«Ginge es nach dem Herzen, dann ewig»
25.07.2023 Bremgarten«Auf ein Glas Wasser mit ...»: Myriam Rufer-Staubli, Unternehmerin und Präsidentin der Operettenbühne Bremgarten
Mit der «Fledermaus» wurde dieses Jahr das 100-Jahr-Jubiläum der Bremgarter Operettentradition begangen. Präsidentin ...
«Auf ein Glas Wasser mit ...»: Myriam Rufer-Staubli, Unternehmerin und Präsidentin der Operettenbühne Bremgarten
Mit der «Fledermaus» wurde dieses Jahr das 100-Jahr-Jubiläum der Bremgarter Operettentradition begangen. Präsidentin Myriam Rufer-Staubli blickt auf eine intensive Zeit mit neuen Herausforderungen zurück. Und voller Tatendrang in die Zukunft.
Marco Huwyler
Seit mittlerweile 16 Jahren präsidiert Myriam Rufer-Staubli die Bremgarter Operettenbühne. Engagiert im Verein ist sie gar seit über vier Jahrzehnten. Dank diesem Rucksack weiss Rufer-Staubli genau, wie es eine grosse Kiste anzupacken gilt, wie es eine Saison der Bremgarter Operette mittlerweile ist. Doch die letzten vier coronageprägten Jahre waren auch für die umtriebige Ur-Bremgarterin speziell. Denn als «Die Fledermaus» nach unsicheren Zeiten mit zwei Jahren Verspätung endlich losfliegen durfte, musste man feststellen, dass sich die Konsumgewohnheiten der potenziellen Besucher gewandelt haben. Umso erleichterter ist das Team um Myriam Rufer-Staubli nun aber, dass man trotzdem eine positive Bilanz ziehen darf, über ein gelungenes Projekt, das für alle Beteiligten hochintensiv war.
Gut zwei Monate ist es nun her, dass sich am 13. Mai nach 23 «Fledermaus»-Aufführungen der Vorhang im Casino zum letzten Mal schloss. Haben Sie sich gut erholt?
Myriam Rufer-Staubli: Nun, es ist nicht so, dass ich seither lange Zeit hatte, die Beine hochzulagern (lacht). Mit dem Partyservice (Rufer-Staubli führt als Geschäftsführerin ein lokales Catering- und Gastrounternehmen, Anm. d. Red.) war danach Hochsaison. Und auch am Leuefäscht waren wir damit an einigen Fronten beteiligt. Doch nun ist der Moment zum Durchatmen gekommen. Drei Wochen Betriebsferien. Ausf lüge, Wandern in den Bergen, ein Abstecher nach Italien – ich freue mich riesig darauf.
Zeit auch, um mit etwas Abstand auf die abgelaufene Operettensaison zurückzublicken. Wie fällt Ihr Fazit aus?
Auf emotionaler und zwischenmenschlicher Ebene absolut grossartig. Das Feedback war überwältigend positiv. Und gefühlsmässig hatten wir noch nie so viele Standing Ovations wie dieses Jahr. Das rührt mich und ist ein schöner Lohn für all die Strapazen. Als ich bei der Dernière ins Publikum geschaut habe, auf all diese stehenden und applaudierenden Menschen, da hatte ich Tränen in den Augen. Glückstränen, aber auch ein wenig Tränen aus Wehmut, weil schon wieder alles vorbei war (lächelt).
Und doch herrschte über dieser Spielzeit nicht bloss eitel Sonnenschein. Zeitweise fürchtete man gar, heuer ein gröberes Minus einzufahren ...
Das ist tatsächlich so. Wir mussten feststellen, dass sich die Gewohnheiten der Menschen nach der Pandemie geändert hatten. Früher herrschte einige Wochen vor dem Beginn der Operettensaison ein gewisses Mass an Planungssicherheit. Man nutzte den Vorverkauf und wir konnten ungefähr abschätzen, wohin die Reise geht. Doch dieses Jahr war das gar nicht so. Nach den ersten Vorstellungen klaffte bei den verkauften Tickets ein grosses Loch. Ich hatte zeitweise schlaflose Nächte. Wenige Tage im Voraus waren für viele Vorstellungen der zweiten Saisonhälfte noch unter 50 Prozent der Tickets verkauft.
Und doch wendete sich alles zum Guten.
Genau. Auf fast wundersame Weise füllten sich die Vorstellungen jeweils kurzfristig noch. Es gab viele Kurzentschlossene. Das scheint der Zeitgeist momentan zu sein. Dass man sich nicht zu sehr im Voraus binden möchte. Spontaneität ist angesagt. Das ist natürlich legitim, macht mein Leben als Verantwortliche aber nicht gerade stressfreier. Nach dieser Saison habe ich einige graue Haare mehr (lacht).
Wie sahen denn die Zahlen schlussendlich aus?
Gesamthaft liegen wir bei einer Auslastung von rund 80Prozent. Das bedeutet, dass wir sicherlich schwarze Zahlen schreiben. Darüber bin ich sehr froh, denn lange sah es wirklich nicht danach aus. Auch wenn wir uns idealerweise noch ein wenig mehr Gewinn gewünscht hätten, um für die nächste Inszenierung ein kleines Polster zu haben. Schliesslich wagen wir uns dann wieder an ein eher unbekanntes Stück.
2025 wird in Bremgarten «Die Zirkusprinzessin» von Emmerich Kálmán aufgeführt. Ist auch schon klar mit welcher künstlerischen Leitung? Das Engagement von Regisseur Volker Vogel und Dirigent Tobias Engeli war vor der «Fledermaus» vorerst auf diese Inszenierung befristet gewesen.
Wir machen gemeinsam weiter, dieser Wille bestand schon bald von allen Seiten. Die beiden haben mit ihrer fröhlichen, erfrischenden und doch fordernden Art super zu Bremgarten und zu unserer Operettenbühne gepasst. Überhaupt herrschte dieses Jahr zwischen allen Involvierten viel Herzlichkeit. Auch mit den beteiligten professionellen Solisten können wir uns durchs Band eine weitere Zusammenarbeit vorstellen. Alle fügten sich harmonisch und ohne Starallüren in unser grosses Ganzes. Dass es keine zu grossen Egos bei uns hat, ist mir sehr wichtig. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Deshalb weiss ich, dass es nicht selbstverständlich ist, und schätze auch die menschliche Seite aller Beteiligten sehr.
Wie geht es abgesehen davon weiter mit der Bremgarter Operettenbühne?
Wir müssen wohl, vor allem bei den Involvierten abseits der Bühne, altershalber Rückzüge verkraften, die nicht leicht zu kompensieren sein werden. Abgesehen davon sehe ich uns gut aufgestellt. Nicht bloss personell, sondern auch strukturell. Vieles, wo Änderungsbedarf herrschte, wurde glücklicherweise schon während der Coronapause angepackt und in die richtigen Bahnen geleitet.
Wie sieht es bei Ihnen persönlich aus? Können Sie weiterhin so viel Engagement und Herzblut für die Bremgarter Operette aufbringen?
Auf jeden Fall! Zumindest bis auf Weiteres. Zwar sind die körperlichen und mentalen Batterien nach einer Saison jeweils fürs Erste aufgebraucht. Aber das Herz ... Wenn es nach dem Herzen ginge, dann könnte ich ewig weitermachen und das ganze Jahr durch Operetten stattfinden lassen. Es gibt einem dermassen viel. Ich freue mich deshalb bereits jetzt riesig auf 2025.