Der Weg zur inneren Wahrheit
29.04.2025 Wohlen, KunstGrosser Wohler Künstler
Clownbilder von Castiglioni ausgestellt
Jeder der rund 150 Stühle war besetzt, und entlang der Wände standen ebenfalls etliche Menschen und Kunstinteressierte. Die Bleichi gab also ein wunderbares Bild ab. Schöner hätte ...
Grosser Wohler Künstler
Clownbilder von Castiglioni ausgestellt
Jeder der rund 150 Stühle war besetzt, und entlang der Wände standen ebenfalls etliche Menschen und Kunstinteressierte. Die Bleichi gab also ein wunderbares Bild ab. Schöner hätte die Vernissage von «Rote Nase, grosses Herz» kaum sein können. Und sämtliche kurzen Reden gingen unter die Haut – schliesslich waren praktisch alle Anwesenden Liebhaber der Werke von Giani Castiglioni. Oder Besitzer der Bilder, die für die Ausstellung ausgeliehen wurden. «Giani Castiglioni war ein grosser Wohler Künstler», betonte auch Roland Vogt, Gemeinderat und Kulturminister. Und der organisierenden Kunstkommission sprach Vogt ein grosses Kompliment aus. --dm
Vernissage zu «Rote Nase, grosses Herz» in der Bleichi mit über 150 Werken von Giani Castiglioni
Es herrschte eine spezielle Ambiance in der Bleichi. Über 150 Clownbilder von Giani Castiglioni strahlten von den Wänden. Das Publikum und die Leihgeber der Werke strahlten mit. Denn die Vernissage von «Rote Nase, grosses Herz» machte ihrem Namen alle Ehre. Viel Herzlichkeit erfüllte den Ausstellungsraum. Plus ein wenig Nostalgie.
Daniel Marti
Seinen letzten Pinselstrich hat er zwar vor über 20 Jahren gezogen, der Name Giani Castiglioni hat aber heute noch einen besonderen Klang. Und seine Werke geniessen einen hohen Stellenwert. «Giani Castiglioni war ein grosser Wohler Künstler», betonte denn auch Gemeinderat Roland Vogt bei seinen Begrüssungsworten. Er sei ein Künstler gewesen, «der viel Freude bereitete und Wohlen stets positiv repräsentierte». Die Menschen seien für Castiglioni im Vordergrund gestanden, und nicht er selbst. «Castiglioni war mit Wohlen stark verwurzelt», so Vogt weiter, «und Clowns haben ihn stets fasziniert.»
Diese Verbindungen – zu Clowns und Wohlen – waren bei der Vernissage zur Ausstellung «Rote Nase, grosses Herz» stark spürbar. Gemeinderat Roland Vogt spielte sogar humorvoll mit und zog sich für seine Begrüssungsrede eine rote Nase über. Und das grosse Herz, das symbolisierte die organisierende Kunstkommission. Diese nahm einen grossen Aufwand auf sich, um über 150 Leihgaben von Clownbildern in der Bleichi auszustellen. «Mit viel Herzblut», so Vogt, habe die Kunstkommission Grosses geleistet. Aktuell gebe die Weltlage nur wenig Erfreuliches her, sagt Gemeinderat und Kulturminister Vogt noch, «aber die Kunst kann gut davon ablenken. Und die Giani-Bilder schreiben alle eine eigene Geschichte.» Schöne und wertvolle Geschichten.
Emotionale Verbindungen
Der Weg zu dieser besonderen Ausstellung war tatsächlich lang. «Sie wurde vom Nebenprodukt zum Primeur», fasste dies Verena Schütz zusammen. Die Co-Präsidentin der Kunstkommission erklärte, dass sie bei der letzten Ausstellung im Chappelehof nur kurz erwähnte, dass eine Ausstellung mit Castiglioni-Werken sie reizen würde. Und schon kam die Idee ins Rollen. «Es gab viele Echos, Telefonate und E-Mails.» Diese Spur haben Verena Schütz und Robert Keller, Co-Präsident der Kunstkommission, umgehend weiterverfolgt und sofort Wesentliches bemerkt: «Mit Giani Castiglioni sind viele emotionale Verbindungen verknüpft.»
