Ewiger Kampf gegen Werbung
04.02.2025 Wohlen«Du bist von Wohlen, wenn …»
Liselotte Bruderer ist Admin der Facebook-Gruppe. Sie erzählt, warum sie diese Aufgabe übernommen hat und was ihr wichtig ist. --chh
Liselotte Bruderer aus Uezwil moderiert die Wohler ...
«Du bist von Wohlen, wenn …»
Liselotte Bruderer ist Admin der Facebook-Gruppe. Sie erzählt, warum sie diese Aufgabe übernommen hat und was ihr wichtig ist. --chh
Liselotte Bruderer aus Uezwil moderiert die Wohler Facebook-Gruppe «Du bist von …»
Die entsprechende Gruppe gibt es für fast jede Gemeinde. In ihr können sich Einwohner informierten und Erinnerungen austauschen. In der Wohler Gruppe sorgt Liselotte Lilo Bruderer für Ordnung. «Es dürfte noch mehr laufen», findet sie selbst.
Chregi Hansen
Ein junger Mann bietet seine Hilfe für Arbeiten im Garten an. Ein Sammler von Taschenmessern sucht Exemplare, die ihm noch fehlen. Eine Frau bietet einen Garagenplatz im Zentrum an, eine andere meldet den Verlust ihres Portemonnaies und sucht nach Hinweisen. Und eine junge Frau macht auf einen privaten Flohmarkt aufmerksam, der am 8. Februar stattfindet.
Das sind einige der aktuellen Beiträge, die man auf der Facebook-Seite der Gruppe «Du bist von Wohlen AG und Umgebung, wenn …» findet. Das sind aber längst nicht alle, die in den letzten Tagen gepostet wurden. Ganz viele wurden übers Wochenende veröffentlicht und sind bereits wieder entfernt. Es handelte sich um ganz viel Werbung, mehrheitlich von Geschäften, die nichts mit Wohlen zu tun haben. Für die Ordnung auf der Seite sind die Admins zuständig. Offiziell sind das zwei Personen. «Faktisch mache ich es derzeit allein, da sich Marco Sasha aus der Gruppe zurückgezogen hat», sagt Liselotte Bruderer.
Über 2700 Mitglieder
Doch wer ist die Frau, die sich um diese Wohler Seite kümmert? Erste erstaunliche Erkenntnis: Sie kommt gar nicht aus Wohlen. Liselotte Bruderer stammt ursprünglich aus dem Kanton Zürich, lebt aber schon seit etlichen Jahren in Uezwil. «Aber meine ersten Jahre habe ich in Bremgarten verbracht, und meine Mutter hat lange im Bahnhofbuffet Wohlen gearbeitet», erzählt sie. Zweite Erkenntnis: Es handelt sich nicht um eine junge und digital affine Person, sondern um eine Frau im Pensionsalter. «Als ich Facebook vor zehn Jahren entdeckt habe, dachte ich erst: Das kann ich nicht. Ich habe dann aber gemerkt, dass es doch gar nicht so schwierig ist», erzählt sie. Wobei: Alle Funktionen, die Facebook zum Moderieren von Gruppen bereithält, nutzt sie nicht. Statistiken beispielsweise interessieren sie nicht. «Ich schaue einfach, dass die Diskussionen im Rahmen bleiben und die Seite nicht komplett zugespammt wird», so Bruderer.
Und damit hat sie durchaus schon viel zu tun. Die 2014 gegründete Gruppe hat über 2700 Mitglieder. Und viele nutzen die Seite als Werbemittel, obwohl dies die Gruppenregeln eigentlich verbieten. Lilo Bruderer kontrolliert die Einträge mehrfach am Tag. Spricht Ermahnungen aus. Löscht auch regelmässig Beiträge. Manches sofort, so etwa Sexinserate. Anderes nach Rückfrage. «Oft frage ich zuerst nach, was der Zusammenhang mit Wohlen ist. Und bitte die Person, den Beitrag selbst zu verschieben.» Denn für Werbung gibt es eine zweite Gruppe mit fast gleichem Namen (Du bist von Wohlen AG hier gibt es nur Werbung). Nicht alle halten sich an diese Trennung. «Es ist schade, dass ich so oft einschreiten muss», so Bruderer.
