Die Häners – und die grosse Liebe
30.06.2023 WohlenGrosser Tag im Hause Häner. Der ehemalige Wohler Gemeindeammann Ernst Häner und seine Irma können am nächsten Mittwoch die eiserne Hochzeit feiern. 65 Jahre sind sie glücklich verheiratet. Die zwei aus dem Toggenburg haben in Wohlen ihre Heimat gefunden, seit zwei Jahren ...
Grosser Tag im Hause Häner. Der ehemalige Wohler Gemeindeammann Ernst Häner und seine Irma können am nächsten Mittwoch die eiserne Hochzeit feiern. 65 Jahre sind sie glücklich verheiratet. Die zwei aus dem Toggenburg haben in Wohlen ihre Heimat gefunden, seit zwei Jahren leben sie in Waltenschwil. --dm
«Wir haben ein enormes Glück»
Ein besonderes Jubiläum: Alt-Gemeindeammann Ernst Häner und seine Irma feiern am 5. Juli «eiserne Hochzeit»
Das ist echte Liebe und grosse Treue. Ernst und Irma Häner feiern «eiserne Hochzeit». Während 65Jahren haben sie praktisch alles zusammen gemacht. Acht Jahre lang, von 1990 bis 1998, stand Ernst Häner als Gemeindeammann von Wohlen im Mittelpunkt – und seine Irma stand ihm zur Seite. Wie immer.
Daniel Marti
«Wir sind zufrieden und glücklich und ein bisschen stolz.» Das sagen Ernst und Irma Häner. Sie ist 90, er 89. Und nun freut sich das Ehepaar riesig auf nächste Woche. Dann dürfen die Häners die eiserne Hochzeit feiern. 65Jahre lang verheiratet, immer glücklich verheiratet. Was für eine Zahl, was für eine beeindruckende Lebens- und Liebesgeschichte. Am 4. Juli 1958 war die zivile Trauung, am 5.Juli 1958 die kirchliche.
Ein schönes Fest war es, obwohl am Morgen zuerst noch ein wenig Regen über der Ostschweiz niederging. Die Kutschenfahrt war herrlich, die Stimmung ebenfalls. Und dies, obwohl das gemeinsame Eheglück mit einem kleinen Missgeschick begonnen hat. Sie habe doch prompt mit dem ledigen Namen, Irma Legler, unterschrieben, blicken beide zurück. Und müssen herzhaft lachen. In die Flitterwoche ging es ins Tessin. Es war eine schöne und unbeschwerte Zeit.
Auf den Ski siegen und fliegen
Ernst und Irma Häner stammen aus dem Toggenburg. Er ist Ebnater (Ebnat-Kappel existiert erst seit 1962 als politische Gemeinde). Sie ist aus Wattwil. Beide können ganz viel erzählen über die geliebte Heimat. Die Erinnerungen gehen bis auf den Zweiten Weltkrieg zurück. «Es waren harte Jahre», so Ernst Häner. Die Grundnahrungsmittel waren rar, die Sorgen gross. Vater Häner war Elektriker, die Mutter leistete immense Heimarbeit. Schon in der Schulzeit musste immer etwas «Interessantes los» sein. Und für Ernst Häner wurde der Sport immer wichtiger.
Im Sommer war Leichtathletik und im Winter Skirennen angesagt. Er war kantonaler Meister im Speerwurf und über 60Meter. Und auf den zwei Brettern fuhr er in Abfahrt und Riesenslalom zu Siegen. Und später kam noch das Skispringen dazu. Die persönliche Bestweite liegt bei 64 Metern. Für jene Zeit eine tolle Leistung, eine beeindruckende Weite.
Ein Skirennen brachte dann auch Ernst und Irma definitiv zusammen. Bei der Abfahrt von Wolzenalp nach Krummenau fuhr er auf Rang eins. Und nach der Rangverkündigung wurde er vor einem Restaurant von seiner Irma mit einem Kuss begrüsst. Es war der Beginn einer grossen Liebe, die das ganze Leben hielt.
Gekannt hatten sich die beiden schon vorher. Er war im Turnverein, sie im Damenturnverein. An der Fasnacht in Wattwil tanzte er die ganze Nacht mit seiner Irma. So richtig gefunkt hat es also an der Fasnacht und nach dem Skirennen.
Dank Stellenwechsel nach Wohlen gekommen
Prägend war auch die Lehrstelle. Und der Beruf sollte später den Lebensweg mitbestimmen. Erst dachten die Eltern an einen mechanischen Beruf. «Einer, der nur den Sport im Kopf habe, komme nicht infrage», etwa so lautete die Absage eines Fabrikbesitzers. Mehr Glück hatte er dann bei einem Ingenieurbüro in Wattwil. Nach erfolgreicher Abschlussprüfung und Rekrutenschule ging es zur Baufirma Schafir & Mugglin, dann zum Ingenieurbüro Ganahl in Zürich.
