Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Unter diesem Titel schreibt Jenny Erpenbeck in einem Buch, was sie alles verschwinden sieht. Das können Häuser, Socken oder gesellschaftliche Zustände sein. Eine wunderbare Lektüre.
...
Heidi Ehrensperger, Bremgarten.
Unter diesem Titel schreibt Jenny Erpenbeck in einem Buch, was sie alles verschwinden sieht. Das können Häuser, Socken oder gesellschaftliche Zustände sein. Eine wunderbare Lektüre.
Nicht nur Dinge, ich höre Wörter, die am Verschwinden sind, weil sie fast niemand mehr braucht. Sprache ist immer in Bewegung, und es ist klar, dass Ausdrücke von landwirtschaftlichen Geräten verschwinden, die überflüssig geworden oder durch Plastik ersetzt worden sind – zum Beispiel der «Schiner».
Eine Strasse kann «abheldig» oder «gääch» sein, wobei dieses «gääch» mehrere Bedeutungen hat, neben der Geländeform kann auch ein Mensch «gääch» werden, also grob oder jähzornig. Auch wenn «öppis schwiint», kann das ein Vorgang im Holz sein oder das Mehl in der Vorratsdose. Beim Abmachen eines Termins sagte ich kürzlich, «i cha mi richte». Und dachte, «ohä», das habe ich schon länger niemanden mehr sagen hören. Für Gemüts- und Gesundheitszustände haben wir treffende Wörter: Jemand ist «uliidig, nörzig» oder sie «tuet (ume-)muudere».
Wenn man mit Dingen hantiert, sieht man, dass «öppis lödelet», empfiehlt, «muesch süüferli mache, nid jufle» – oder dann das Gegenteil: «So tue di rodde!» Noch schöner: «Roddti!» Ausrufe aller Art möchte ich auch gerne schützen, wenn das möglich wäre: «Hou, da bschüüsst!» «Isch da es schöns Tschööpli» – «Do hesch es Bhaltis, nimms in Bumper». Gerne erinnere ich mich daran, wie ich nach einer längeren Dusche gefragt wurde, ob noch ein «Underliibli vo vorfern vörecho seigi».
Unzählige schöne Wörter gibt es, die den ausgiebigen Alkoholgenuss umschreiben. «Er hed zvill glöötet, Öl am Huet, rundi Absätz, hed hööch, e Balaari oder Schlaagsiite.»
Erstaunlich, dass neben all der Wandlung in unserer Sprache einiges bleibt. So bediente uns in einer Trafik in Wien (so nennt man dort einen Kiosk) eine Frau, die merkte, dass wir aus der Schweiz sind. Sie sagte zuerst nichts, doch beim Verabschieden fiel mir auf, dass sie «Ade merci» sagte. Beim zweiten Zeitungskauf erzählte sie uns, dass sie vor mehr als 30 Jahren im Toggenburg gearbeitet habe. Und dass sie noch schweizerdeutsche Wörter könne: «gopferteli» und «hueresiech». Sie sprach diese Wörter so «süüferli» aus, dass es eine Freude war!