines Fachs und will nicht bloss einfache Gerichte auftischen. «Ich habe gehofft, hier einige Grundlagen zu lernen. Aber der Hugo fordert uns extrem», jammert einer der Senioren schmunzelnd. Andere hingegen freuen sich. «Ich kann schon kochen. Aber hier lerne ich ganz viel dazu», sagt ein Zweiter. Und ein Dritter hat eigentlich keine Zeit für Fragen, muss sich ganz auf das Schnippeln des Gemüses konzentrieren. «Ich bin froh, macht das zu Hause meine Frau», gibt er zu.
An vier Stationen sind die Männer in der Schulküche im Hof im Einsatz. Jede Gruppe übernimmt einen Teil des Menüs. Dazwischen rotiert Hugo Weibel, gibt da Tipps, greift da kurz zum Messer, schmeckt ab, warnt vor dem Wasser, das bald überkocht. Mit der Zeit bilden sich doch einige Schweisstropfen auf seiner Stirn. «Wir arbeiten mit hochwertigen Produkten, etwa mit Kalbfleisch. Dann sollte es schon auch gut schmecken», erklärt Hans Peter Urech, der Vizepräsident des Vereins. Und einige der Teilnehmer hätten eben wirklich null Ahnung. «Das ist es wichtig, dass sie richtig angeleitet werden», so Urech. Auch der Umgang mit einem Induktionsherd muss erst einmal erlernt werden. Und wo was in der Schulküche aufbewahrt wird, ist auch am fünften Abend noch nicht allen klar.
Wertvolle Tipps vom Experten
«Mit ist es wichtig, dass alle etwas zu tun haben und niemand einfach herumsteht», erklärt Weibel. Darum hat er die Menüs in verschiedene Arbeitsschritte unterteilt, die er vor dem Gang in die Küche im Detail erklärt. Haargenau sind die einzelnen Elemente des Rezepts aufgeführt. Dazu kommen die Tipps des Starkochs. «Beim Anbraten des Fleischs muss die Pfanne richtig heiss sein. Und dann nie herumrühren. Fleisch einmal drehen und fertig», so die Anweisung. Und bei der Rösti kommt die Butter erst ganz am Schluss dazu, zum Braten selber nimmt er Öl. «Noch besser wäre Schweineschmalz», so sein Rat. Der Starkoch leitet mit viel Fachwissen, aber auch mit Witz durch den Abend. Das Wichtigste sei, mahnt er, vor dem Kochen alle Zutaten bereitzustellen und abzuwägen, «dann geht nachher auch nichts vergessen».
Der Tipp ist gut gemeint, in der Praxis geht er vergessen. Wie viel Gemüse denn da in der Schüssel sei, will Weibel wissen. Doch dummerweise hat es niemand gewogen. Die Küchleinmasse wird Handgelenk mal Pi in die Form gegossen. «Es sollte überall gleich viel drin sein, das muss man vorher ausrechnen», mahnt der Küchenchef.
Nächstes Mal für die Frauen
Bald schon herrscht Chaos in der Küche. Hier wird das Mehl vermisst, welches man nur schnell dem Kollegen ausgeliehen hat. Da wird nach einem scharfen Messer verlangt. Und wer hat alle grossen Pfannen weggenommen? Doch bei all der Hektik ist die Stimmung bestens, fallen viele Sprüche und gibt es so manches Aha-Erlebnis. «Hugo hat uns an allen fünf Abenden gefordert. Aber am Schluss haben wir immer sehr fein gegessen», erzählt Urech. Und danach gemeinsam die Küche wieder blitzsauber hinterlassen. Das Kochenlernen sei nur ein Aspekt des Kurses gewesen. «Genauso wichtig war der zwischenmenschliche Kontakt. Einen Abend lang hat man als Team zusammengearbeitet und sich ausgetauscht», macht der Vizepräsident deutlich. Und wer weiss, vielleicht nimmt sich einer der Senioren eines der Rezepte und verwöhnt zu Hause einmal seine Frau.
Apropos Frauen: Im kommenden Herbst führt der Seniorenverein Villmergen erneut einen Kochkurs mit Hugo Weibel durch. Dann dürfen alle guten Köchinnen ihre Fähigkeiten an fünf Abenden erweitern. Man braucht kein Prophet zu sein, um vorherzusagen, dass es für Weibel weniger stressig wird. Wie man ein Rüstmesser richtig hält, dürften die meisten Frauen wissen. Einen Augenschein bei diesem zweiten Kurs wird es aber sicher geben.