Das war rückblickend wohl der entscheidende Schritt, damit das Ehepaar Häner aus dem Toggenburg überhaupt nach Wohlen gekommen ist. Denn Ernst Häner erledigte auch Aufträge für einen Geometer in Wohlen. Er musste beispielsweise über den Wohn- und Geschäftsneubau «Modern» an der Zentralstrasse, heute «Manor», Bericht erstatten. Damit hinterliess er Eindruck. Der Wohler Geometer Rudolf Knoblauch holte Häner 1961 als Verstärkung in sein Team.
Und Irma Häner, sie hatte sich in der neuen Wohnung in Schwamendingen gerade erst schön eingerichtet, war anfänglich gar nicht begeistert. «Ich habe zuerst gar nicht gewusst, wo dieses Wohlen liegt», gibt sie zu. Und vom schönen Toggenburg über Zürich nach Wohlen, musste das wirklich sein? Er habe den Entscheid seiner lieben Frau überlassen, so Ernst Häner. «Und ich bin mit gemischten Gefühlen nach Wohlen gekommen», ergänzt Irma Häner.
Es sollte sich als guter Entscheid herausstellen. Von 1961 bis 2021 – also 60Jahre lang – war Wohlen ihr Lebensmittelpunkt. Beide lebten sich prächtig ein. Irma Häner machte gerne in den Vereinen mit, unterstützte das Bifang-Kafi, ist Mitgründerin der Kinderkleiderbörse und war als Sekretärin des Psychologischen Dienstes tätig. Und Irma Häner war stets eine Stütze für ihren Mann. Bei Rudolf Knoblauch im Ingenieurbüro machte Ernst Häner zweifach Karriere: im Beruf und dann in der Politik.
Gemeindeammann – den eigenen Chef abgelöst
Er betreute beispielsweise den Grossauftrag des Kantons, das neue Autobahn-Teilstück Lenzburg–Dättwil. Oder er schaute Rudolf Knoblauch über die Schultern, als dieser Gemeindeammann von Wohlen war, dies in den Jahren 1970 bis Ende 1989. Und 1988 war sein Einstieg in die Politik perfekt, er liess sich zum Präsidenten der FDP wählen. «Natürlich nur mit dem Einverständnis der Familie», so Ernst Häner. «Selbstverständlich sollte er in die Politik einsteigen», ergänzt Irma Häner, die sich längstens in Wohlen wohlfühlte – spätestens als sie das Eigenheim am Brunnackerweg im Jahr 1965 beziehen konnten. Planung und Bau des Hauses war Chefsache. Also die Angelegenheit von Ernst Häner. «Ein neues Refugium», das sei ein grosses Erlebnis und Glück gewesen, blickt das Ehepaar zurück.
Und dann gab Rudolf Knoblauch 1989 seinen Rücktritt als Gemeindeammann von Wohlen bekannt. Und der FDP-Vorstand sagte seinem Präsidenten: «Du musst selber in die Hosen steigen.» Auch hier wieder: Absprache mit den Liebsten, die ihr
Okay gaben. Mit tollem Ergebnis wurde Ernst Häner gewählt. «Und ich löste meinen eigenen Chef ab», staunt er noch heute, «wer hätte das gedacht, ein Ostschweizer, ein Reformierter wird im katholischen Dorf erster vollamtlicher Gemeindeammann.»
Gute Erfahrung, gute Chefbeamte
Er habe bis dahin immer auf der Sonnenseite des Lebens gestanden, gesteht er. Die beiden Kinder – Tochter und Sohn, Corinne und Thomas – gründeten ihre Familien. Und das Amt als Gemeindeammann füllte er gerne aus, «es war etwas total Neues sowie eine vielseitige und lehrreiche Zeit mit aufregenden Tagen», sagt er heute. Die acht Jahre als Gemeindeammann empfindet er als streng und manchmal sogar hart. «Es war aber eine gute Erfahrung», vor allem die Zusammenarbeit mit den Chefbeamten beeindruckt ihn noch heute.
So stellte beispielsweise Gemeindeammann Häner damals den neuen Steueramtsvorsteher Thomas Laube ein – er ist heute noch als Steueramtschef dort. «Laube ist eine Persönlichkeit, dies gilt auch für den damaligen Bauverwalter Werner Mäder und den damaligen Gemeindeschreiber Peter Hartmann.» Diese Komplimente müssen einfach sein, sagt der Alt-Gemeindeammann.
Im Hause Häner wurde stets politisiert, das war bei seinem Vater so. Und das lebten Ernst und Irma Häner weiter. «Von klein auf bis heute diskutieren wir alles», sagt er. Und sie hat «ihren» Gemeindeammann auch gerne begleitet. «Aber ich hatte auch gerne meine eigenen Ämtli. Insgesamt war es eine schöne Zeit, als mein Mann Gemeindeammann war.»
