Goldenes Material
04.07.2023 Wohlen«Sichlete» im Schweizer Strohmuseum: Vortrag von Flechtmaterialproduzentin Claudia Künzi
Das Stroh wird im Strohmuseum schon fast zelebriert. Mit einem Vortrag wird den Besuchern die Arbeit vor der Verarbeitung nähergebracht und die ...
«Sichlete» im Schweizer Strohmuseum: Vortrag von Flechtmaterialproduzentin Claudia Künzi
Das Stroh wird im Strohmuseum schon fast zelebriert. Mit einem Vortrag wird den Besuchern die Arbeit vor der Verarbeitung nähergebracht und die «Sichlete» gefeiert.
Monica Rast
Seit 2021 wird im Rondell vor dem Schweizer Strohmuseum Getreide angepflanzt. «Es passt einfach», erklärt Petra Giezendanner. Das Museum beschäftigt sich vor allem damit, was sich mit Stroh alles herstellen lässt. An der «Sichlete» liegt der Fokus bei der Ernte und dieses Mal darauf, was es alles dazu braucht, um das Rohmaterial zu verwenden.
Dazu wurde Claudia Künzi eingeladen. Sie und ihre Familie stellen Stroh für das Kunsthandwerk Strohflechten in Maschwanden her. Der Bereich Dekogetreide ist ein wichtiges Standbein des Betriebes. Künzis sind seit 35 Jahren die einzigen Produzenten in der Schweiz. Das Getreide wird vom Anbau bis zur fertigen Deko auf dem Hof verarbeitet. Sie sind auch die Lieferanten des Strohmuseums im Park.
Grosses Know-how angeeignet
«Für die Herstellung des Dekogetreides braucht es ganz andere Kriterien als beim Brotanbau», erklärt Claudia Künzi den Besuchern. «Wir haben uns das nötige Know-how über Jahre hinweg angeeignet.» 15 verschiedene Getreidesorten stehen im Angebot. Dabei werden nicht jedes Jahr alle Sorten ausgesät, da viel Arbeit, vor allem Handarbeit, bei der Produktion anfällt. «In der Regel sind dies rund sieben Sorten», meint Künzi. «Nicht alle Sorten sind für alles brauchbar.» Fürs Strohflechten oder Dekorieren eignen sich besonders langhalmige Sorten mit kleinen Ähren. Höhere Sorten wie Emmer und Einkorn werden mit einer Netzspannung vor dem Umknicken geschützt. «Nicht ideal, da es die Ernte erschwert», erklärt die Bäuerin. Die verschiedenen Getreide werden in der sogenannten Milchreife geerntet, Anfang bis Mitte Juli. Der Halm ist so geschmeidig zum Flechten und die Ähren noch nicht gebogen. Genau richtig für die Weiterverarbeitung von Dekogetreide. Nach Wunsch wird auch Getreide im grünen Stadium geschnitten. «Das Museum liebt den grünen Roggen», bemerkt Claudia Künzi, «Getreidekränze bleiben so schön leicht.»
Viel Handarbeit
Mit einem Bindemäher wird das Getreide geerntet. Das Gefährt schneidet und bindet das Getreide zu Garben. Heisse Sommertage helfen, die geschnittenen Garben zu trocknen, die drei Tage auf dem Feld liegen bleiben und von Hand gewendet werden. «Dabei ist das Beladen Chefsache.» Bevor die Garben in der Scheune aufgehängt werden, kontrolliert man nochmals die Bindeschnur, die sich durch das Trocknen gelockert hat. Viel Handarbeit bei rund 1500 Garben. «Ein wunderschöner Anblick, wenn das ganze Feld kopfüber steht», sinniert die Produzentin. Neben dem Dekomaterial bieten die Künzis auch Strohtrinkhalme an. Diese werden vor allem aus Roggen hergestellt. Rund 250 Pakete mit dem goldenen Gut verschickt die Familie pro Jahr. Daneben bietet sie Kurse an oder verschickt fertige Dekoprodukte in die ganze Schweiz.
Höchste Zeit
Der Weizen in der Rondelle hat bereits das nächste Stadium, die Teigreife, erreicht. «Es ist schwierig, einen passenden Termin für die ‹Sichlete› zu planen», meint Ruedi Donat, der seine «Sägise» schwungvoll ansetzt. Von der Milchreife bis zur Ernte dauert es vier bis sechs Wochen. Wobei das Korn in den letzten Jahren immer früher reif wird. «In 14 Tagen wird nicht mehr viel von den Weizenfeldern stehen», meint er. Zügig und mit gleichmässigen Schnitten liegt der Weizen in Kürze am Boden. Mit dem Taschentuch kurz über die Stirn gewischt, ist die «Sichlete» auch schon wieder vorbei.