Euphorie erhofft
21.02.2025 Fussball, SportFussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – FC Besa Biel (Samstag, 17 Uhr, Niedermatten)
Der FC Wohlen ist im Sandwich. Sechs Punkte fehlen auf die Aufstiegsspiele, fünf Punkte Vorsprung hat man auf einen Abstiegsplatz. Wohin geht die Reise im neuen Fussballjahr? ...
Fussball, 1. Liga classic: FC Wohlen – FC Besa Biel (Samstag, 17 Uhr, Niedermatten)
Der FC Wohlen ist im Sandwich. Sechs Punkte fehlen auf die Aufstiegsspiele, fünf Punkte Vorsprung hat man auf einen Abstiegsplatz. Wohin geht die Reise im neuen Fussballjahr? «Ich hoffe, nach vorne», sagt Trainer Piu, der mit gemischten Gefühlen ins Startspiel gegen Besa Biel geht.
Stefan Sprenger
Wäre der FC Wohlen vor zwei Wochen gestartet, dann wäre die Gefühlslage von Trainer Piu wesentlich entspannter und wohl auch optimistischer gewesen. 22 Spieler im Kader, dazu zwei Goalies. «Perfekt. Jede Position doppelt besetzt, alle fit, ein gesunder Konkurrenzkampf war da – und man konnte aus dem Vollen schöpfen», sagt Piu. Dazu kamen gute Testspiele gegen den FC Baden und den FC Tuggen. Es schien alles richtig rundzulaufen. «Doch dann kam es leider etwas anders», sagt Piu.
«Es kommt gut, es braucht Zeit»
Erst gab es zwei eher mässige Testkicks gegen Cham und Wettswil-Bonstetten. Dann gab es Aufwind, das Trainingslager in Spanien brachte das Team voran. Und dann spielte man am Tag vor der Heimreise zurück ins Freiamt gegen den SV Schaffhausen. Sander Kalan bricht sich den Ellbogen, ein Schock für alle, der Krankenwagen kommt. Irgendwie war jener Moment auch wie ein Wendepunkt zum Schlechten. Der Faserriss von Javi Gabathuler und die kurzfristigen Wechsel von Sangoné Sarr und Nathan Kisisa sind so etwas wie Hiobsbotschaften. «Sarr hat mit seiner Erfahrung enorm viel Ruhe in unser Spiel gebracht. Und Kisisa ist der Topskorer. Ihre Abgänge schmerzen», sagt Piu.
Doch genug gejammert. Denn auch wenn die beiden Abgänge sehr gewichtig sind, so gab es auch viele neue Fussballer. Mit Dramane Sissoko wurde schnell ein starker Offensivspieler gefunden. Und zudem zauberte man zwei junge Offensivkräfte aus dem Hut (siehe Kasten rechts), die zwar unbekannt sind, aber durchaus das Potenzial haben, um zu Überraschungen in dieser Liga zu werden. Dazu ist auch Winter-Neuzugang Noah Boakye-Lüscher ein Offensivspieler, der durchstarten kann – und will. Die Abwehrspieler Claudio Thalmann und Sebastian Barrera und der offensive Mittelfeldakteur Gilles Gauchat komplettieren die Transfers im Winter. Piu sagt: «Die Spieler haben Potenzial. Und ich glaube auch, es kommt gut. Aber es braucht Zeit.» Und Zeit hat man kaum mehr, denn das neue Fussballjahr startet.
3:5:2-System
In der Vorrunde holte der FC Wohlen 21 Punkte (fünf Siege, fünf Niederlagen, sechs Unentschieden). Auffällig: Zu Hause ist Wohlen schwach. Der letzte Heimsieg dieser Saison war am 17. August, das 5:0 gegen Schötz. Die Wohler, die vermutlich mit drei Verteidigern (Cissé, Pnishi, Brunner) starten werden, spielten in der Vorbereitung stets mit einem 3:5:2-System. In der Offensive dürfen wohl Boakye-Lüscher und Sissoko ran. Im Tor ist Joel Bonorand. Der wirblige Nathan Tayey war zuletzt verletzt, ein Beginn von Anfang an scheint unwahrscheinlich zu sein. Auch Sergio Casale und Luca Nascimento waren zuletzt leicht angeschlagen oder krank. Das Hinspiel gegen Besa Biel gewann der FCW mit 2:1. Und jetzt sagt Piu: «Das erste Spiel ist enorm wichtig. Wir wollen den Sieg. Unbedingt. Wir wollen eine Euphorie entfachen, in einen Lauf kommen. Wir wollen gierig sein und gierig bleiben.»
Ein Ägypter und ein Lette
Der FC Wohlen reagiert auf die verletzungsbedingten Ausfälle von Sander Kalan (Ellbogenbruch) und Javi Gabathuler (Faserriss am Oberschenkel) und auf die beiden Abgänge der Leistungsträger Nathan Kisisa und Sangoné Sarr.
