Die Kehrseite des Wachstums
29.04.2025 Region Unterfreiamt, BüttikonIn Büttikon ist mehr Schulraum notwendig – das und weitere Investitionen sorgen für Diskussionen
Mit Kosten von fünf Millionen Franken rechnet der Büttiker Gemeinderat für den Anbau des benötigten zusätzlichen Schulraums. In den ...
In Büttikon ist mehr Schulraum notwendig – das und weitere Investitionen sorgen für Diskussionen
Mit Kosten von fünf Millionen Franken rechnet der Büttiker Gemeinderat für den Anbau des benötigten zusätzlichen Schulraums. In den nächsten 10 bis 15 Jahren sind weitere Investitionen in öffentliche Gebäude vorgesehen. Dass als Folge davon der Steuerfuss bis auf 115 Prozent ansteigen könnte, ist am Informationsanlass Grund für ganz viele Fragen.
Annemarie Keusch
Schon jetzt braucht es Flexibilität und Kreativität. Im Lehrerzimmer zum Beispiel bereiten sich 16 Personen auf 28 Quadratmeter für den Unterricht vor oder verbringen dort die Mittagspause. Die Tagesstrukturen sind auf der Bühne untergebracht. Mit kaum Tageslicht. Nicht selten wird das Foyer als Gruppenraum genutzt. Und Entspannung ist keine in Sicht. Weil Büttikon in den letzten Jahren stark anwuchs und vor allem Familien ins Dorf zügelten. Weil die Schülerzahlen stetig steigen. Schulleiterin Franziska Bürgi sagt: «Vor fünf Jahren gingen 95 Kinder hier zur Schule. Seither haben wir quasi jährlich geglaubt, jetzt die Spitze erreicht zu haben, aber die Zahl stieg stetig.» 127 Kinder sind es aktuell, Kindergarten inklusive. Im Schuljahr 2028/2029 werden es 146 sein. «Weiter vorauszuschauen, ist schwierig, weil diese Kinder noch gar nicht auf der Welt sind», sagt Gemeinderat Thomas Berger.
Nebst dem Kindergarten zählt die Schule Büttikon aktuell vier Klassen, je zweimal erste bis dritte und vierte bis sechste. Thomas Berger weiss: «Ab dem Schuljahr 2028/29 braucht es sechs Klassenzimmer. Weil Jahrgänge mit vielen Kindern in die Schule kommen.» Einfach grössere Klassen zu bilden, das sei per Gesetz nicht möglich, nahm er diese Diskussion vorweg. Zumal die Klassenzimmer nicht der einzige Grund sind, weshalb Büttikon mehr Schulraum benötigt. Es braucht drei, statt bisher nur einen Gruppenraum. Die Garderoben brauchen mehr Platz, das Lehrerzimmer, die Tagesstrukturen. Hinzu kommt ein Mehrzweckraum, der Bevölkerung und Vereinen dienen soll.
Enger, aber machbarer Zeitrahmen
Geplant ist, das Schulgebäude südseitig zu erweitern. An der «Gmeind» vom 10. Juni wird den Stimmberechtigten ein Projektierungskredit von 500 000 Franken vorgelegt. Laut Fahrplan soll im November nächsten Jahres der Baukredit folgen und das erweiterte Schulhaus zu Beginn des Schuljahres 2028/2029 erfolgen. «Ja, der Zeitplan ist eng», sagt Michael Erismann, Gemeinderat. Er war es, der geduldig ganz viele Fragen aus dem Publikum beantwortete. Etwa darüber, was passiere, wenn die geplanten Räumlichkeiten schon bald nicht mehr ausreichen würden. «Wir planen das Schulhaus so, dass es modular erweitert werden könnte.» Auch das Thema Provisorien, in Form von Schulcontainern, kommt auf den Tisch. «Wir erwarten nicht, dass die Schülerzahlen wieder sinken, und Provisorien sind teuer», entgegnete Erismann. Ebenfalls kam die Idee auf, das bestehende Schulhaus oder die Turnhalle aufzustocken. «Über der Turnhalle ist dies zwar möglich, aber sehr teuer, weil zuerst noch die neusten Massnahmen zur Erdbebensicherheit umgesetzt werden müssten.»
