Für alle Gutes tun
03.12.2024 WohlenCyrille Meier ist neuer Brauchtumsleiter vom Verein Freunde St. Nikolaus Wohlen
Im Jahr 1941 ging in Wohlen der Samichlaus erstmals auf Familienbesuch. Geprägt wurde die Tradition vor allem von Chlausvater Röfe Wüst, der die Verantwortung nun abgegeben hat. ...
Cyrille Meier ist neuer Brauchtumsleiter vom Verein Freunde St. Nikolaus Wohlen
Im Jahr 1941 ging in Wohlen der Samichlaus erstmals auf Familienbesuch. Geprägt wurde die Tradition vor allem von Chlausvater Röfe Wüst, der die Verantwortung nun abgegeben hat. Cyrille Meier, ehemaliger Einwohnerratspräsident, hat die Führung übernommen.
Daniel Marti
«Chlausvater» – diese Bezeichnung ist in Wohlen besetzt und gehört nur einer Person: Rolf Röfe Wüst. Er übernahm 1978 diesen Job und organisierte das Samichlaus-Brauchtum über die Jahre hinweg. Bis zum letzten Jahr. Also 45 Jahre lang. Was für eine Leistung. Was für ein Engagement. Wüst übergab dann die wichtige Tätigkeit an Cyrille Meier. «Darum», sagt Meier, «es gibt in Wohlen nur einen Chlausvater.» Röfe Wüst ist dies wohl auf Lebzeiten. Er selbst sei der neue Brauchtumsleiter, präzisiert Cyrille Meier. Und der hatte in den vergangenen Wochen einiges zu tun. Schliesslich gehen die zehn Samichläuse vom kommenden Freitag bis am Sonntag auf Familienbesuch in Wohlen und Anglikon. Und am Sonntag, 8. Dezember, 16.45 Uhr, steht mit dem traditionellen und imposanten Chlausauszug aus der katholischen Kirche der Höhepunkt an. Cyrille Meier und sein Team sind gerüstet. Viel Erfahrung spielt mit, das eingespielte Team kennt die Abläufe.
Demokratisch zum Samichlaus gewählt
Cyrille Meier, bis vor einem Jahr noch Einwohnerratspräsident und politisch verankert, freut sich auf das kommende Wochenende. Und er ist auch froh, dass er gegenwärtig eine Pause von der Politik geniessen kann. Familie und Chlaus-Tradition haben klar Vorrang. Er weiss auch beim Samichlaus-Brauchtum, wovon er spricht. Er war in seiner Karriere Diener, Schmutzli, Oberschmutzli, Samichlaus. Irgendwie der normale Werdegang für ein Mitglied der Jungwacht. «In der Regel ist Oberschmutzli die Krönung der Laufbahn.» Dass danach noch die St.-Nikolaus-Rolle folgt, ist überhaupt nicht selbstverständlich. In Wohlen benötigt es zehn Samichläuse mit ihrer gesamten Gefolgschaft. Und diese Herausforderung ist begehrt, manchmal gibt es sogar eine Warteliste.
Cyrille Meier wurde im Jahr 2011 demokratisch gewählt, von den bestehenden Chläusen. Und er erlebte in jenem Jahr seine Premiere. Neun Jahre lang blieb er dieser Rolle treu – und ein weiteres Mal ist er an einem Abend praktisch als Ersatzmann für einen erkrankten Samichlaus eingesprungen.
Die zwei Jahre als Diener waren ebenfalls unvergesslich. «Sie waren aber auch anstrengend», sagt er heute. Und irgendwie sei er sich ein wenig ausgestellt vorgekommen. «Den Diener sehen alle und man kennt ihn. Als Schmutzli kann man sich noch irgendwie verstecken.»
Die Zeiten als Samichlaus seien dagegen prägend gewesen. «Die Familienbesuche und die Auszüge aus der Kirche sind in bester Erinnerung geblieben.» Die Spannung der Kinder habe er stets genossen. «Was steht wohl im Goldenen Buch?» Diese Frage stand den Kindern oft ins Gesicht geschrieben. Unvergesslich ist auch sein allererster Familienbesuch. Gleich sechs Kinder wollten vom Samichlaus vor allem Gutes hören. «Viel Spass», habe er sich gedacht, «hoffentlich kann ich mir alle sechs Namen merken.» Es hat geklappt. «Aber die Erwartungen an den Samichlaus sind einfach gross, er gibt den Takt an», weiss Meier.
