Gemeinsam können
24.10.2025 Leserbriefe, Region OberfreiamtWas vor einiger Zeit in Bern vorgefallen ist, wird jetzt zum Glück von den meisten Parteien missbilligt, und Konsequenzen werden gefordert. Aber es zeigt, dass immer mehr Gruppierungen einen Vorwand nehmen, um für «ihren Standpunkt» zu kämpfen. Es ging nicht mehr um ...
Was vor einiger Zeit in Bern vorgefallen ist, wird jetzt zum Glück von den meisten Parteien missbilligt, und Konsequenzen werden gefordert. Aber es zeigt, dass immer mehr Gruppierungen einen Vorwand nehmen, um für «ihren Standpunkt» zu kämpfen. Es ging nicht mehr um Frieden in Gaza, sondern einfach darum, den Frust und den Hass loszuwerden. Auch die kontroversen Hasskommentare zeigen, dass der Frust der Gesellschaft gross ist. Dass es immer mehr eine Spaltung der Gesellschaft gibt, ist auch in der Sotomo-Studie nachzulesen. Familien und Freundschaften zerbrechen nicht nur an der Frage der Corona-Impfung, sondern auch an diversen anderen Themen wie Bargeld, Migration, EU – Alt gegen Jung, Links gegen Rechts, Frau gegen Mann und umgekehrt. Das Problem sind also nicht die Kriege, die ausserhalb der Schweiz stattfinden oder die Politiker, sondern unsere eigene und immer vereidigendere Haltung, die zur Spaltung führt.
Ich finde es wichtig, dass wir unbewilligte Demos verbieten und auch solche Gewalt und Sachbeschädigungen nicht toleriert werden. Aber Verbote lösen das Problem der Unzufriedenheit nicht. Sie sehen sich immer mehr an die Wand gedrängt und der Dampf wird irgendwo anders abgelassen. Also müssen wir, damit nicht alles eskaliert, alle abholen, um zusammenrücken zu können. Wir müssen uns alle überlegen: Was kann ich von der Sicht des Gegenübers akzeptieren, um eine gemeinsame Welt zu erbauen, die auch für mich tolerierbar ist? So gibt es immer einen Mittelweg. Kein Kampf zwischen Bargeld gegen bargeldlos. Wir verlieren nichts, wenn wir Bargeldkassen weiterhin beibehalten und parallel auch die smarten Zahlungsmittel zulassen. Und es soll auch keinen Kampf zwischen Arm und Reich geben, da braucht es doch einen Antrieb für alle, die etwas erschaffen möchten. Es darf auch keinen Kampf zwischen gesteuerter Migration und offenen Grenzen geben. Wir brauchen die Migration und sind als Gesellschaft auch dank vieler Migranten zu Wohlstand gekommen.
Aber es braucht einfach gemeinsam definierte Regelungen, aus welchem gemeinsamen «Kässeli» wir das bezahlen sollen. Haben wir ein Risiko? Nehmen wir jemandem etwas weg und kann er oder sie sich dadurch bedroht fühlen? Welche Anzahl kann das kleine Eco-System verkraften, um kein Ungleichgewicht zu bekommen? So braucht es in der Natur oder in einem Aquarium ebenfalls ein Gleichgewicht, damit das Ökosystem bestehen kann. Von Algen, Korallen, Anemonenfische bis hin zu den grossen Fischen, die es im System auch braucht, weil sie das eigene ökologische System beschützen.
Ich hoffe, dass ich einigen Lesern aus dem Herzen spreche und einige auch das Gefühl haben, dass wir es gemeinsam noch schaffen können. Mehr gegenseitige Kompromissbereitschaft, um Konflikte verhindern zu können, bringen uns schliesslich auch einen eigenen Mehrwert. So ist es sogar wissenschaftlich erwiesen, dass es uns grössere und langanhaltendere Glücksgefühle bringt, wenn wir anderen etwas geben, als dass wir uns selbst etwas guttun. Und man hat im Kleinen etwas für eine bessere Welt und für ein gutes Karma/ Gewissen, oder was auch immer, beigetragen.
Reto Jenny, Benzenschwil
