«Es gibt viele reizvolle Themen»
01.10.2024 Wohlen, Grosser RatErfahrene Lokalpolitikerin
Seit über sechs Jahren politisiert sie im Wohler Einwohnerrat und seit einem Jahr bildet Sonja Isler-Rüttimann zusammen mit Stefanie Dietrich das Co-Präsidium der Mitte-Ortspartei. Nun nimmt Sonja Isler-Rüttimann, ...
Erfahrene Lokalpolitikerin
Seit über sechs Jahren politisiert sie im Wohler Einwohnerrat und seit einem Jahr bildet Sonja Isler-Rüttimann zusammen mit Stefanie Dietrich das Co-Präsidium der Mitte-Ortspartei. Nun nimmt Sonja Isler-Rüttimann, mittlerweile erfahrene Lokalpolitikerin, einen zweiten Anlauf Richtung Aarau. Von Listenplatz acht aus steigt die 53-Jährige in den Grossratswahlkampf. Dort will sie sich klar positionieren. --dm
Ausblick auf die Grossratswahlen: Interview mit Sonja Isler-Rüttimann, Wohlen, Kandidatin der Mitte
Politik macht ihr eine Menge Spass – dies als Co-Präsidentin der Mitte Wohlen und als Einwohnerrätin. Mit dem jetzigen Wahlkampf verspricht sich Sonja Iser-Rüttimann auch einen Schub für die nächstjährigen Einwohnerratswahlen.
Daniel Marti
Alexander May von den Grünen möchte von Ihnen Folgendes wissen: Was denken Sie, woran es liegt, dass die Schweiz zwar das drittgrösste Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im europäischen Vergleich hat, aber beim Ausbau der erneuerbaren Energien auf Platz 23, fast gleichauf vor Rumänien, liegt?
Sonja Isler-Rüttimann: Die Mühlen in der Schweiz mahlen eher langsam. Es wären verkürzte Bewilligungsverfahren nötig, um entsprechende Projekte umsetzen zu können. Es braucht pragmatische und mehrheitsfähige Lösungsansätze. Dank der Mitte wurde der Atomausstieg eingeleitet. Die Schweiz hätte das Potenzial, die Energiewende voranzutreiben. Wir sind zu wenig konsequent. Wenn der Energieminister von der SVP unnötige und rückwärtsgewandte Diskussionen über den Neubau von AKWs anzettelt, dann streut er beim Ausbau der Erneuerbaren Sand ins Getriebe. Wir alle müssen umdenken und Eigenverantwortung übernehmen. Wenn es bei jedem neuen Projekt zuerst Einsprachen hagelt, kommen wir nicht vorwärts.
Seit knapp einem Jahr sind Sie zusammen mit Stefanie Dietrich Co-Präsidentin der Mitte Wohlen. Wie fällt Ihre Bilanz aus?
Es läuft sehr gut. Ich freue mich, dass wir uns für ein Co-Präsidium entschieden haben. Denn es gibt viel Arbeit zu erledigen. Neben Beruf und Familie bleibt nicht mehr so viel Zeit übrig. Und das Präsidium kann auch Knochenarbeit bedeuten. Aber am Anfang spürten wir eine gewisse Skepsis.
Warum denn?
Es gab schon Fragen: Muss es jetzt wirklich auch bei uns ein Co-Präsidium sein? Oder zwei Frauen, sind die nicht zu stark nach links orientiert? Aber wir können uns auf beide politischen Seiten gut verständigen, einmal ein bisschen nach links, einmal ein wenig nach rechts. Und das immer von der Mitte aus betrachtet. Stefanie Dietrich und ich ergänzen uns sehr gut.
Warum und wie entstand das Interesse an der Politik?
Nach einer Anfrage von Ruedi Donat bin ich in die Ortsbürgerkommission eingetreten. Das war im Jahr 2011. Von da an hat sich für mich der Stellenwert der Politik stets gesteigert. Allerdings bin ich nicht mit grossen Ambitionen eingestiegen und ich habe nie gedacht, dass Politik in meinem Leben so wichtig wird.
Welches ist der Reiz, nun in Aarau Ihren Bezirk zu vertreten?
Die Parlamentsarbeit gefällt mir. In Aarau gibt es sicherlich die etwas grösseren Themen zu behandeln, das ist reizvoll. Ich bin beruflich im Gesundheitswesen unterwegs, auf diesem Gebiet könnte ich mich sicherlich gut einbringen. Es gibt auch viele andere Themen, die mich reizen.
