Einigkeit erst zum Schluss
28.11.2023 Hägglingen, Region UnterfreiamtAn der Einwohner-«Gmeind» gab es etliche Diskussionen
Das Stimmvolk hatte über drei Vorlagen abzustimmen, die den Geldbeutel belasten werden. Ein Zusatzkredit für Werkleitungen, eine Steuerfusserhöhung und die Anpassung des Wassertarifs waren ...
An der Einwohner-«Gmeind» gab es etliche Diskussionen
Das Stimmvolk hatte über drei Vorlagen abzustimmen, die den Geldbeutel belasten werden. Ein Zusatzkredit für Werkleitungen, eine Steuerfusserhöhung und die Anpassung des Wassertarifs waren traktandiert. Erstere wurden genehmigt, beim Wasser nahm das Stimmvolk eine Korrektur vor.
Seit Anfang September ist die Zentrumstrasse eine grosse Baustelle. Zwischen Gemeindehaus und Einmündung Dottikerstrasse werden Werkleitungen und Beleuchtung ersetzt sowie der Schwettibach verlegt. Die Strecke ist gesperrt, der Verkehr wird über die Eichgasse umgeleitet.
Für dieses Sanierungsprojekt wurde 2021 ein Verpflichtungskredit von 1,52 Millionen Franken gesprochen. Während der Bauphase stellte man nun fest, dass einiges an Mehrkosten zu erwarten ist. Vizeammann und Ressortvorsteher Ruedi Schmid erläuterte: «Während den Bauarbeiten sah man erst, dass die Schieber in den Schieberschächten in einem desolaten Zustand sind. Auch waren damals im Kostenvoranschlag PE-Rohre vorgesehen, aufgrund des lehmigen Untergrundes müssen nun aber Gussrohre verwendet werden.» Hinzu kämen Mehrlängen an Wasserleitungen, und nicht zuletzt spiele auch die allgemeine Teuerung eine Rolle.
Bauliche Anpassungen kosten
Der Gemeinderat beantragte einen Zusatzkredit von 527 000 Franken. «Glauben Sie mir», versicherte der Vizeammann, «ich habe keine Freude, Ihnen diesen Antrag ausgerechnet heute unterbreiten zu müssen.» Damit spielte er auf die beiden nächsten Vorlagen an, die traktandiert waren und den Steuerzahler bei Annahme ebenfalls Geld kosten werden. Nach einigen Fragen aus dem Publikum wurde der Zusatzkredit mehrheitlich angenommen. Das Budget wurde mit einem Steuerfuss von 114 Prozent erstellt, was eine Anpassung nach oben von 3 Prozent bedeutet.
Der grösste Aufwandposten ist nach wie vor die Bildung, Mehrkosten gibt es unter anderem beim Sozial-/ Asylwesen und beim Unterhalt der Liegenschaften. «Neu müssen sogenannte SUVA-Massnahmen umgesetzt werden», erläuterte Gemeindeammann Franz Schaad, dessen Ressort die Finanzen sind. «Die SUVA verlangt ein Sicherheitskonzept für die Liegenschaften, was bauliche Anpassungen zur Folge hat.»
Eher runter als rauf?
Von total 1709 Stimmberechtigten waren 65 anwesend. Und diese hatten viele Fragen. Eine Person war der Meinung, das Budget sei zu defensiv. «Ein bisschen Schulden sind doch okay, wir müssen hier keinen Preis gewinnen.» Schliesslich solle die Gemeinde für Neuzuzüger attraktiv bleiben. Hier hakte ein anderer Zuhörer ein. Ob der Gemeinderat eine Strategie habe, um mehr Einwohner und damit Steuerzahler ins Dorf zu holen, wollte er wissen. Immerhin sei der Steuerfuss für viele Leute ein grosses Entscheidungskriterium, diesbezüglich werde Hägglingen langsam unattraktiv.
