Eine Million Strohhüte
24.10.2023 WohlenNeuzuzügeranlass der Gemeinde Wohlen: Bei einem Rundgang die Gemeinde nähergebracht
Ein Spaziergang durch Wohlen mit Daniel Güntert, der viel Wissenswertes und viel Historisches vermittelt, und ein Brunch im Berufsbildungszentrum Freiamt-Lenzburg. Dies sind ...
Neuzuzügeranlass der Gemeinde Wohlen: Bei einem Rundgang die Gemeinde nähergebracht
Ein Spaziergang durch Wohlen mit Daniel Güntert, der viel Wissenswertes und viel Historisches vermittelt, und ein Brunch im Berufsbildungszentrum Freiamt-Lenzburg. Dies sind die Höhepunkte des Neuzuzügeranlasses.
Daniel Marti
Die grösste Freiämter Gemeinde wächst und wächst. Aktuell sind es rund 17 600 Einwohnerinnen und Einwohner, die Wohlen als Wohnsitz haben. Ein idealer und schöner Wohnort. Einer mit viel Qualität – vor allem bei den Schulen, bei den Sportund Freizeitanlagen. Einkaufsmöglichkeiten, zentrale Lage, das abwechslungsreiche Kulturangebot und die Vielfalt der Vereine werden von der Politgilde oft als Pluspunkte aufgezählt. Und so steigt die Einwohnerzahl laufend.
Bereits fürs nächste Jahr wird der 18 000. Einwohner oder Einwohnerin erwartet. Dies sei natürlich nur eine vage Prognose, erläutert Gemeindeammann Arsène Perroud am Rande des Neuzuzügeranlasses. Die Zahl sei natürlich «davon abhängig, welche Neubauten bald fertig und bezugsbereit sind». Aber gebaut wird in Wohlen ja kräftig.
Wohlen weltweit tonangebend
Der Nezuzügeranlass wird in Wohlen zweimal im Jahr durchgeführt. Am vergangenen Samstag wollten knapp drei Dutzend Personen ihren neuen Wohnort ein wenig genauer kennenlernen. «Die historische Geschichte wird Ihnen Daniel Güntert näherbringen», sagte Perroud noch bei der Begrüssung. «Und schön, sind Sie nun in Wohlen wohnhaft.»
Güntert, ehemaliger Lehrer der Bezirksschule und Lokalhistoriker, versucht jeweils auf seinem Spaziergang durch Wohlen einen interessanten Einblick in die grösste Freiämter Gemeinde zu geben. Dominant sei dabei natürlich die Strohindustrie, sagte er vorgängig. Und so schwenkte er zu Beginn des Spaziergangs gerne seinen Strohhut. Eine Information dazu versetzte die meisten Neuzuzügerinnen und Neuzuzüger in Staunen. Vor rund hundert Jahren exportierte beispielsweise die damalige Strohmetropole Wohlen rund eine Million solcher Strohhüte in die USA. Wie eine «fette Spinne» habe Wohlen in diesem Segment den Ton angegeben, sagte Güntert. Weltweit. Vor hundert Jahren war Wohlen übrigens noch ein kleines Dorf mit rund 1400 Einwohnerinnen und Einwohnern. «Ein kleines Dorf also», so Güntert, «das sich innerhalb von 20 Jahren weltweit vernetzt hat.» Das sagte er vor der Wettersäule auf dem Gemeindehausplatz. Auch diese Station sei eindrücklich. Früher, auch zu Zeiten der Blüte der Strohindustrie, sei es wichtig gewesen, die Daten der Wetterstation zu beobachten. «Heute hat man dafür ja die Handys.»
Das Erdgeschoss für die Gemeinde
Ja, die Zeiten haben sich verändert. Aber auch wenn das Hütetragen schon längst aus der Mode gekommen ist, ist es für Daniel Güntert logisch, einen Strohhut auf seinen Spaziergängen durch Wohlen zu tragen. Der Strohhut ist nun mal ein Symbol für Wohlen.
Auf dem Rundgang steuerte Güntert mit der Neuzuzügergruppe manch historisches Gebäude an. Erklärende Worte gab es zum Restaurant Sternen, zur Gemeindebibliothek und auch zum Emanuel-Isler-Haus, das nach seiner Errichtung das grösste Haus von Wohlen war. Jacob Isler bewohnte es. Er war Strohindustrieller, aber auch der erste Gemeindeammann von Wohlen. Deshalb war das Erdgeschoss des Emanuel-Isler-Hauses auch für Gemeinderäumlichkeiten reserviert – denn damals gab es noch kein Gemeindehaus. Das Emanuel-Isler-Haus hat aber auch eine imposante Grösse, weil Jacob Isler zusammen mit seiner Frau zwölf Kinder hatte.
Jacob Isler (September 1758 bis September 1837) gilt auch als Pionier des internationalen Handels mit Strohhüten. Er war auch der Gründer der Firma Jacob Isler und Co.
Zum Schluss am Schlössli vorbei
Und wie dominant die Strohindustrie in Wohlen einmal war, erklärte Daniel Güntert auch am ehemaligen Verwaltungsgebäude, erbaut 1835, das mittlerweile das Restaurant Marco Polo beheimatet und als Büro- und Wohnhaus dient. «Wenn es vor bald hundert Jahren für eine Firma ein Bürogebäude dieser Grösse benötigte, dann zeigt das, wie führend dieser Industriezweig war.» Gut zu beobachten auch im Schweizer Strohmuseum, das in der Villa Isler zu Hause ist.
Und auf dem Rückweg ging es dann am Sternenplatz vorbei. Dort funktioniert Neu neben Alt. Der Sternenplatz wird ja an Samstagen als beliebter Marktplatz benutzt, eingerahmt von den historisch bedeutsamen «Sternen» und Schlössli. Der «Sternen» war 1830 Fixpunkt und Sammelplatz beim Freiämter Sturm und das Schlössli ist das älteste Steinhaus von Wohlen. Auch das nahmen die Neuzuzüger staunend zur Kenntnis.