Und wäre ein Grossratsmandat allenfalls eine Steigerung in der Politkarriere?
Das muss es nicht sein. Ein Grossratsmandat würde wohl eine Horizont-Erweiterung bedeuten, auch weil es um den Kanton geht. Um die Karriere geht es mir nicht, eher um ein grösseres Engagement.
Dem Kanton Aargau geht es finanziell recht gut, besser als anderen Kantonen. Der Aargau ist schuldenfrei. Nun reden die ersten Politiker von Steuerfussreduktion. Wie sehen Sie das?
Es kommen grosse Herausforderungen auf den Kanton Aargau zu, in der Bildung und in der Gesundheit. Darum wäre es jetzt nicht sinnvoll, die Steuern zu senken. Eventuell wäre weniger zu sparen wichtiger und es wäre besser, in die Bildungspolitik zu investieren. Mit dem integrativen System hat man beispielsweise schlechte Erfahrungen gemacht, dort sollte der Kanton seine Investitionen tätigen.
Helfen tut der Kanton Aargau ja auch in Wohlen. Jährlich fliessen fünf Millionen Franken aus dem Finanzausgleich …
Genau. Ohne die würden wir schlecht dastehen … Aber zu wenig Menschen setzen sich konstruktiv mit der schlechten Finanzsituation auseinander. Hätten wir diese jährlich fünf Millionen nicht, hätte der Regierungsrat wohl schon längst über Wohlens Steuerfuss entscheiden müssen. Vielleicht braucht es auch mal ein Machtwort des Regierungsrats. Vielleicht schon beim Steuerfuss im Budget 2025. Ich bin gespannt, ob wir es in der Budgetdebatte schaffen, einen mehrheitsfähigen Kompromiss zu finden.
Der Aargau ist der Energiekanton. Was mögen Sie eher, ein neues Kernkraftwerk, Windräder auf dem Lindenberg oder Solaranlagen auf jedem Dach?
Solaranlagen auf dem Dach. Ein neues Kernkraftwerk wäre die letzte Variante. Und Windräder sind nicht schön anzusehen. Aber wenn alle sagen, bitte nur nicht vor meiner Haustür, klappt es nirgends. Eine sichere Stromversorgung möchten dann aber doch alle gerne haben.
Das Freiamt ist stolz auf seine Alt-Bundesrätin Doris Leuthard, und das Freiamt stellt mit Jean-Pierre Gallati aktuell einen amtierenden Regierungsrat. Wer von diesen beiden ist ihr politisches Vorbild?
(Lacht.) Das politische Vorbild ist natürlich Doris Leuthard, ich habe mit ihr im Anwaltsbüro Kuhn, Fricker & Rüttimann zusammengearbeitet. Sie ist eine ganz spezielle Persönlichkeit. Ich bewundere sie, wie sie die Mitte-Politik im Bundesrat vertreten hat. Bei Jean-Pierre Gallati ist beeindruckend, wie er sich als einstiger Oppositionspolitiker in den Regierungsrat eingegliedert hat. Im Gesundheitswesen macht er einen recht guten Job.
Wofür werden Sie sich für den Bezirk Bremgarten als Mitglied des Grossrats einsetzen?
Ich würde versuchen, den Bezirk möglichst authentisch zu vertreten und die Anliegen des Bezirks einzubringen. Der Freiämter Sturm hat mich stets fasziniert. Damals haben die Freiämter in einem unblutigen Aufstand eine Kette von Ereignissen ausgelöst. Als Freiämterin würde ich da gerne wieder mal in Aarau nachdoppeln.
Und welches Problem würden Sie angehen?
Die Verkehrssituation ist schwierig. Da gibt es im Bezirk Bremgarten an gewissen Stellen ein Mega-Chaos. Mein Arbeitsort ist Zürich. Und ich frage mich oft auf dem Arbeitsweg, warum tue ich mir das überhaupt an? Ansonsten hätte die Gemeinde Wohlen und die nahe Umgebung für mich im Grossen Rat natürlich einen hohen Stellenwert.
Bei den Grossratswahlen haben die Bisherigen die besten Chancen. Sie zählen mit Listenplatz 8 wohl eher zu den Kandidierenden mit weniger guten Aussichten. Welcher Faktor ist wichtig, dass Sie trotzdem von einem Erfolg sprechen werden?