Ideal für den Austausch
Überhaupt, sie vermisst etwas den Austausch, wie er in den gleichnamigen Gruppen anderer Gemeinden stattfindet. Beispielsweise Villmergen. Hier werden sehr oft Erinnerungen an alte Tage geteilt. Die dann von den anderen kommentiert werden. Oder auch Tipps und Hinweise, die für das Dorf wichtig sind. Die Gruppe soll vor allem den Austausch fördern. «Gerade für Neuzuzüger ist es doch interessant. Sie können hier Fragen stellen und erhalten schnell eine Antwort», findet die Administratorin. Auch Anlässe können hier geteilt werden – auch wenn das schon Richtung Werbung geht, werden diese Beiträge dringelassen. Wichtig ist der Uezwilerin auch ein respektvoller Ton untereinander. «Aber bei so vielen Mitgliedern gibt es immer mal wieder ein schwarzes Schaf», weiss Bruderer. Zwar muss sie jeden Beitragsantrag freischalten, aber die Zeit, jeden und jede genau zu kontrollieren, hat sie nicht. «Es wäre schon schön, wenn ich noch etwas Unterstützung bekommen könnte.» Und sie wäre froh, es würde etwas mehr laufen. Da sie selber nicht in Wohlen lebt, kann sie nur beschränkt eine Diskussion lancieren.
Sie selbst ist der Gruppe (und weiteren in der Region) beigetreten, um besser informiert zu sein über ihre neue Wahlheimat. Die gelernte Herrenartikelverkäuferin, die sich später zur Floristin weitergebildet hat, zog vor Jahren von Regensberg aus in ein neues Einfamilienhausquartier in Uezwil. «Wir fühlen uns hier sehr wohl und haben viel unternommen, um Anschluss zu finden. So organisieren wir zum Beispiel die Adventsfenster im Dorf», erzählt sie. In ihrem Haus führt sie noch immer ein kleines Atelier für Blumengestecke. «Aber ich arbeite nur noch auf Auftrag, den Laden habe ich inzwischen geschlossen», erzählt sie.
Viele Kontakte geknüpft
Mit ihren Blumenarrangements war sie früher auch oft in Wohlen präsent – von daher kommt ihre Beziehung zur grössten Freiämter Gemeinde. So durfte sie früher vor bestimmten Feiertagen ihre Gestecke vor der Rex-Apotheke verkaufen, führte mehrfach einen Stand am Adventsmarkt im Isler-Park und war auch schon am Warenmarkt präsent. Das habe sich aber nicht gelohnt, musste sie feststellen. «Es ist schade, dass in Wohlen kein richtig grosser Markt möglich ist. So wie beispielsweise in Uster, wo während zwei Tagen die ganze Strasse gesperrt ist. Wer hat schon Zeit, am Montagnachmittag durch die Stände zu flanieren», so ihre Kritik. Immerhin konnte sie durch ihre Auftritte an den Märkten viele Kontakte knüpfen in die ganze Region.
Auf Facebook ist die Pensionärin seit etwas mehr als zehn Jahren aktiv. Ursprünglich hat sie es genutzt, um ihre Produkte bekannter zu machen. Inzwischen schätzt sie die Möglichkeit, um Kontakte zu knüpfen. Lilo Bruderer kümmert sich nämlich nicht nur um die Wohler Gruppe, sondern führt auch eine Pflegestelle für heimatlose Katzen, die hier auf ihre Vermittlung warten. Sie sei eine richtige Katzenmutter, erzählt sie lachend, während mehrere der Vierbeiner durch das Wohnzimmer streifen. Sie setzt sich für das Wohl der ihr anvertrauten Tiere ein. Und sie tut es gerne. «Ich hatte schon immer selbst Katzen», erklärt sie. Zudem habe sie ja jetzt Zeit, fügt sie an.
Zeit, die sie auch zum Moderieren der Facebook-Seite nutzt. Zu diesem Job ist sie damals mehr oder weniger per Zufall gekommen. «Ich wurde als aktives Mitglied angefragt, ob ich Admin werden möchte.» Dass sie den Job bald darauf allein machen musste, wusste sie damals nicht. Zum Glück könne sie vieles vom Handy aus erledigen, allerdings seien die verschiedenen Funktionen in der mobilen Version nicht immer ganz einfach zu finden. Der Admin-Job ist unbezahlt, auch Feedbacks erhält sie nur ganz selten. Doch das ist Lilo Bruderer gar nicht so wichtig. «Ich habe über die Seite einige tolle Menschen kennengelernt, das ist Lohn genug», sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht. Und greift nach dem Handy, um die neusten Beiträge zu kontrollieren. Und weitere Werbung zu löschen.