Und ein Stimmbürger bringt die Idee ein, die Koch AG, der die Parzelle direkt neben dem Schulhaus gehört, für den Bau eines Schulhauses zu gewinnen und dieses dann zu mieten. «Vielleicht wäre das günstiger.» Davon raten aber der Gemeinderat und Paul Keller, Arcoplan, ab. «Dann geriete die Gemeinde in eine Abhängigkeit.» Zu Diskussionen führte zudem, dass der Gemeinderat einfach eine Variante präsentierte. «Es ist noch nichts entschieden. Wir setzen bewusst auf ein Planerwahlverfahren, wo auch neue Varianten aufkommen könnten», führte Keller aus. Und Gemeinderat Erismann hielt fest, dass der Gemeinderat natürlich ganz verschiedene Varianten diskutiert und geprüft habe. «Für uns ist die vorliegende die effizienteste und skalierbarste.»
Feuerwehrlokal, Gemeindehaus, Turnhalle und so weiter
Die fünf Millionen Franken, die für den Bau des benötigten Schulraums budgetiert sind, lösten auch deshalb Diskussionen aus, weil es nicht die einzige anstehende Investition ist. Ein neues Feuerwehrlokal war bereits 2022 ein Thema, als eine entsprechende Vision ausgearbeitet wurde. «Zugunsten des dringend benötigten Schulraums haben wir das zurückgestellt», führte Ammann Gian Carlo Silvestri aus. Die Situation mit dem aktuellen Feuerwehrlokal sei zwar nicht optimal, «aber wir bringen alles unter», kommentierte Gemeinderat Christian Camenisch. Entsprechend sind die 2,5 Millionen Franken für dieses Projekt auf 2035 terminiert.
Dennoch, eine Million Franken für die Sanierung des Altbaus Schulhaus (2029), 300 000 Franken für die Renovation des Gemeindehauses (2029), eine Million Franken für eine gute Lösung für Werkhof und Entsorgungsplatz (2030), 550 000 Franken für die Sanierung der Turnhallenfassade (2030) und ein noch nicht bestimmter und terminierter – aber sicher hoher – Betrag für die Gesamtsanierung der Turnhalle. Vor Büttikon stehen hohe Investitionen – alle in der gleichen Parzelle beim Schulund Gemeindehaus. «Wir präsentieren alles auf einmal, damit uns nie Salamitaktik vorgeworfen werden kann», betont Erismann. Und dazu gehören auch Erklärungen, wie sich die Investitionen auf den Steuerfuss auswirken werden. Stand jetzt ist vorgesehen, dass dieser auf 2026 auf 110 Prozent steigt und ab 2028 auf 115 Prozent. Aktuell liegt er bei 96 Prozent. «Natürlich schmerzt das, aber es gab in den letzten Jahren einen Investitionsstau und wir müssen diese Themen nun angehen», betonen Gian Carlo Silvestri und Michael Erismann.
Keine Begehrlichkeiten, sondern gesetzliche Ansprüche
Dass gerade die Investitionen in mehr Schulraum nötig seien, dagegen gab es während der gut zweistündigen Informationsveranstaltung kein einziges Votum. Hie und da wurden Sparmöglichkeiten präsentiert, Ideen eingegeben, die Verhältnismässigkeit infrage gestellt. Fünf Millionen Franken für zwei neue Schulzimmer verglich ein Stimmbürger mit dem Bau des Taj Mahals. Dass darin eben viel mehr zusammengefasst sei als nur zwei neue Schulzimmer, betonte Schulleiterin Franziska Bürgi mehrmals. Dass es bei der Auflistung der Soll-Räume nicht um Begehrlichkeiten, sondern um das Einhalten gesetzlicher Vorgaben geht, auch.
Und Christian Camenisch fasste den Abend am Schluss so zusammen: «Unser Dorf hat sich in den letzten 50 Jahren verdoppelt, was die Zahl der Einwohner betrifft. Zudem haben sich die Bedürfnisse verändert. Fünf Millionen Franken für Schulraum sind viel, aber es ist eine Investition für die Kinder und die Zukunft.» Eine erste Entscheidung folgt nun am 10. Juni. Dass rund 150 Personen zur Infoveranstaltung kamen, zeugt vom grossen Interesse. «Es gab Gerüchte im Dorf. Wir wollen, dass nun alle auf demselben Wissensstand sind», betonte Gian Carlo Silvestri. Auch das wurde erreicht.