Nach zwei Amtsperioden kam das eher überraschende Polit-Ende. «Der Saalbau» habe ihm das schlechte Resultat eingebrockt, betont er richtigerweise. Im Zug der heftigen und hochemotionalen Diskussionen rund um einen neuen Saalbau bekamen die bisherigen Gemeinderäte vom Stimmvolk eine Protestnote verpasst. Ernst Häner wurde in den zweiten Wahlgang verwiesen. Das wollte er nicht. Punkt. «So ist der Häner», sagt er selbst mit Überzeugung.
Ein wenig im Stolz getroffen, «was ich aber niemandem gezeigt habe», zog er den Schlussstrich. Die Politik sei damals im Bahnhofbuffet entschieden worden, dagegen konnte und wollte er sich nicht auflehnen. «Trotzdem», betont er heute, «die Zeit als Gemeindeammann ist eine positive Geschichte. Es war eine schöne Lebensphase.» Und vielleicht kam die Zeit ohne Politik seiner Irma ein wenig entgegen. «Denn sie musste während dieser Zeit auf einiges verzichten.»
Ernst und Irma Häner sind auch mit der Politik im Reinen. 1998, also vor einem Vierteljahrhundert, wurde dieses Kapitel beendet. Es folgten noch Engagements für die Kommissionen des Roth-Hauses und für das Spital Muri. Und als Präsident der Baukommission des Bifang leistete Ernst Häner zusammen mit der Bifang-Präsidentin Marianne Piffaretti Grosses. Bei sämtlichen Umbau- und Sanierungstätigkeiten war dieses Duo an der Front vertreten. «Das Leben für die Gesellschaft und die Öffentlichkeit hat sich gelohnt», sagen beide Eheleute gleichzeitig.
Nach 60 Jahren Wohlen folgte Waltenschwil
Die Zeiten haben sich geändert, die Liebe ist geblieben. Irma und Ernst Häner könnten stundenlang erzählen. Zum Beispiel von den Bauten, die er begleiten durfte. Vom Monatslohn, als dieser in den 1950er-Jahren erstmals die 1000-Franken-Grenze überstiegen hat. Von den Ferien im Südtirol in Vetzan. Vom eigenen Haus am Brunnackerweg, von den guten Nachbarn. Und vom schönen Toggenburg, wo das Leben früher einfacher war.
Heute beobachten die beiden das Geschehen in Wohlen aus dem Nachbardorf. Im Jahr 2021 stand die Züglete an in eine altersgerechte Wohnung in Waltenschwil. Ein Grund für den Wechsel in die altersgerechte Wohnung ist ein trauriger: Ernst Häner erlitt im März 2021 einen Herzinfarkt mit Hirnschlag. «Zum Glück», sagt er heute voller Erleichterung, «habe ich das alles gut überstanden.»
Und in Waltenschwil wohnt es sich wunderschön – und dort ist auch alles vorbereitet für den grossen Tag. Die vier Enkel, zwei Enkelinnen und die eine Urenkelin werden ganz sicher dabei sein. Am nächsten Mittwoch, am 5. Juli, wird gefeiert. 65Jahre Ehe, eiserne Hochzeit. Welche Leistung. Immer zueinandergehalten, füreinander geschaut. «Wir haben schon ein enormes Glück», sagt er und strahlt seine grosse Liebe an – fast wie am ersten Tag.
Das Erfolgsrezept und der Neid der anderen
Gibt es denn überhaupt ein Erfolgsrezept für so eine lange Ehe? «Sicher», sagt sie und nennt zwei Wörter: «Ehrlichkeit und Vertrauen.» Das Miteinander sei wichtig, so Ernst Häner, «wir haben immer alles miteinander gemacht und alles miteinander besprochen. 65 Jahre, das hat uns zusammengeschweisst.»
Die Häners stammen aus einer Generation, die sich viel erkämpfen musste im Leben. «Aufgeben, das ist heute einfach. Die Jungen gehen oft den einfachen Weg, anstatt gemeinsam eine Lösung zu finden», betont Irma Häner. Damals im Toggenburg, vor über 65 Jahren, war vieles noch anders. Ernst Häner verdiente in der «Stifti» 30 Franken Monatslohn, 25 Franken gab er dem Elternhaus ab, 5 Franken blieben, das musste reichen für die Freizeit. «Trotzdem hatten wir eine schöne Jugendzeit», so Irma Häner. Und trotzdem konnten sich die beiden eine Hochzeitsfahrt mit vier Kutschen leisten.
Und beide würden alles noch einmal ganz genau gleich machen. Obwohl Irma Häner zugibt, dass ihr Ernst schon ein begehrter junger Mann gewesen sei. «Aber dieses Risiko gehe ich ein», dachte sie damals. «Und alle im Toggenburg waren neidisch auf mich», sagt er, «weil Irma die Hübscheste im Dorf war.» Das tönt wie eine weitere wunderbare Liebeserklärung – nun pünktlich zur eisernen Hochzeit.