Ich hoffe, dass ich mehr Stimmen erhalten werde als vor vier Jahren. Da waren es 1878 Stimmen. Mit der Grossratskandidatur erhoffe ich mir zudem einen Schub für die Einwohnerratswahlen vom nächsten Jahr. Bei meinem Wahlziel bin ich also realistisch. Mit der jetzigen Kandidatur kann ich mich positionieren und präsentieren sowie meine Themen platzieren. In Gedanken bin ich schon bei den Einwohnerratswahlen im nächsten Jahr.
Wie weit sind Sie denn?
Wir suchen Kandidatinnen und Kandidaten. Aber es ist schwierig, niemand will sich einbringen oder positionieren. Immer weniger Personen wollen sich für ein politisches Amt zur Verfügung stellen, dadurch hat das Volk immer weniger Auswahl. Das ist sehr schade, so verbauen wir uns die grosse Chance, mitzuwirken und mitzugestalten. Wir sollten uns wieder bewusster werden, was für ein grosses Privileg wir hier in der Schweiz haben. Es braucht motivierte Menschen, die bereit sind, sich einzusetzen für unsere Werte.
Wie lautet das Ziel für die Grossratswahlen für den Bezirk Bremgarten?
Wir wollen unbedingt die drei Sitze halten. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die drei Bisherigen ihre Arbeit weitermachen könnten. Alle drei machen einen guten Job. Als Mitte-Partei ist es ab und zu schwieriger, sich zu positionieren. Die Pol-Parteien haben es da einfacher, und in schwierigen Zeiten haben die oft mehr Zulauf. Unsere drei Bisherigen sind daher umso wichtiger.
Wie wichtig ist es, dass die Mitte Wohlen im Grossen Rat vertreten ist?
Es macht durchaus Sinn, dass die Mitte Wohlen in Aarau vertreten ist. Und Harry Lütolf setzt sich auch sehr für Wohlen ein. Es ist enorm wichtig, dass so eine grosse Gemeinde wie Wohlen in Aarau auch stark vertreten wird.
Abschliessend dürfen Sie dem nächsten Kandidaten dieser Serie eine Frage stellen. Das wäre Tim Hoffmann von der FDP.
Hätten Sie ein gutes Rezept, um Wohlens Finanzen wieder auf Vordermann zu bringen?
Persönlich
Sonja Isler-Rüttimann (Jahrgang 1971) wohnt seit 2005 in Wohlen, aufgewachsen ist sie in Hägglingen. Sie ist Mutter von drei Kindern.
Im Jahr 2011 ist sie in die Ortsbürgerkommission eingetreten, das war auch der Startschuss ihrer politischen Arbeit. Seit Juni 2018 ist sie Mitglied des Einwohnerrats, seit einem Jahr Co-Präsidentin der Mitte Wohlen (zusammen mit Stefanie Dietrich). Weiter ist sie Delegierte der Mitte des Kantons Aargau.
Sonja Isler-Rüttimann absolvierte die KV-Lehre. Danach arbeitete sie fünf Jahre lang im Anwaltsbüro Kuhn, Fricker & Rüttimann. Seit 1996 arbeitet sie in verschiedenen Funktionen beim Universitäts-Kinderspital Zürich. Nach diversen Weiterbildungen ist sie zurzeit in der Projektkoordination rund um den Umzug des Kinderspitals in einen modernen Neubau tätig. In Zürich-Lengg eröffnet am 2. November das neue Kinderspital.
Die Kandidaten der Mitte
In Hinblick auf die Grossratswahlen vom 20. Oktober wird jeweils ein Kandidat oder eine Kandidatin der sechs grossen Parteien vorgestellt. Dabei kommt ein Zufallsgenerator zum Einsatz, wobei die bisherigen Grossräte ausgeschlossen sind.
Nachfolgend die Liste der Mitte des Bezirks Bremgarten: 1. Karin Koch Wick, Bremgarten (bisher); 2. Harry Lütolf, Wohlen (bisher); 3. Rita Brem-Ingold, Oberwil-Lieli (bisher); 4. Michael Eichholzer, Oberlunkhofen; 5. Marlen Schmid, Hägglingen; 6. Stefanie Dietrich, Wohlen; 7. Jacqueline Wick, Bremgarten; 8. Sonja Isler-Rüttimann, Wohlen; 9. Daniel Duss, Villmergen; 10. Martin Stalder, Sarmenstorf; 11. Sabine Wiederkehr, Bremgarten; 12. Stephan Bättig, Villmergen; 13. Alois Felder, Zufikon; 14. Michael Laue, Zufikon; 15 Cornelia Stutz-Brunner, Niederwil; 16. Chris Springer, Widen.