Franz Schaad entgegnete, mit dem Wachstum sei es so eine Sache. «In den letzten zehn Jahren hatten wir einen Zuwachs von fünfzig Personen und momentan haben wir noch Bauland für zweihundert.» Man sei eben keine Entwicklungsgemeinde. «Eher ein Naherholungsgebiet», versuchte Schaad etwas aufzuheitern. Doch das Publikum war nicht in der Stimmung dafür. Ein Bürger hatte die Gemeindezahlen der letzten paar Jahre studiert und war zum Resultat gekommen, dass man eigentlich eher eine Steuersenkung hätte erwarten dürfen. Doch der Ammann bestand darauf, dass das vorliegende Budget realistisch ist, «mit einigen Puffern darin». Die Abstimmung musste ausgezählt werden und endete bei 44 Jazu 14 Nein-Stimmen und sieben Enthaltungen mit einer Annahme der Vorlage.
Ähnliche Uneinigkeit zeigte sich beim Sachgeschäft «Tarifanpassung Wassergebühren». Momentan beträgt die Nettoschuld der Spezialfinanzierung Wasser rund 257 000 Franken. Im Hinblick auf geplante Investitionen wird sich diese in den nächsten zehn Jahren auf rund 2,4 Millionen Franken anhäufen. Eine Tarifanpassung bei der Grundgebühr für Wohnbauten von aktuell 120 auf neu 290 Franken und für Industrie- und Gewerbebauten von 240 auf 580 Franken (bei Zählergrösse bis 10 m3/h, von 480 auf 1150 (10– 20 m3/h) bzw. von 720 auf 1730 (über 20 m3/h) betrachtete der Gemeinderat demnach als sinnvoll.
Erhöhung zu extrem
Dies sah das Stimmvolk nicht so. Es fand, eine Erhöhung von 120 auf 290 Franken für Private sei zu extrem. Viel eher solle doch nach dem Verursacherprinzip die Mengengebühr (1.90 Franken pro Kubimeter Frischwasser) erhöht werden. Ammann Franz Schaad winkte ab. «Wenn die Erhöhung über den Verbrauch passiert und die Leute dann beginnen, Wasser zu sparen, geht die Rechnung nicht mehr auf.» Schliesslich wurde der Gegenantrag gestellt, die Grundgebühr für Wohneinheiten zuerst einmal um 100 auf neu 220 Franken zu erhöhen und in ein paar Jahren weiterzuschauen.
Der Antrag des Gemeinderats wurde abgelehnt und der Gegenantrag dagegen grossmehrheitlich angenommen.
Zwei Einbürgerungen sowie das neue Abfallreglement winkte das Stimmvolk diskussionslos durch. «Zum Schluss herrscht doch noch Einigkeit», schloss Franz Schaad die Versammlung. --sp
Die Beschlüsse
An der Winter-«Gmeind» in Hägglingen waren von 1709 stimmberechtigten Hägglingerinnen und Hägglinger deren 65 anwesend. Sie genehmigten das Protokoll der Einwohnergemeindeversammlung vom 22. Juni 2023 und erteilten das Bürgerrecht an diverse Personen. Gutgeheissen haben sie auch den Zusatzkredit von 527 000 Franken für die Wasser- und Abwasserversorgung an der Sanierung K 384 Gemeindehaus bis Dottikerstrasse inkl. Werkleitungen und Verlegung Schwettibach (1. Etappe). Der Antrag des Gemeinderats zur Tarifanpassung (von 120 auf 290 Franken) der Wassergebühren per 1. Januar 2024 wurde abgelehnt. Dagegen wurde der Gegenantrag, die Grundgebühr für Wohneinheiten um 100 neu auf 220 Franken zu erhöhen, genehmigt. Gutgeheissen wurde das Budget 2024 mit einem neuen Steuerfuss von 114 Prozent. Diskussionslos genehmigte der Souverän die Totalrevision des Abfallreglements. --red