Eintauchen in die Welt der Bäume
09.05.2023 WohlenBaum-Spaziergang: Noch wird das Wohler Zentrum durch eine Vielfalt an Baumarten belebt
Im Mittelpunkt der Anlassreihe «Naturschätze» der Grünen Wohlen steht der Baum in seiner Artenvielfalt und kulturellen Bedeutung, aber auch in seiner Bedrohung durch ...
Baum-Spaziergang: Noch wird das Wohler Zentrum durch eine Vielfalt an Baumarten belebt
Im Mittelpunkt der Anlassreihe «Naturschätze» der Grünen Wohlen steht der Baum in seiner Artenvielfalt und kulturellen Bedeutung, aber auch in seiner Bedrohung durch den Klimawandel und das verdichtete Bauen.
Walter Minder
Naturfachmann Patrick Schmid lud zum Baum-Spaziergang «Von nah und fern». Neben der bestehenden Artenvielfalt wurden die Besucherinnen und Besucher auch von der grossen kulturgeschichtlichen Bedeutung des Baumes überrascht. Allein in Wohlen zählt man zwischen 70 und 80 Baumarten, darunter exotische wie etwa den japanischen Kirschblütenbaum.
Von der reformierten Kirche ging es hinunter an den Bahnhofweg, wo beim Abgang zum Bahnhof bis vor Kurzem eine mächtige Linde stand, umrahmt von einladenden Sitzbänken. Schmid: «Viele Leute waren erstaunt und auch verärgert, als die Linde gefällt worden ist. Sie war aber krank und bildete eine immer grösser werdende Gefahr für Vorbeigehende und Autofahrende.»
Auch ein Prestigeobjekt
Dann führte der Rundgang auf dem Bahnhofweg weiter Richtung Zentralstrasse, wobei die markant geschnittenen Thujabäume entlang des Parkwegs zum Schloss Mühlenhof nicht unbemerkt blieben. Schmid: «Diese Schnitttechnik ist abgeleitet vom japanischen Bonsaibaum und wurde im Park vom Schloss Versailles angewendet und wurde so in Europa bekannt.» Die Schlossherren hätten sich dadurch vom Baumschnitt der Normalbürger abgrenzen und ihre gesellschaftliche Sonderstellung unterstreichen wollen.
Dann fiel der Blick auf eine praktisch entlaubte Fichte. Eine Baumart, die aufgrund des Klimawandels anfälliger wird für Krankheiten und Insektenschädlinge und darum im Laufe der Zeit aus dem Mittelland verschwinden wird. «Die immer spür- und sichtbarer werdenden Folgen der Klimaveränderung schaffen aber für die Natur auch neue Möglichkeiten. Unterhalb von Aristau wurden kranke Fichten durch Starkwinde geköpft und bieten nun siebzehn Storchenpaaren einen idealen Standort für ihre Nester.»
Hier Linden-, dort Eichenallee
Warum der neue Busbahnhof ohne Ersatzmassnahme für das dortige Wäldchen gebaut worden ist, war bald ein Thema, sind doch Bäume wichtige CO›-Filter und Schattenspender für Fussgänger und Velofahrer. Der Architekt Le Corbusier hat eine Lösung realisiert, indem in einer Tiefgarage breite Stützröhren eingebaut, mit Erde gefüllt und oben mit Bäumen bepflanzt worden sind. «Mit diesem Konzept und vier Parkplätzen weniger hätten zwei dereinst Schatten spendende Bäume integriert werden können.»
Der Bahnhofweg ist einseitig als Lindenallee ausgestaltet, der Fussweg von der Zentralstrasse entlang der Bünz Richtung Friedhofstrasse bietet als Eschenallee vielen Vögeln ideale Nistmöglichkeiten. Beim Blick in Richtung der ausgesteckten Neubauten an der Zentralstrasse machte Schmid auf die negativen Seiten des verdichteten Bauens aufmerksam. «Eng platzierte Hochbauten stehlen den Bäumen das Licht und die verdichteten Böden das Wasser.» Eindrücklich und bedrückend zugleich war der Augenschein zu diesem Thema beim ausgesteckten Wohnbauprojekt entlang des Schulweges Richtung Halde, dem zahlreiche Bäume zum Opfer fallen werden.
Via geschützte Blutbuche zum Spielplatz Bleichi
An der Bremgarterstrasse steht auf der Höhe vom Schulhaus Halde eine mächtige Blutbuche, die unter Ensembleschutz steht. Dort erfuhren die Teilnehmenden einiges über den keltischen Baumkreis und die mystische Bedeutung der verschiedenen Baumarten. Aufgrund des Geburtsdatums lässt sich der persönliche Lebensbaum bestimmen, mit dessen Eigenschaften eine starke Übereinstimmung bestehen soll. Im germanischen Sprachraum galt die Eibe als Schutzschild gegen böse Geister, andererseits wurde sie als Symbol der Ewigkeit verehrt.
Der Bleichi-Spielplatz ist ein kleines Naturreservat, in dem auch Nutzpflanzen wie etwa ein Kirschbaum Platz haben. Schmid schätzt, dass hier bis zu fünfzehn Brutvogelarten ihr Zuhause haben. Dann ging es die Steingasse hinunter zum Wochenmarkt, wo Patrick Schmid ganz viele Komplimente für den informativen Rundgang entgegennehmen durfte: Beispielsweise folgende Wertschätzung: «Wir haben nicht nur viel über die spezifischen Eigenschaften der Baumarten erfahren, sondern auch einen spannenden Einblick in die mystische Welt der Bäume erhalten.»