Am letzten Samstag beim Testspiel zwischen dem FC Wohlen und dem FC Suhr (3:1) steht Martins Meiers neben den beiden FCW-Sportchefs Gregorio Trovato und Carmine Viceconte. Jener Martins Meiers spielt für die U23 des FC Wohlen und hat Wurzeln in Lettland. Als er beim müden Kick zusieht, sagt er: «Wenn mein Kollege Rene auf dem Platz stehen würde, würde der mindestens zwei Tore machen.» Die Sportchefs fragen nach, mehr aus Neugier als aus Transferabsichten. Meiers erzählt, dass sein Kumpel ein Stürmer ist in der zweithöchsten Liga in Lettland – und dass ihm gerade ein Stürmer aus Afrika vor die Nase gesetzt wurde und er kaum mehr spielt. Er sucht etwas Neues. Und das ist der Moment, wo Trovato und Viceconte etwas ernster nachhaken – und den Letten schliesslich ins Probetraining einladen. Rene Baumanis, der in 39 Spielen in der zweithöchsten Liga Lettlands 15 Tore erzielte, ist «athletisch, schnell, dribbelstark. Er ist noch jung, aber richtig gut», sagt Gregorio Trovato. Nach einem Testtraining wird er verpflichtet – darf mit einem Touristenvisum für drei Monate bleiben und spielen. Perfekt, weil dann die verletzten Spieler wieder da sind und man genau für jene Zeit bis April nun Spieler benötigte. «Und so spontan Spieler zu finden, ist enorm schwierig», sagt Trovato und meint: «Wir sind hier am Zaubern.»
Denn es kommt auch ein Spieler vom FC Aarau. Stürmer Amr Khaled, ein Ägypter, der als ungeschliffenes Juwel gilt, wird auf Leihbasis geholt. Ab April ist er mit der U20-Nati Ägyptens am Afrika-Cup. Also auch hier optimal. «Beide Spieler kosten uns praktisch nichts und füllen die Lücke der verletzten Spieler», sagt Trovato. Mit «Einheimischen» haben diese Transfers aber wenig zu tun. Trovato: «Wir mussten jetzt kurzfristig reagieren. Auf nächste Saison hin wird die Transferpolitik bleiben – jung und aus der Region.» --spr
NACHGEFRAGT
«Mich überrascht nichts mehr»
Captain. Abwehrboss. Identifikationsfigur. Der Bremgarter Alban Pnishi gehört mit 248 Spielen für den FC Wohlen zu den Top-10-Rekordspielern aller Zeiten – und ist auch mit 34 Jahren top motiviert dabei. Mit dem FC Wohlen will er in der Rückrunde das Feld von hinten aufrollen und sich an den vorderen Plätzen orientieren.
Sie sind 34 Jahre alt. Wie lange spielen Sie noch Fussball?
Alban Pnishi: Ich bin ja fast ein alter Mann (lacht). Mein Körper macht gut mit und ich glaube, ich kann auch mit den jungen Spielern noch mithalten. Es sieht so aus, als würde ich noch eine Saison anhängen beim FC Wohlen. 2026 schauen wir dann weiter.
Am Samstag startet das neue Fussballjahr mit dem Heimspiel gegen Besa Biel.
Endlich geht es wieder los. Wir sind im Defensivbereich gut aufgestellt, lassen wenig Torchancen der Gegner zu. Die letzten Wochen sorgten aber für einige Turbulenzen.
Sie sprechen von den verletzten Spielern und von Topskorer Nathan Kisisa und Mittelfeldgenie Sangoné Sarr, die kurz vor dem Start noch den Verein wechseln?
Javi Gabathuler hat einen Faserriss, schade, denn er war in guter Form. Sander Kalan bricht sich im Trainingslager den Ellbogen, weil er nach der Out-Linie in eine Mauer donnert. Das war ein Riesenschock für uns alle. Und dann die Abgänge von Sarr und Kisisa. Ja. Unglücklich. Doof.
Haben Sie diese kurzfristigen Wechsel überrascht?
Im Fussball überrascht mich nichts mehr. Es wird bei beiden Spielern wohl auch finanzielle Aspekte gehabt haben. Aber egal. Ich sehe diese Abgänge auch als Chance für die jungen Spieler und für die Neuzugänge. Die müssen jetzt in die Bresche springen.
Zum Start geht es gegen Besa Biel. Will Wohlen eine gute Rückrunde spielen, ist ein Sieg Pflicht, oder?
Ja, unbedingt. Unsere Heimspiel-Bilanz ist schlecht, diese wollen wir aufpolieren. Wir haben nur fünf Punkte Vorsprung auf einen Abstiegsplatz, aber auch nur fünf Punkte Rückstand auf den 3. Rang. Es ist also noch einiges drin. Wichtig ist, dass wir einen guten Start hinlegen. Natürlich mit einem Sieg gegen Biel. --spr