Einblick in die Märchenwelt
11.04.2025 WaltenschwilDaniela Mettler aus Waltenschwil ist Märchen- und Geschichtenerzählerin
Sie liebt es, Märchen zu erzählen. Das heisst bei ihr nicht einfach, eine Geschichte wiederzugeben. Sie wählt die Worte und Sätze aus, mit denen sie die Menschen in ihre ...
Daniela Mettler aus Waltenschwil ist Märchen- und Geschichtenerzählerin
Sie liebt es, Märchen zu erzählen. Das heisst bei ihr nicht einfach, eine Geschichte wiederzugeben. Sie wählt die Worte und Sätze aus, mit denen sie die Menschen in ihre Geschichten mitnimmt. Das sei die hohe Kunst des Märchenerzählens, erklärt die ehemalige Primarlehrerin.
Verena Anna Wigger
«Lerne ein Märchen pro Jahr.» Das hat ihr Rudolf Geiger, ein deutscher Märchenerzähler, während der Ausbildung zur Märchenerzählerin geraten. Dies widerstrebte Daniela Mettler, denn sie wollte viel mehr Märchen lernen und erzählen. Heute weiss sie, dass nur ein gut erzähltes Märchen mit den passenden Worten und richtigen Sätzen bei ihren jungen und älteren Zuhörenden ankommt. Das gibt ihr auch viel zurück. Märchenstunden führen auch zu Komplimenten. So gab sich eine Lehrerin im Anschluss an die Märchenstunde in ihrer Klasse ganz erstaunt. Sie habe nicht erwartet, dass selbst die Kinder mit ADHS eine Dreiviertelstunde gespannt zuhören können. Und eine Seniorin berichtete ihr: «Ich liebe es, mit Ihnen auf die Reise zu gehen.» Mit dieser Anerkennung bedankte sie sich für die regelmässige Märchenstunde, die Mettler im Seniorenzentrum durchführt. Im Anschluss an eine Kräuter-Märchenstunde erzählte ihr eine Frau, wie gross das Geschenk sei, welches sie eben erhalten habe.
Selbst für die erfahrene Erzählerin ist es eindrücklich, zu erleben, wenn ihr 450 Kinder und deren Lehrer, von der ersten bis zur sechsten Klasse, in einer Turnhalle gebannt zuhören. Diese uneingeschränkte Aufmerksamkeit, die ihre Märchen in solchen Momenten erfahren. Das berührt die Erzählerin, «und das in unserer digitalen Zeit».
Märchen sind Friedensstifter
«Oft beginnen Märchen traurig oder belastend», erklärt die im Sankt-Gallischen aufgewachsene Erzählerin.
«Dann lernen die Heldinnen und oft begegnen ihnen Helfer im Märchen. So sind sie nicht allein auf dem Weg. Und das Ende wird gut.» Sie gibt auch zu bedenken, dass manche Märchen aus einer anderen Zeit mit anderen Werten kommen. Damals wurden Märchen am Abend den Erwachsenen erzählt. In diesen Märchen spiegeln sich auch «die Seelen unserer Urahnen wider», so ihre Erfahrung. Einige dieser Erwachsenen-Märchen wurden um die Jahrtausendwende auch Kindern erzählt. Seit Längerem sehe man dies differenzierter. Die ehemalige Primarlehrerin hat dies oft auch in ihren Unterricht eingebaut. Was Märchen innewohnt, ist, sie tragen eine Botschaft in sich, die sich jedem Zuhörer einfach eröffnet.
Daniela Mettler erinnert sich gerne an die Aussage von Gerald Hütter, der einmal über Märchen und was sie mit den Zuhörern machen, sagte: «Ein Zaubermittel, das gleichzeitig ihre Fantasie beflügelt oder es ihnen leicht macht, sich in andere Menschen hineinzuversetzen und deren Gefühle zu teilen.» Sie selbst besucht eine Märchenstunde, in der immer wieder andere Teilnehmende ein Märchen erzählen. Im Anschluss bespricht die Gruppe, welche Botschaft oder Symbolik hinter der Geschichte liegt. Märchen und ihre Symbolik faszinieren Mettler, sie hat dazu eine Weiterbildung besucht.
Die Wahl des Märchens
Wer entscheidet, welches Märchen wann vorgetragen wird? Das komme auf die Auftraggeber und deren Wünsche an, erklärt die Waltenschwilerin. Manche Veranstaltungen haben ein Thema oder Motto, da seien die Märchen eher gegeben. Wenn Mettler selbst wählen kann, dann schaut sie, welches Thema sie anspricht und was passend zu der Veranstaltung wäre. Und sie nimmt die benötigten Hilfsmittel wie Musikinstrumente oder passende Requisiten dazu. Starke Themen sind immer wieder der Leitfaden in den Märchen. Da werden Glück, Mut, Freundschaft, Vertrauen oder auch starke Frauen in eine Geschichte verflochten.
Märchen finden im Alltag statt
Märchen, wie sie Daniela Mettler erzählt, finden in der Märchenstunde in der Bibliothek Muri genauso wie an einem Jahreskonzert statt, wie beispielsweise beim Konzert mit dem Thema «Bremer Stadtmusikanten» von Ende März in Oberlunkhofen. Oder sie wird angefragt von der Reformierten Kirche für das Frauentreffen. «Manchmal ergeben sich ganz schöne Diskussionen oder ein Austausch», was die ehemalige Pädagogin auch immer freut.
In ihrer Wohnung hat sie ein Märchenzimmer. Dort verweilt sie oft mit ihren Enkeln. Hier sind die Gegenstände hübsch drapiert und bereit für die Feenwelt. Auf die Frage, welche Märchen sie als zweifache Grossmutter ihren Enkeln erzählt, schmunzelt Daniela Mettler: «Meine beiden Enkelkinder lieben es, selbst Märchen zu erzählen, und das machen wir gemeinsam.» Was die Nonna mit einem Lächeln im Gesicht preisgibt.