Fehler von einst ausgemerzt
03.02.2023 Sarmenstorf, Region UnterfreiamtGrabhügel im Sarmenstorfer Zigiholz ist im Fokus des Kulturgüterschutzes
Die Schweizerische Gesellschaft für Kulturgüterschutz vergibt einen Anerkennungspreis an die Kantonsarchäologie Aargau für ihre Bemühungen in Sarmenstorf. Diese sorgt ...
Grabhügel im Sarmenstorfer Zigiholz ist im Fokus des Kulturgüterschutzes
Die Schweizerische Gesellschaft für Kulturgüterschutz vergibt einen Anerkennungspreis an die Kantonsarchäologie Aargau für ihre Bemühungen in Sarmenstorf. Diese sorgt dafür, dass die Grabhügel so erlebbar werden, wie sie einst errichtet wurden.
Chregi Hansen
Seit 1964 gibt es die Schweizerische Gesellschaft für Kulturgüterschutz SGKGS. Seit 2003 schreibt sie zudem jährlich einen Förderpreis aus. Mit der Vergabe dieses Preises sollen die Bemühungen zur intakten Weitergabe des kulturellen Erbes an künftige Generationen unterstützt werden.
Die Jury hat jetzt entschieden, den mit 4000 Franken dotierten Förderpreis 2022 auf zwei Projekte zu verteilen und zusätzlich einen Anerkennungspreis zu vergeben. Der Hauptpreis geht an die Stiftung Rössli Trogen für die Restaurierung des ehemaligen Gasthauses. Ein kleiner Preis geht an die Familie Sartori in Bosco Gurin für die Restaurierung und Aufwertung eines Landwirtschaftsbaus. Und schliesslich gab es einen Anerkennungspreis für die Kantonsarchäologie Aargau. Sie hat in den vergangenen zwei Jahren der mittelbronzezeitlichen Grabhügelgruppe im Sarmenstorfer Zigiholz zu einem didaktisch gut vermittelbaren Erscheinungsbild verholfen.
«Anerkennung für alle Archäologen»
Für Ulrich Willenberg, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kantonsarchäologie Aargau, ein Grund zur Freude. «Dieser Anerkennungspreis wurde erstmals vergeben und unterstreicht die Wertschätzung des Projekts durch die Gesellschaft. Es ist eine Auszeichnung für die gesamte Kantonsarchäologie und steht damit stellvertretend als Anerkennung für jeden einzelnen Archäologen, der tagtäglich die im Boden verborgenen Kulturgüter des Aargaus ausgräbt, erforscht und schützt», sagt er.
Die 21 Grabhügel im Zigiholz gelten längst als Kulturgut von nationaler Bedeutung. Bereits 1895 und 1912 gab es erste Grabungen, doch erst zwischen 1925 und 1928 fanden reguläre archäologische Ausgrabungen in sechs der Hügel statt. Die damals gemachten Funde und Deutungen erweisen sich aus heutiger Sicht als falsch. Einige Fehler von damals wie beispielsweise das «Totenhaus», das 1970 aus Eichenbalken rekonstruiert wurde, aber eigentlich nie hierhergehörte, sind bereits verschwunden. Auch die zeitliche Einordnung war nicht richtig. Es handelt sich nicht um steinzeitliche Funde, die Hügel stammen wohl aus der Bronzezeit.
Mit dem Bagger im Wald
Grösstes Problem aber: Bislang wurde das Bild der Grabhügel durch die Spuren der Ausgrabungen der 1920er-Jahre dominiert. Ein hochauflösender Scan der Erdoberfläche ergab, dass die heutige Oberfläche nicht die einstige Situation in der Bronzezeit darstellt, sondern die Situation nach Abschluss der Grabungen. Dadurch war das Grabhügelfeld gar nicht mehr als solches erkennbar. Deshalb entwarf die Kantonsarchäologie ein Rekonstruktions- und Präsentationskonzept. Die neue wissenschaftliche Sichtweise soll sich auch in der Präsentation widerspiegeln, die Hügel sollen wieder so aussehen, wie das vor den Grabungen vor 100Jahren der Fall war.
In aufwendiger Arbeit wurden die Grabhügel rekonstruiert und wiederhergestellt. Auch das umliegende Gelände wurde mit dem Bagger so modelliert, dass die Hügel eigenständig gemäss der ursprünglichen Lage zur Geltung kommen. Langfristig soll durch eine gezielte Waldbewirtschaftung ein geschlossenes Baumkronendach über dem gesamten Gräberfeld entstehen. In einem Hochwald mit wenig Unterwuchs wird das Grabhügelfeld in seiner Gesamtheit künftig wesentlich besser erkennbar sein.
Ulrich Willenberg hält diesen Aufwand für gerechtfertigt. «Die Grabhügel im Zigiholz sind als sichtbares Zeichen die Geländemarke einer lange vergangenen Kultur und verlinken die Einwohner von Sarmenstorf und der Region direkt mit ihren Vorfahren. Geschichte ist direkt erfahrbar und verbindet als Gemeinschaftswert die Menschen der Region», erklärt er.
Sakrale Ausstrahlung
Inzwischen sind die Arbeiten abgeschlossen. Und erhalten von der Schweizerischen Gesellschaft für Kulturgüterschutz grosses Lob. «Die seit über 90 Jahren im Gelände um die Grabhügel sichtbaren Zeugnisse der Ausgrabungen der 1920er-Jahre sind nun nicht mehr dominierend. Dem Kulturgut von nationaler Bedeutung ist somit seine sakrale Ausstrahlung als Bestattungsplatz – vergleichbar mit einem heutigen Friedwald – zurückgegeben worden. Die Jury würdigt das Projekt aufgrund der sorgfältigen und fachgerechten Inwertsetzung der Grabhügelgruppe mit einem speziellen Anerkennungspreis», heisst es in der Mitteilung.
Noch fehlt die Infotafel
Für die Kantonsarchäologie bleibt Sarmenstorf ein wichtiger Ort. «Wir werden in der Gemeinde weiterhin am Ball bleiben. Es gibt noch eine ganze Reihe von archäologischen Zeugnissen, die unserer regelmässigen Aufmerksamkeit bedürfen», macht Willenberg deutlich. Für das Zigiholz ist etwa die Aufstellung einer Infotafel für den Sommer dieses Jahres geplant. Und die Grabhügel müssen in Zukunft auch unterhalten und gepflegt werden. «Wobei wir dabei tatkräftig von der Gemeinde und dem Forstbetrieb Lindenberg mit Urs Meyer an der Spitze unterstützt werden», so der wissenschaftliche Mitarbeiter des Kantons. Alle tragen dazu bei, dass im Zigiholz tatsächlich die Spuren der Bronzezeit ersichtlich sind. Und nicht diejenigen der Grabungen aus den 20er-Jahren.