Fertig Genuss
16.08.2025 Region OberfreiamtDer beliebte Treffpunkt von «Handwerk für Mundwerk» in Aristau empfängt keine Gäste mehr
61 Tage nach der Eröffnung hat es bereits wieder dichtgemacht, das «Genusswerk» in Aristau. Sehr zum Bedauern vieler im Dorf. Die Geschichte ...
Der beliebte Treffpunkt von «Handwerk für Mundwerk» in Aristau empfängt keine Gäste mehr
61 Tage nach der Eröffnung hat es bereits wieder dichtgemacht, das «Genusswerk» in Aristau. Sehr zum Bedauern vieler im Dorf. Die Geschichte eines grossen Missverständnisses.
Thomas Stöckli
Hier die initiativen Betreiber, die mit viel Herzblut bewirtet haben in ihrem Bistro und Edelbrocki. Da der Gemeinderat, der das neue Angebot als riesige Bereicherung fürs Dorf feierte und selber zu nutzen gedachte. Und dort die Bevölkerung, die sich über ihre «Wohlfühloase», den «schönen ‹Place to be›» freute. Ideale Voraussetzungen also für eine lange Erfolgsgeschichte im Sinne der Dorfgemeinschaft? Es sollte anders kommen.
Lieber «frei und ohne Zwänge»
«Es ist alles zu kompliziert und bürokratisches Kleinbürgertum», heisst es auf dem gelben Zettel, unterzeichnet von Tanja Aebli und Hugo Lenzlinger, der seit Anfang Woche an der Eingangstür des «Handwerk für Mundwerk» im Zentrum von Aristau hängt und die Schliessung dieses «Genusswerks» verkündet. Gerade mal 61 Tage nach der Eröffnung. Und weiter: «Die Gemeinde und der Kanton haben zu viele Paragrafen und Auflagen, welche wir nicht einhalten können und nicht einhalten möchten. Wir haben uns aus diesem Grund entschieden, unser Leben wieder frei und ohne Zwänge zu leben.»
Wie konnte es dazu kommen? Ein Streitpunkt sind die Parkplätze. Die eigenen vor dem Lokal wurden zu Sitzplätzen umfunktioniert. Stattdessen nutzten die «Genusswerk»-Gäste die öffentlichen Parkplätze der Gemeinde direkt nebenan. Das könne man im Sinne der Gleichberechtigung nicht kostenlos gestatten, befand die Gemeinde. Für ihr «Wochenend-Hobby» rechne es sich nicht, 400 bis 500 Franken für Parkplätze auszugeben, versuchte Tanja Aebli ihren Standpunkt klarzumachen.
Gespräch am Schalter der Gemeindeverwaltung
Weiter polarisierten ein Pavillonzelt und ein an der Kantonsstrasse aufgestelltes Kunstobjekt, dessen Platzierung nicht den kantonalen Auflagen entspricht. Dabei seien ihre Ideen für Kunst im öffentlichen Raum bei der kantonalen Kulturförderung gut angekommen, so Tanja Aebli. Als nächster Aussteller wäre ein Steinmetz vorgesehen gewesen.
Diese und andere Differenzen hätten am Montag bei einem Gespräch am Schalter der Gemeindeverwaltung geklärt werden sollen. Statt zur Einigung kam es zum Bruch und damit zum Rückzug des «Genusswerks». «Das hat mich sehr überrascht», sagt Frau Gemeindeammann Isabelle Hediger. «Persönlich finde ich das sehr schade, ich wohne in der Nähe und meine Tochter war Stammkundin», sagt sie. Und auch aus der Bevölkerung habe sie nur Gutes gehört.
Den Vorwurf der Zwängerei will sie allerdings nicht unwidersprochen lassen: «Als Gemeinderat sind wir sehr offen, möglich zu machen, was im Rahmen des Gesetzlichen erlaubt ist», betont sie. Mit dem Gemeinderat habe das «Genusswerk» allerdings gar nicht das Gespräch aufgenommen.
Unverständnis und Bedauern
Bei Tanja Aebli liefen in den letzten Tagen derweil die Drähte heiss: Über 250 Reaktionen habe sie per Mail und Telefon erhalten, die Leute bekundeten ihr Unverständnis für die Situation und ihr Bedauern über das Aus des beliebten Angebots. Ein Angebot, das von der Bevölkerung sehr gut angenommen worden sei, wie Aebli betont. Sie spricht von zahlreichen Buchungen zu Geburtstagen, aber auch von einer geplanten Zusammenarbeit im Rahmen des Sprintwettbewerbs «Schnellst Aristauer».
Vielleicht sei es schlicht der falsche Standort gewesen, zumal die Vorschriften an Kantonsstrassen strikter sind als andernorts, so die Frau Gemeindeammann. Eine besser geeignete Alternative im Dorf fällt ihr aber nicht ein. Schliesslich fehle es auch in anderen Bereichen an Raum. Tanja Aebli nimmt es derweil pragmatisch, zumal es nicht um ihre Existenz, sondern nur um ihr Hobby gehe: Nun werde das «Genusswerk» halt zu ihrem privaten grossen Wohnzimmer.