Seine Werke erinnern an Hochzeiten, Geburtstage, an spezielle Anlässe. Oft sind es Herzensangelegenheiten. «Sie führen zur inneren Wahrheit», wie Verena Schütz so schön sagt. Deshalb sei diese Ausstellung auch mit viel Dankbarkeit verbunden.
Liebe, Hoffnung, Tod
Die tiefe Verbindung von Giani Castiglioni zu Wohlen zeigte Robert Keller auf. In Wohlen geboren und in Wohlen verstorben (im kommenden Sommer vor 20 Jahren) hing sein Herz immer an seinem Wohlen. Schon zur Schulzeit begeisterte ihn die Malerei. Als Sohn von Eltern mit italienischen Wurzeln musste er sich im Alter von 20 Jahren für eine Nationalität entscheiden. Für die Schweiz, gegen Italien. Er studierte in Basel und Zürich. Obwohl Castiglioni mit 27 nach Zürich zog, blieb Wohlen seine Heimat.
«Sein Weg zum Künstler war jedoch steinig», so Keller. «Er wollte sich nie Trends anpassen.» Und seine Malerei konnte er oft erst nach Feierabend oder am Wochenende ausüben – weil er tagsüber als Bundesbeamter Wetterkurven zu zeichnen hatte. Liebe, Hoffnung, Tod bestimmten seine Bilder. Oft hinter Clowns verpackt. Erst nach seiner Pensionierung im Jahr 1977 folgte die produktive Schaffensphase. Und spätestens von da an war Wohlen stolz auf seinen Giani Castiglioni. «Und er bekam die verdiente Bewunderung», so Keller. «Letztlich hinterliess Giani Castiglioni ein Vermächtnis, das aufzeigt, was Kunst sein kann: das Fenster zur Seele und die Reflexion der Gesellschaft.»
Giani Castiglioni sei ein lieber, guter und mutiger Mensch gewesen, betonte auch Verena Schütz. Und die vielen Geschichten rund um seine Werke zeigen laut Schütz, «wie eng wir Menschen miteinander verflochten sind».
Eine Ehre und ein Graus
Das gilt auch für Wohlen und die Familie Castiglioni. So liess sich die Tochter von Giani Castiglioni die Ausstellung nicht entgehen. Marietta Klarer-Castiglioni war nicht nur Ehrengast der Kunstkommission, sondern sie war auch begeistert. «Diese Ausstellung ist sehr gut gemacht. Und das Lokal passt genau zur Ausstellung», sagte sie. So sei sie für ein paar Stunden ihrem Vater sehr nahegekommen. Es sei einfach sehr schön, hier in der Bleichi inmitten der vielen Clownbilder ihres Vaters zu verweilen, betonte sie noch.
Und der Künstler selber hätte an der Ausstellung auch seine helle Freude gehabt. Aber ob er denn an die Vernissage gekommen wäre, das bezweifelt seine Enkelin. «Grosse Vernissagen waren für ihn ein Graus. Das wären ihm wohl zu viele Leute um sich herum gewesen», sagte Heidi Klarer. «Denn Giani Castiglioni stand nicht so gerne im Mittelpunkt, Aber grosse Freude hätte er trotzdem gehabt.» Seine Tochter und seine Enkelin hoffen jedoch, dass er vom Himmel aus zugeschaut hat. Dieser Hoffnung haben sich auch die über 150 Besucherinnen und Besucher angeschlossen. Denn alle sind Liebhaber der Clownbilder – und irgendwie auch Freunde des grossen Künstlers. Die Vernissage war ein echtes Castiglioni-Fest. Und perfekt umgesetzt.