Vom Alleingang zur Teamarbeit
Nach neun Jahren war es für ihn Zeit, jüngeren Kräfte Platz zu machen. «Es gibt ja viel Interessierte, und die Jungen sollen eine Chance erhalten.» Und kaum hatte er seine Karriere als Samichlaus beendet, kam eben dieser Röfe Wüst auf ihn zu. «‹Wir müssen reden›, sagte er zum mir.» Die Nachfolge vom Chlausvater zum neuen Brauchtumsleiter war damit eingeläutet.
Röfe Wüst hat grosse Spuren hinterlassen. In seine Fussstapfen zu treten, muss gut überlegt sein. Nicht nur seine fast ewige Treue und riesige Erfahrung sind beispielhaft. Im Jahr 2018 wurde Wüst mit dem Kulturpreis der Gemeinde Wohlen ausgezeichnet. Früher habe sein Vorgänger das Brauchtum praktisch im Alleingang geführt, blickt Cyrille Meier zurück. «Die letzten zwanzig Jahre konnte er dann auf grosse Unterstützung zählen und in den letzten drei, vier Jahren wurden die Belastungen auf mehrere Schultern verteilt.» Unter diesen Voraussetzungen konnte Lehrer Meier, der im Schulhaus Junkholz unterrichtet, zusagen für sein neues Hobby.
Dank grosser Unterstützung ist der neue Brauchtumsleiter vor allem im Hintergrund tätig. «Es stehen viele gute Menschen hinter der Sache. Vieles ist gut abgesprochen. Es läuft.» Cyrille Meier sieht das Amt des Brauchtumsleiters oft auch als repräsentative Rolle. Die Planung für die Chlauszeit beginnt bereits im März und endet in der Organisation der Familienbesuche. Nun ist alles abgeschlossen, nun gibt es vor allem viel Vorfreude auf die Umsetzung einer wunderbaren Tradition.
«Der Samichlaus ist für alle da»
Die zehn Samichläuse werden von Freitag bis Sonntag rund 120 Familien und 370 Kinder besuchen. Der Trend gehe dahin, dass sich diverse Familien zusammenschliessen für den Besuch des St. Nikolaus. «Der Aufwand bleibt für uns aber der gleiche», so Meier. Die Chlaus-Gewänder sind teuer, die Bärte müssen frisiert werden, die Kutten der Schmutzli braucht es ebenso wie Stumpen, Nüssli, Mandarinnen, Schoggi oder Fünfräppler für den Auszug. «Der Samichlaus will für alle da sein und Gutes tun, und er möchte immer ein positives Zeichen setzen», betont Meier.
Die Chlaus-Zeit soll in Wohlen immer mit hoher Qualität gelebt werden. Deshalb liess man die Tradition zertifizieren. «Das hohe Level gehört einfach dazu», weiss der Brauchtumsleiter. Dazu gehört auch eine Probe der Samichläuse, bevor es dann zu den Familien geht. Stolz ist man zudem auf die liturgischen Farben der Chlausgewänder Weiss, Rot, Violett, Grün. Das ist speziell in Wohlen. «Der Samichlaus soll in Wohlen wie ein Bischof auftreten», sagt Cyrille Meier, der sich bereits auf den Chlausauszug vom nächsten Sonntag freut. Das ist auch für ihn immer ein besonderes Schauspiel. Dann ist die Arbeit für den Brauchtumsleiter praktisch gemacht. Dann wird er mit seinem Sohn unter den Zuschauern weilen. Und stolz wird er dann die Treppe hinaufschauen und den Anlass geniessen.
Besuche und Auszug
Die wichtige Daten der Chlausaktion in Wohlen und Anglikon.
Freitag und Samstag, 6. und 7. Dezember, Besuchstag in Wohlen und Anglikon.
Sonntag, 8. Dezember: 10.30 Uhr Chlausmesse in der katholischen Kirche Wohlen mit Bischofsvikar Hanspeter Wasmer und dem St. Nikolaus. – 16.45 Uhr Chausauszug aus der katholischen Kirche. Anschliessend Besuchstag in Wohlen und Anglikon.